Wie wir es schaffen, Liberalität, Modernität und Gerechtigkeit zu bewahren.
Ende September erschien mein neues Buch über die Herausforderungen der (europäischen) Sozialdemokratien und anderer demokratischer Linksparteien im Picus-Verlag. Ausgangspunkt ist natürlich der Führungswettbewerb in der SPÖ und der erstaunliche Aufstieg von Andreas Babler vom Outcast zum Parteiführer. Aber das ist nur ein kleiner Teil des Buches. In den generellen Passagen geht es darum, wie die Sozialdemokratien das Vertrauen der (post-)proletarischen Milieus verloren haben, und wie sie es wieder zurück gewinnen können; warum man mit unklaren Profil nicht reüissieren wird; es gibt einen intimen Rückblick auf die Jahre des „Dritten Weges“. Und ausführliche Passagen, die sich mit einem künftigen, neuen Paradigma der Sozialdemokratien beschäftigen.
Hier ein paar Takte aus dem Eingangskapitel:
Plötzlich Chef
Integer, glaubwürdig, volksnah – kann Andi Babler mit diesen Attributen punkten?
Es ist der 4. Juni 2023, knapp nach 15 Uhr, ein Sonntag, und nach wilden Wochen kommt „der Andi“, wie ihn das halbe Land längst nennt, langsam zur Ruhe. Er sitzt im Familienauto am Steuer, und bringt die Schwiegereltern, die die letzten Tage auf die Tochter aufgepasst haben, zum Bahnhof. Denn schließlich findet ein großes Abenteuer jetzt sein vorläufiges Ende, und der Traiskirchner Bürgermeister kann zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass sein Leben und das seiner Partnerin und Mitstreiterin, Karin Blum, wieder in etwas ruhigeres Fahrwasser treibt. Es ist ziemlich genau 24 Stunden nach Andreas Bablers größten Triumpf – von dem in diesem Augenblick allerdings noch niemand etwas ahnt.
„Mich hat gestern niemand trösten müssen“, lacht er aufgeräumt, als ich ihn am Mobiltelefon erreiche. „Wir haben eine unglaubliche Kampagne zustande gebracht, wir haben in der Stichwahl so viele Delegierte auf unsere Seite gezogen, die Parteitagsrede hat gut funktioniert, mehr hätte man nicht drehen können“, sagt der Mann, der erst vor drei Monaten als Underdog-Kandidat und Frontfigur einer idealistischen Basisbewegung in den Wettbewerb um den SPÖ-Vorsitz eingestiegen war, mit seiner Grassroots-Kampagne für eine Eintrittswelle von tausenden neuen Parteimitgliedern gesorgt und dann am Parteitag nur haarscharf verloren hatte. Wir scherzen etwas herum, und irgendwann sage ich, „ein paar Stimmen mehr, und euer normales Leben als Familie wäre zu Ende gewesen“.
POLITIK VON UNTEN. Gelingt das Comeback der Sozialdemokratie? weiterlesen