Ein liberaler Kommunist

Deutschlands Sozialdemokraten wollen sich der Linkspartei öffnen. In der Hauptstadt Berlin regieren die Linken schon seit acht Jahren mit. Wie das läuft, erklärt Landesparteichef Klaus Lederer kommende Woche in Wien.

 

Am Dienstag, 20. Oktober ist Klaus Lederer um 19 Uhr im Kreisky-Forum in meiner Reihe „Genial dagegen“ zu Gast. Er spricht zum Thema: „Links und Libertär? Warum die Linke mit der individuellen Freiheit hadert.“ (Armbrustergasse 15, 1190 Wien)

 

 

Die Fürsprecher der orthodoxen Linken toben. „Mit postmodernen Individualismus- und Freiheitsphrasen“ versuche der Mann seine Partei „auf Rechtskurs“ zu bringen. Wer ist dieser Mann, über die „Junge Welt“, Berlins linkeste Tageszeitung so echauffiert? Westerwelle? Nein: Den Zorn der strammen Altkader hat sich Klaus Lederer zugezogen, der Berliner Landesvorsitzende der Partei „Die Linke“, besser bekannt als „Linkspartei“, die im Bund von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi geführt wird. Lederer hat gerade in den renommierten „Blättern für deutsche und internationale Politik“ für eine „libertäre Linke“ plädiert.

 

Der Mann zieht Ärger an. Seit vier Jahren führt er jenen Landesverband der Linkspartei (damals hieß sie noch „Partei des demokratischen Sozialismus“, PDS), der allgemein zur Speerspitze des Pragmatiker-Flügels gezählt wird. Seit 2001 schon regieren die Linken Berlin in einer Rot-Roten-Koalition, die vom Sozialdemokraten Klaus Wowereit geführt wird. Im notorisch klammen Berlin heißt das: Auch ein harter Sparkurs wird von den Linken mit-exekutiert. Die Berliner „Realos“ müssen sich von Anhängern der reinen Lehre da bisweilen sogar als „Neoliberale“ beschimpfen lassen. Aber so arg sei das alles gar nicht, sagt Lederer: „Ein paar reagieren mit altlinken Vorwürfen, wir wären Abweichler, Opportunisten. Aber es reicht eben nicht, nur den Neoliberalismus anzuprangern“.

 

Seit der Bundestagswahl vor zwei Wochen steht Berlin plötzlich wie ein Role-Model aus. Dass sich die Sozialdemokraten auch im Bund gegenüber der Linken öffnen wollen, gilt mittlerweile als ausgemacht. Mit einer regierenden schwarz-gelben Merkel-Westerwelle-Koalition sind SPD, Linke und Grüne in der Opposition ein gemeinsames „Lager“. Bisher hat die SPD im Bund Koalitionen mit den linken Schmuddelkindern ausgeschlossen, aber das wird sich bis 2013, bis zur nächsten Wahl, ändern. Zumal die Linke bei der Wahl 12 Prozent erreicht hat und in der Partei auch die Realisten gestärkt wurden. „Wer hat denn 16 Wahlkreise direkt gewonnen?“, fragt Lederer. „Das waren ja genau jene Kandidaten, die für das stehen, was wir wollen.“ Wenn Lederer ein Kommunist ist, dann ein ziemlich liberaler.

 

Im öffentlichen Bild erscheint die Linkspartei oft als Zusammenschluss von alten, exkommunistischen SED-Kämpen aus dem Osten und altväterlichen West-Linken, repräsentiert vom linkspopulistischen Parteichef Oskar Lafontaine. Tatsächlich ist die Partei aber mehr und mehr geprägt von jungen Reformern wie Lederer. Der ist 35 Jahre alt, Jurist, offen schwul, ist in der bunten Alternativszene des Prenzlauer Bergs der Neunziger Jahre sozialisiert worden und passt schon äußerlich gar nicht zu den graugesichtigen Plaste-und-Elaste-Kommunisten aus der DDR. Die gibt’s zwar auch noch in seiner Partei, die wählen ihn aber regelmäßig zum Parteivorsitzenden und hören brav zu, wenn er ihnen unangenehme Wahrheiten zumutet. Bisweilen kann Lederer sogar von einem Reflex profitieren, den sich dieser Menschenschlag unter Honecker antrainiert hat: Dem Vorsitzenden darf man doch nicht widersprechen!

 

Wenn es irgendwann auch im Bund zu einer Koalition aus SPD, Linken und möglicherweise den Grünen kommen soll, dann muss vor allem die SPD wieder Tritt fassen. Da hat auch die Linke Konkurrenz „kein Interesse daran, dass der potentielle Partner darniederliegt“, sagt Lederer. Und zum neuen SPD-Führungstrio Sigmar Gabriel, Andrea Nahles und Frank-Walter Steinmeier sagt er: „Ich kann derzeit keine Persönlichkeiten erkennen, die die SPD in diesem Zustand zusammenhalten und zu einer Neupositionierung führen können.“

 

Ein Gedanke zu „Ein liberaler Kommunist“

  1. Erschreckend wie man sich hier offenbar gar nicht von der DDR abzugrenzen versucht, immerhin eine Mörderdiktatur. Das zeigt aber auch andererseits, dass gar nichts dazugelernt wurde.
    „… die Realisten gestärkt wurden“, also dass man die „Häretiker“ als Realisten bezeichnet sagt eigentlich auch schon einiges aus.
    Die Reflexe, die Honecker antrainiert hat, sind heute noch vorhanden und ausschlaggebend für diese Partei. Na dann gute Nacht.
    STASI? Mauer? Vorhang? Danke, nie wieder und nur über meine Leiche. Kommunismus gehört verboten.
    PS: „Seit der Bundestagswahl vor zwei Wochen steht Berlin plötzlich wie ein Role-Model aus.“ Entweder steht Berlin da oder es sieht aus.

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