Sei Du die Veränderung, die Du Dir wünscht.

Heute sind es noch 100 Tage bis zur Nationalratswahl. 100 Tage, um sich für eine Politik mit Schwung und eine progressive Mehrheit stark zu machen.

Eine Mehrheit für eine echte soziale und demokratische Politik, das sei ja nicht möglich, das geben die Umfragen doch nicht her – wollen uns die gewohnheitsmäßigen Nörgler und die Pessimisten aus Lebensart einreden.
Welch ein Unsinn das ist, zeigte sich bei sehr vielen Wahlen der vergangenen Jahre, die ganz andere Ergebnisse brachten, als noch wenige Tage vor den Wahlen angenommen wurde. Und wir in Österreich stehen ziemlich genau 100 Tage vor den Wahlen.

Man denke nur an Jeremy Corbyn und die Labour Party – eineinhalb Monate vor der Wahl lagen sie über 20 Prozent zurück. Selbst Corbyns Anhänger hatten ihn abgeschrieben. Die Labour-Leute gingen im Wahlkampf von Tür zu Tür, ohne Corbyn zu erwähnen, weil ihnen der Kandidat als aussichtsloser Fall erschien. Und dann drehte sich alles. Und die Labour-Party fuhr mit über 40 Prozent der Stimmen eines der erfolgreichsten Wahlergebnisse ihrer Geschichte ein.

Wer eine andere Politik durchsetzen und dafür Mehrheiten gewinnen will muss sich mutige, ehrgeizige Ziele setzen. Denn wie soll man sich denn für kleine Ziele begeistern? Um Menschen dazu zu bringen, sich zu engagieren, muss man große Ziele formulieren. Und dieses Ziel kann nur eine ganz andere Politik sein, die die Fenster aufmacht und eine bessere Zukunft für die Vielen anstrebt.

In einem der reichsten Länder der Welt fehlt es nicht an Geld und materiellen Ressourcen. Wir haben die Mittel dafür, einen gerechten Wohlstand zu schaffen. Mit Vollbeschäftigung, Jobs, von denen man leben kann, mit ordentlichen Einkommen, mit starken Rechten für die Beschäftigten, die ihnen einen sicheren Boden unter den Füßen garantieren und mit guten Schulen, die dafür sorgen, dass kein Kind als geborener Verlierer ins Leben startet. Wir haben genug Wohlstand, aber wir müssen ihn so verteilen, dass er alle Boote hebt, nicht nur die Luxusjachten.

Es kann nicht so sein, dass die einen alle Chancen haben, und die anderen haben alle Risiken zu tragen. Dafür braucht es etwa ein gerechtes Steuersystem und einen Sozialstaat, der die normalen Leute stützt und nicht nur reiche Erben schützt. Eine Wirtschaft für die vielen, nicht für die wenigen. Wir-Gefühl statt Ego-Ideologie und Ich-AGs, weil jeder und jede Respekt verdienen.

Die Konkurrenz-Ideologie sieht unser Land (und die Welt) als reine Wettkampf-Arena, deshalb zerreißt sie Gemeinschaften, und sie zerstört auch den Zusammenhalt in Europa. Sie führt aber auch dazu, dass auf ganze Bevölkerungsgruppen herabgeschaut wird, weil jeder zu den Winnern gehören will und auf die Loser herabgeschaut wird. Wohin die Reise mit der ÖVP unter Sebastian Kurz geht, hat sie unmissverständlich klar gemacht: Hartz-IV für Österreich, also Peitsche und Armutsrisiko für alle, die ihre Jobs verlieren, Arbeiten bis 67 Jahre, niedrigere Pensionen, Familien, die kaum mehr über die Runden kommen – aber dafür garantiert steuerfreie Erbschaften für Millionäre und Multimillionäre. Und dazu ein Aufhussen der Leute gegeneinander, Inländer gegen Zuwanderer etc. Eine solche Politik ruiniert all das, was uns stark macht.

Wir brauchen ordentliche Löhne für ordentliche Arbeit, beginnend bei einem Mindestlohn von 1500.- Euro.

Wir brauchen wieder Ordnung am Arbeitsmarkt, eine Ordnung, die gerade den prekär Beschäftigten Rechte garantiert, die sie auch durchsetzen können.
Wir brauchen strenge Regeln am Wohnungsmarkt und staatliche Förderungen, damit es ausreichend leistbaren Wohnraum für alle gibt.

Und eine Bildungspolitik, die allen Kindern eine Zukunft garantiert.
Ein Europa, das nicht nur einen Abwärtswettlauf bei Einkommen, bei Sozialleistungen, bei Renten und bei Arbeiterrechten organisiert, sondern das wieder zu einem Motor von Wohlstand und Solidarität wird.

Wir haben bis zum 15. Oktober Zeit uns für eine solche Politik einzusetzen und für Mehrheiten zu kämpfen, die eine solche neue Politik ermöglichen.
Dafür brauchen wir eine progressive Mehrheit jenseits von Schwarz-Blau. Ein Gruselkabinett aus ÖVP und FPÖ würde unser Land in eine Sackgasse führen.

Noch mehr Gegeneinander, noch mehr Kampf jeder gegen jeden. Noch mehr Illiberalität und weniger Internationalität. Zäune, Grenzen und Verbote statt Solidarität und Chancen. Lügenpolitik und Mogelpackungen statt intelligente Lösungen. Mehr Trump, weniger Fortschritt. Verbotsgesellschaft statt Möglichkeitsgesellschaft.

Die Alternative dazu ist eine Mehrheit aus Sozialdemokraten, Grünen und den liberalen Neos. Gewiss, auch das wäre eine schwierige Allianz. Gewiss, auch die SPÖ bietet im Moment nicht immer das Bild einer Partei, die mit Zukunftsoptimismus an einem Strang zieht. Und auch die Grünen haben schon ein kampfeslustigeres Bild geboten. Aber umso mehr gilt: Es wird von den vielen Menschen abhängen, die eine progressive Politik wollen, aber mit Parteien nicht viel am Hut haben.

Sei Du die Veränderung, die Du Dir wünscht.

Mit Christian Kern hat die SPÖ erstmals seit langem einen Frontmann, Kanzler und Parteichef, der das Format und die politischen Fähigkeiten hat, zur Zentralfigur einer solchen neuen Mehrheit zu werden. Die Grünen haben mit Ulrike Lunacek und Ingrid Felipe zwei gewinnende Spitzenkandidaten, die NEOS haben mit Matthias Strolz und Leuten wie Claudia Gamon eine wichtige Ausstrahlung in der liberalen Mitte. Und, eh klar: Zu Kritisieren gibt es immer etwas. Die Kräfte der Beharrung sind auch in einer Apparatpartei wie der SPÖ stark, da ändert auch ein Einzelner neuer Frontmann noch nichts, und auch den Grünen könnte mehr Elan und Konfliktfreude gut tun. Geschenkt. Aber eine neue Politik wird man nicht mit Nörgeln durchsetzen, sondern indem man sich selbst für eine neue Mehrheit stark macht.

So wie Corbyn von einer Woge Engagierter getragen wurde – und dann im Wahlkampf über sich hinaus wuchs -, so braucht auch Kern Unterstützung. Und auch Druck: Damit die SPÖ wieder schneller zu einer Partei wird, für die die einfachen Menschen und deren Interessen im Zentrum stehen und für die zugleich Offenheit und Liberalität eine Selbstverständlichkeit sind. So wie sich das gehört für ordentliche Sozialisten.

Wahlkämpfe werden heute nicht mehr durch Parteiapparate und sterile Wahlwerbung gewonnen. Sie werden nur gewonnen, wenn sich im ganzen Land zigtausende selbstbewusste Engagierte ins Zeug werfen. Das sind die Erfahrungen der Bernie-Sanders-Kampagne, des Corbyn-Wahlsieges aber auch der zwei Obama-Präsidentschaftskampagnen und der Wahlbewegung, die Alexander van der Bellen in die Hofburg trug. Aber die Begeisterung, die dafür nötig ist, bekommt man nicht mit sterilen Mitte-Wahlkämpfen hin.

Die Politik der Anpassung und des Weichspülens in einer ununterscheidbaren Mitte ist total Neunziger Jahre – und damit hoffnungslos von gestern. Wer mit einer solchen Eliten-Politik verbunden ist, der hat schon verloren.

Wir sollten im morgen ankommen. Die Bürger und Bürgerinnen haben feige Anpasslerei und konturlose Politik, die es allen recht machen will, so etwas von satt.

Machen wir unseren DYT („Do it Yourself“)-Wahlkampf. Um die Themen, die uns wirklich wichtig sind – und für politische Mehrheiten mit Zukunft. Niemand sagt, dass immer die Parteien und die Apparate bestimmen müssen, und wir uns dann damit zu arrangieren haben. Es kann genauso gut umgekehrt sein – dass eine aktive engagierte Bürgerschaft, einfache Männer und Frauen, laut sagen, was ihnen wichtig ist, und sich die Parteien danach daran zu orientieren haben.

4 Gedanken zu „Sei Du die Veränderung, die Du Dir wünscht.“

  1. Problem ist dann nur, dass ich für eine Partei bzw. Idee laufe und möglicherweise am Ende mit Rot-Blau dastehe, was alles kontakariert, wofür ich stehe … und das dann gegenüber mir selbst und anderen zu rechtfertigen ist nicht machbar. Da arbeite ich am eigenen Verrat.

  2. Kann mir nicht vorstellen, dass ohne Pilz die Parteien SPÖ-Grün-Neos eine Mehrheit aufstellen können.

    Die Alternative ist daher Rot-Blau oder Rot-Schwarz/Schwarz-Rot wenn wir uns ehrlich sind.

  3. Auch wenn die Neos in manchen gesellschaftspolitischen Fragen fortschrittliche Positionen vertreten, in sozial- und wirtschaftspolitischer Hinsicht sind sie absolut nicht progressiv unterwegs. Da fügen sie sich sehr gut in das Bild ein, das sie für den Fall einer schwarz-blauen Mehrheit beschreiben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie die SPÖ mit einer Partei koalieren soll, die offen und sehr massiv für die Abschaffung der Arbeiterkammer eintritt. Natürlich würden die Neos das als Juniorpartner in einer Koalition niemals durchsetzen können, aber der Widerspruch ist schon sehr krass. Wie sehen Sie das?
    Übrigens: auch ich wünsche mir eine progressive Mehrheit von ganzem Herzen und teile grundsätzlich auch Ihren Optimismus.

  4. Ich bin zu 85% körperbehindert. Mein Mann sitztbim rollstuhl, querschnittgelähmt. Für uns ist eine progressive Mehrheit übe Lebens notwendig. Wir leben nämlich selbstbestimmt in einer eigenen Wohnung. Das wird mit den zu erwartenden Schikanen einer türkis blauen Regierung nicht mehr möglich sein.
    Ich fürchte mich wirklich und hoffe, dass sie mitbhrem Optimismus recht haben.

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