Empört, erschüttert, blindwütig – eine Kritik der hysterischen Kommunikation

Politische Kommunikation, besonders im Aufmerksamkeitsregime sozialer und anderer elektronischer Medien, gehorcht fast generell nur mehr dem Diktat des Negativen: Das empörte Posting, der Link zur himmelschreienden Fürchterlichkeit, das garantiert Aufmerksamkeit. Aber das ist noch zu unpräzise gesagt: Es modelliert, nur lange genug praktiziert, auch unsere Gewohnheiten und damit auch das, worauf wir überhaupt aufmerksam werden. Wie der Algorithmus, der unsere Timeline strukturiert, verdrahtet diese Empörungsbewirtschaftung unsere synaptischen Verschaltungen.

Es ist leicht, mit dem Finger auf den Ausländerfeind zu zeigen, der mit einem erregten „da sieht man es wieder“ einen Link zum jüngsten – erfundenen oder tatsächlichen – Fehltritt eines Asylbewerbers legt. Aber von der Struktur der Kommunikation her agieren Linke oder Linksliberale ja auch oft nicht anders: Mit Wut, Ärger, Zorn wird auf die Schrecklichkeit des Tages verwiesen. Das Ergebnis ist eine medial strukturierte Pseudowirklichkeit, in der sich der ohnmächtige Einzelne inmitten eines endlosen Ozeans des Empörungswürdigen wähnt. Die Pointe ist nur: Eine radikale Rechte, die so agiert, betreibt das zu ihrem Vorteil. Eine Linke, die so agiert, betreibt mindestens zur Hälfte das Geschäft ihrer Gegner, indem sie ein Klima miterzeugt, das deutlich mehr von Pessimismus und Depression denn durch Optimismus geprägt ist.

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