Migranten? Ach geh, das sind doch unsere Landsleute!


Ein junger Mann schrieb vergangene Woche einen Leserbrief an das „profil“ – und der schlug richtig ein. Zehntausendfach wurde er im Internet verbreitet. Es kommt nicht oft vor, dass ein Leserbrief der meistgelesene Text in einer Zeitung ist. Aber in diesem Fall zu recht. Er beginnt so: „Ich heiße Marko Miloradovic. Ich wurde in einem Land geboren, das es nicht mehr gibt … Ich bin 22 Jahre alt und lebe seitdem ich denken kann in meiner Stadt, in meinem Innsbruck. … Mein Nachname endet mit -ic, ich spreche und schreibe besseres Deutsch als der Großteil der nationalen Gfraster. Ich habe das gleiche Recht, die Berge um Innsbruck zu lieben. Ihr seid nicht jene, die die Heimat gepachtet haben.“ Der Text traf einen Nerv, weil er die Lage der Mehrheit der Migranten zu Wort bringt, die längst ihren Platz in dieser Gesellschaft haben, die auch den gesellschaftlichen Aufstieg schaffen, die keine Probleme „machen“ und auch kaum Probleme „haben“ (außer, dass sie auf Schritt und Tritt diskriminiert werden und dauernd 150-prozentig beweisen müssen, dass sie ja eh nicht integrationsunwillig sind).
Link:
Marko Miloradovic‘ Brief ans Profil

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Ewige Wiederkehr des Neuen? Nein!

Innovativ wie die Altvorderen: Richard Barbrooks Montage-Essay „Die Klasse des Neuen“ ist durchzogen von der optimistischen, utopischen Kühnheit, wie sie für die Linke über ein Jahrhundert lang prägend war. Vorwort zum Buch „Die Klasse des Neuen“ von Richard Barbrook. Erschienen im Verlag Neue Arbeit. Das Buch zum freien Download gibt es hier.

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Die Krimhild und ihr Onkel Hans


Jetzt kandidiert also Barbara Rosenkranz für die Bundespräsidentschaft. Na und? Vor ein paar Tagen war sie noch für die Abschaffung des Verbotsgesetzes, weil die Meinungsfreiheit auch die Äußerung „absurder, skurriler und verwerflicher Meinungen“ dulden müsse. Mittlerweile ist sie anderer Ansicht. Dabei war die Charakterisierung ihrer Auffassungen als „absurd, skurril und verwerflich“ doch sehr treffend. Aber, okay: Sollen die doch ihre Krimhild aufstellen. Warum soll ich mich darüber immer echauffieren müssen? Warum soll ich mich darüber aufregen? Lachen wir die doch einfach aus! Warum sollen wir dauernd unsere Zeit und unsere Nerven auf solche Witzfiguren verschwenden?

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Ein Lob des Sozialstaats!


Guido Westerwelles Anti-Sozialstaats-Populismus ist nur besonders schrill. Aber allerorten wird der „Mittelstand“ aufgeganselt. Motto: Der „geschröpfte Mittelstand“ muss zahlen, damit andere in der „sozialen Hängematte“ faul abhängen können. Dabei hat gerade die Krise wieder einmal gezeigt, welche positiven Effekte der Sozialstaat für alle hat. Er hat die tiefen, irrationalen Ausschläge der Märkte korrigiert. Ganz zu schweigen von Effekten: In dem er Chancen umverteilt und allen eine Möglichkeit gibt, aus ihrem Leben etwas zu machen, schafft er Prosperität. Wie schrieb Heribert Prantl unlängst so schön in der Süddeutschen Zeitung: Das Leben fängt ungerecht an und hört ungerecht auf. Und dazwischen ist es nicht viel besser. Aber der Sozialstaat ist wenigstens ein Mechanismus, das Schicksal ein wenig zu korrigieren.

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Die guten und die schlechten Gefühle in der Politik


Politik hat immer auch mit Gefühlen über Politik zu tun: Die Bürger haben das Gefühl, dass es nicht gerecht zugeht; sie haben das Gefühl, dass ihre Stimme ohnehin nicht zählt; legendär ist schon das sprichwörtliche „subjektive Unsicherheitsgefühl“. Immer geht es hier um Gefühle mindestens so sehr wie um Fakten. Die Gefühle sind zwar nicht ganz unabhängig von der Realität, aber doch nur lose mit der Wirklichkeit verbunden. Politik wird dann nicht so sehr die Wirklichkeit zu ändern versuchen, sondern die Gefühle über diese Wirklichkeit. Aber ist Gefühls-Politik nur schlecht, und ist die Antwort: Verstand rein, Gefühle raus? Das wäre viel zu voreilig gedacht!

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Das giftige Erbe von Schwarz-Blau


Wenn man sich die Kommentare und Erinnerungsinterviews zu zehn Jahren Schüssel-Haider-Regierung durchliest, hat man den Eindruck, das Schlimmste waren die EU-Sanktionen. Die waren ja so ungerecht und überzogen und kontraproduktiv, die EU-Sanktionen! Um die Dinge zurecht zu rücken: Nein, nicht die EU-Sanktionen waren das Schlimmste, das Schlimmste war diese Regierung, die damals antrat. Diese Paarung aus konservativem Geist der Revanche und rechtsextremem Geist. Diese Regierung der Unschuldsvermutungslämmer. Diese Regierung der Wirtschaftskompetenz – der Freunderlwirtschaftskompetenz. Das Gift, mit dem sie das politische Klima kontaminierte, haben wir noch lange nicht rausgekriegt.

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„Die Notwendigkeit und die Fallen zeitgenössischer Religionskritik“

Am Freitag spreche in Hamburg auf EInladung der Rosa Luxemburg Stiftung über Religionskritik und mein Buch „Gott behüte“.

„Gott schütze uns vor der Renaissance der Religionen“ ist das Kredo seines letzten im Aufbau-Verlag erschienenen Buches. Unverdrossen wird im öffentlichen Diskurs eine „Rückkehr des Glaubens“ herbeigesehnt, obwohl die Konjunktur religiöser Identitäten den täglichen Kleinkrieg der Kulturen befördert. Scharfsinnig und ironisch beschreibt der renommierte Soziologe Robert Misik das Denken der Islamisten, aber auch den Hype um Papst Benedikt XVI. Sein Resümee: „Wer Glauben sät, wird Eifer ernten.“

Mit diesem Vortrag schließen wir unsere fünfteilige Vortragsreihe. Der ursprünglich vorgesehene Vortrag von Marcia Moser, die kurzfristig terminbedingt absagen musste, werden wir voraussichtlich in der geplanten Veranstaltungsdokumentation aufnehmen können. 

Robert Misik, Publizist, u.a.  „Gott behüte! Warum wir die Religion aus der Politik raushalten müssen“ (Aufbau-Verlag 2010), Wien

12.2., 18.30 Uni Hamburg Fachbereich Sozialökonomie – Van Melle Park 9 Raum S 8