Zieht Österreich das Pech an?

In der internationalen Finanzwelt fragt man sich schon, ob Österreich der Dominostein ist, der das globale Wirtschaftgebäude zum Einsturz bringen könnte.

Standard, 21. Februar 2009


In der internationalen Finanzwelt spinnt man dieser Tage folgendes Szenario: Der Fehler, Osteuropa nicht zu retten, könnte das Europäische Bankensystem zum Einsturz bringen – und damit Runde zwei der Kernschmelze auf den Finanzmärkten auslösen. Als schwächstes Kettenglied könnte sich Österreich erweisen. Angesichts von aushaftenden Ost-Krediten in der Höhe von siebzig Prozent des BIP würden Österreichs Banken Ausfälle von zwanzig Prozent kaum überstehen. Wenn die erste österreichische Bank fällt, könnte dies eine Kettenreaktion auslösen und zu einem Totalkollaps führen. Da die amerikanischen und britischen Banken ohnehin faktisch insolvent sind und die deutschen Banken ähnliche Risiken in ihren Büchern haben wie die österreichischen wäre dies der Stoß, der das gesamte Gebäude zum Einsturz bringt.

Sicher, ein Worst-Case-Szenario. Aber in den vergangenen Monaten sind schon verdammt viele Worst-Case-Szenarios Realität geworden.

Käme es so, das kleine Österreich wäre wieder einmal eine zentrale Rolle im Unglück zugekommen. Da werden historische Erinnerungen wach. Sarajewo. Hitler. Schon Ende der zwanziger Jahre war der Zusammenbruch der Creditanstalt ein Schlüsselereignis, das zum Finanzkrach und zur Großen Depression führte.

Klar, man soll das Unglück nicht herbeireden. Und klar auch, die Risiken, die Österreichs Banken anhäuften sind „ehrenhafter“ als das Ponzischema, das US-Banken mit ihren Asset Backed Securities aufbauten, mit den Hypothekenkreditbündel, die sich als Schrottpapiere entpuppten, nachdem sie in alle Welt verkauft waren. Österreichs Banken investierten ja immerhin in produktive Investitionen und dem Aufbau Osteuropas, auch wenn das heute, wie vor ein paar Tagen im britischen Telegraph, als „Habsburg Adventurism“ – „Habsburgisches Abenteuertum“ – verunglimpft wird. Sicherlich wäre Österreich nicht der Auslöser der Krise. Aber man sieht an dem Drama auch, wie relativ Begriffe wie „Werte“ und „wertlos“ sind. Die Hypothekarkreditbündel, die die Krise auslösten, stellten ja nur einen ganz geringen Teil der international gehandelten Wertpapiere. Ihr Verfall entwertete aber auch „wertvolle Werte“. Weil Banken und Investoren, die diese Schrottpapiere in ihren Bilanzen hatten, Liquiditätsprobleme bekamen, verkauften sie andere Wertpapiere, stiegen aus Investitionen aus. Wenn alle gleichzeitig verkaufen und keiner kauft, fallen auch die potentiell wertvollen „Werte“ im Wert, was wiederum weitere Liquiditätsprobleme auslöst (sie stehen ja zum Marktwert in den Büchern) und so weiter und so fort. Und weil, wenn Investitionen aus „Emerging Markets“ abgezogen werden, die Konjunktur abschmiert, fallen auch ganz normalen Firmen- und Häuselbauerkredite aus.

Ob Österreichs Banken unvernünftig hohe Risiken eingegangen sind, ist eine schwierige Frage. Und welchen Anlass sich das Unglück am Ende sucht, um einzutreten, hängt manchmal auch von Zufällen ab. Aber man soll sich zur Sicherheit schon einmal darauf einstellen, dass demnächst vielleicht die Welt folgende Frage diskutiert: Warum, verdammt noch mal, zieht dieses kleine Österreich das Pech förmlich an?

Ein Gedanke zu „Zieht Österreich das Pech an?“

  1. Wenn alle gleichzeitig verkaufen und keiner kauft, fallen auch die potentiell wertvollen „Werte“ im Wert, was wiederum weitere Liquiditätsprobleme auslöst (sie stehen ja zum Marktwert in den Büchern) und so weiter und so fort.
    Wie bitte (waren wohl anonyme Marsmenschen die Käufer?)
    Bankenkrise >= Sarajewo, Habsburger, HITLER !!!!!
    Wieder mal ein Fall von klassischem unzulässigem „Per Aspera ad Astra“ Schluss

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