Macht die Globalisierung die Welt besser, Herr Stiglitz?

 

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stiglitz über seine Vorschläge für eine gerechtere Globalisierung, die Hoffnung, die er in Leute wie Hugo Chavez und Evo Morales setzt und  das Vermächtnis von Milton Friedman. profil, 20. November 2006

Dieses Gespräch gibt es auch als MP3 zum Anhören und zwar hier.

 

Profil: Herr Stiglitz, wird die Welt besser oder schlechter?

 

Stiglitz: Wenn Sie mich so kurz nach den US-Wahlen fragen, ist meine Antwort natürlich klar: Ja. Der Unilateralismus der US-Regierung war ganz schlecht, nicht nur politisch, auch ökonomisch. Aber ich bin sicher, mit ihrer Frage haben Sie eher langfristige Trends gemeint, nicht wahr?

 

Profil: Genau. Macht die Globalisierung die Welt besser oder schlechter?

 

Stiglitz: In den vergangenen Jahren hat sich zumindest einiges in eine positive Richtung verändert. Natürlich kann man fragen, ist das Glas halb voll oder halb leer.

 

Profil: Welche Veränderungen meinen Sie?

 

Stiglitz: Gerade wurde vom IMF beschlossen, dass die armen Länder mehr Stimmrechte erhalten. Das ist nicht genug. Aber es ist ein Anfang.

 

Profil: Sonst noch etwas?

 

Stiglitz: Die Debatte über globale Instabilitäten hat begonnen. Der Weltwährungsfond (IMF) soll die Entwicklungsländer nicht regieren, ihnen nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Er soll die internationalen Finanzmärkte stabilisieren, nicht destabilisieren. Was heute im IMF diskutiert wird, geht in die richtige Richtung. Dasselbe gilt für das Welthandelssystem: Es wird allgemein zugegeben, dass vorangegangene WTO-Runden unfair waren. Dass das zugegeben wird, ist positiv. Dass nichts getan wird, ist negativ.

 

Profil: Sie bringen in Ihrem Buch eine ganze Reihe von Vorschlägen für institutionelle Reformen. Es ist ein sehr optimistisches Buch…

 

Stiglitz: Ganz genau!

 

Profil: Andererseits, Ihre Vorschläge sind so grundlegend, dass man sich fragt: Glaubt der wirklich, dass das realisiert werden kann?

 

Stiglitz: Erstens: Man muss nicht alles ändern, damit die Globalisierung besser funktioniert. Je mehr von den Änderungen, die ich vorschlage, realisiert werden, umso besser.

 

Profil: Ein internationaler Gerichtshof, der umstrittene Handelsfragen entscheidet? Ein neues System der Währungsreserven? Ist das realistisch?

 

Stiglitz: Da picken Sie sich aber die am meisten ambitionierten Ideen heraus. Aber auch hier gilt: Internationale Handelsdifferenzen werden häufiger. Deshalb wächst das Bewusstsein, dass das gegenwärtige System schlecht funktioniert. Oft ist die größte Wirtschaftsmacht, die USA, Ankläger, Sachverständiger und Richter zugleich. Vielleicht wird es nicht sofort die optimalen Prozeduren geben, aber der Druck wächst, dass fairere juristische Prozeduren einführt werden. Das selbe gilt für das Reservewährungssystem. Das hergebrachte System mit dem Dollar als zentrale Reservewährung erodiert längst. Möglicherweise setzt sich ein multipleres System durch. Oder aber wir führen ein effizienteres System ein. Schon gibt es Schritte in Asien, die in diese Richtung gehen. Wer hätte in den 20er Jahren gedacht, dass das Sterling-System ein Ende findet? Wer hätte das Ende des Bretton-Woods-Systems vorhergesehen?

 

Profil: Nur gab es bei jedem Systemwechsel einen großen Knall.

 

Stiglitz: Gerade deshalb ist es wichtig, jetzt schon über systemische Alternativen nachzudenken.

 

Profil: Sie meinen, der Staat hat viele Aufgaben: Für Investitionen, industrielle Entwicklung, sogar im Kreditwesen, weil es in den Entwicklungsländern an Kapital für innovative Unternehmen fehlt. Die Märkte können diese Aufgaben nicht erfüllen?

 

Stiglitz: Ich meine gar nicht, dass wir den alten Vorstellungen das „Big Government“ anhängen sollten. Auch ein schlanker Staatsapparat kann das Notwendige tun. Wir brauchen eher eine andere Art von Regierungspolitik. Wir wissen heute, in welchen Bereichen Märkte funktionieren und in welchen nicht. Märkte produzieren in manchem zu viel, wie etwa in Umweltverschmutzung, und in manchem zu wenig, etwa in der Grundlagenforschung. Märkte sichern ganz offensichtlich keine faire Einkommensverteilung. Es hat auch nie jemand behauptet, dass Märkte gerecht seien. Man hat nur behauptet, sie seien effizient. Heute wissen wir, dass sie nicht einmal das immer sind.

 

Profil: Möglicherweise muss man Sie den einflussreichsten lebenden Ökonom nennen, nachdem Milton Friedman vergangene Woche verstorben ist. Wie beurteilen Sie sein Vermächtnis?

 

Stiglitz: Er hat einen enormen Einfluss. Seinen größten Einfluss hatte er als politischer Kommentator. Er hat natürlich hervorragende analytische Arbeit geleistet, aber bedeutend wurde er, weil er wie kein anderer den Glauben verbreitete, dass Märkte gut, Regierungen schlecht seien. Seine Arbeiten über die Konsumfunktion bleiben ein ewiges Erbe der ökonomischen Theorie. Und er hat einige Ideen in die Welt gebracht, die, in Politik übersetzt, viele Probleme verursacht haben. Seine Theorie, dass Konsumausgaben von langfristigem Einkommen abhängig sind, hat zu der Annahme geführt, dass Menschen, wenn sie zeitweise mehr Geld zur Verfügung haben, nicht mehr ausgeben würden. Heute wissen wir, dass das für Geringverdiener einfach nicht stimmt.

 

Profil: Hat er uns nicht von manchem übertriebenen Glauben an die Möglichkeiten von Regierungspolitik geheilt?

 

Stiglitz: Er hat gelehrt, dass Regierungen die Ökonomie nicht stimulieren können. Aber das ist einfach nicht wahr. Natürlich, wo ich Staatskritikern wie ihm zustimmen würde, ist, dass Regierungen ihre Macht missbrauchen können. Die Bush-Regierung redet über freie Marktwirtschaft und verdoppelt die Agrarsubventionen, macht eine protektionistische Politik für die Stahlindustrie. Aber Friedmans Nachweis, dass wir uns um Arbeitslosigkeit nicht sorgen sollen, weil es nichts gibt, was Regierungen tun können, um sie zu reduzieren, ist einfach falsch. Oder besser: Er ist politisch missbraucht worden. Natürlich können Regierungen etwas tun. Und es ist nicht notwendigerweise so, dass wir dafür mehr Inflation ernten.

 

Profil: Das Kernparadigma der klassischen Ökonomie ist, dass alle bessere Resultate haben, wenn jeder seinen Eigennutz verfolgt. Was ist daran falsch?

 

Stiglitz: Das ist schon als Theorem nicht wahr. In der Realität wissen wir alle, dass das nicht stimmt. Umweltverschmutzung? Wissenschaft? Im Management? Was haben denn all diese Manager in den neunziger Jahren getan, die grandiose Skandale zu verantworten haben, als ihr Eigeninteresse verfolgt?  Das soll der Allgemeinheit einen Nutzen gebracht haben? Aber: Der Eigennutz und das Gewinnstreben sind eine gewaltige Kraft. Und in jenen Feldern, wo sie negative Folgen haben, müssen wir so steuernd eingreifen, dass wir bessere Resultate haben. Es gibt leider verdammt viele solche Felder.

 

Profil: Sie versuchen zu zeigen, dass die internationale Wirtschaftsarchitektur und ihre Regeln die reichen Staaten begünstigt und den armen schadet. Ganz ehrlich: Ist wirklich nur der Westen schuld, dass es Afrika oder die arabischen Staaten nicht schaffen?

 

Stiglitz: Geteilte Schuld. Wir machen es diesen Ländern mit einer unfairen Handelordnung unnötig schwer. 70 Prozent der Menschen in den Entwicklungsländern leben in der Landwirtschaft. Wir subventionieren Agrarexporte und reduzieren damit ihr Einkommen.

 

Profil: Warum haben es dann die asiatischen Länder geschafft?

 

Stiglitz: Trotz dieses unfairen Systems haben einige Länder herausgefunden, wie sie dennoch voran kommen können. Sie sind den Ratschlägen des IMF nicht gefolgt. Sie haben ihren eigenen Weg gesucht und gefunden. Hinzu kommt: Die afrikanischen Länder haben eine schlimme Kolonialgeschichte und Geschichte wirkt nach – lange. Außerdem sind sie ressourcenreiche Länder, und stehen in Banne dessen, was man den „Ressourcenfluch“ nennt. Sie sind interessant für multinationale Konzerne, die ihre Regierungen bestechen, autoritären Herrschern viel Geld geben, womit die sich Waffen kaufen. Diese Art von Reichtum produziert oft Armut. Aber ehrlich gesagt: Wer schuld ist, interessiert mich nicht. Mich interessiert: Was können wir besser machen? Wir können viel tun, was den Entwicklungsländern hilft – und uns auch. Fairness nützt allen.

 

Profil: Wirklich? Mehr Entwicklung, Zugang zum Weltmarkt der ärmeren Länder schadet oft den Armen und dem Mittelstand in den reichen Ländern. Ist das nicht der Grund für diese Anti-Globalisierungsstimmung im Westen?

 

Stiglitz: Nehmen wir nur die Baumwollsubventionen der USA. Was passiert, wenn man die streicht? Die Steuerzahler haben nur Vorteile, die Konsumenten haben nur Vorteile…

 

Profil: Die Farmer aber nicht!

 

Stiglitz: Es gibt 25.000 Baumwollfarmer in den USA und die sind durchschnittlich wohlhabender als der Durchschnittsamerikaner. Amerikanische Steuerzahler finanzieren gewissermaßen Sozialhilfe für reiche Leute!

 

Profil: Sie selbst schreiben doch, dass mehr Fairness zu höheren Einkommen in der Dritten Welt, aber auch zu niedrigeren Einkommen schlecht- oder gar nicht qualifizierter Arbeiter in den Industriestaaten führen würde…

 

Stiglitz: Also, die größten Nachteile hätten diejenigen, die Spezialinteressen vertreten. Die größten Nachteile hätten ein paar reiche Banken. Amerika als ganzes, Europa als ganzes würden profitieren. Natürlich, ich leugne gar nicht, dass heute Jobs in China und Indien entstehen, und dass Jobs in den USA und Europa vernichtet werden. Aber es ist nicht notwendigerweise so, dass mehr Jobs auswandern als in den fortgeschrittenen Ländern geschaffen werden – vorausgesetzt, wir machen eine kluge Politik.

 

Profil: Es kann eine Win-Win-Situation geben?

 

Stiglitz: Davon bin ich absolut überzeugt. Voraussetzung ist freilich, dass wir mehr in Bildung, mehr in Arbeitsmarktpolitik investieren und dass wir ein progressiveres Steuersystem einführen.

 

Profil: Mich erstaunt, dass Sie sich so für die Reformen von Hugo Chavez in Venezuela und Evo Morales in Bolivien begeistern. Ist deren Politik wirklich ein Modell?

 

Stiglitz: Zunächst: Es ist überhaupt nicht überraschend, dass sie gewählt wurden – das alte System war ein Desaster in Lateinamerika. In Bolivien wurde in der Regierung nicht einmal die Sprache gesprochen, die die Mehrheit der Menschen in dem Land spricht. Die Indios konnten nicht in ihrer Sprache mit der Regierung kommunizieren. Bis vor einigen Jahrzehnten durften sie nicht einmal wählen. Dass nun ein Indio Präsident wurde, ist ein Triumph für die Demokratie.

 

Profil: Deswegen müssen die Regierungsmaßnahmen noch nicht Modellcharakter haben…

 

Stiglitz: Nun, die Verträge, die Bolivien mit den internationalen Gaskonzernen geschlossen hat, waren unfassbar unfair. Jeder weiss das. Die Regierung hat nun gesagt: Die Bodenschätze sind Nationaleigentum. Die Schürfrechte verhandeln wir neu. Sie haben die Konzerne nicht rausgeworfen. Das ist vernünftig.

 

Profil: Auch, wie der Reichtum eingesetzt wird?

 

Stiglitz: Man wird das erst sehen. Im Falle von Venezuela ist es so, dass Chavez die Öleinnahmen einsetzt, um ein Bildungs- und Gesundheitssystem in den Barrios, den Armenviertel, einzuführen. So etwas gab es bisher nicht. Das ist eine Investition in die Menschen. Ist das ein Fortschritt? Selbstverständlich. Wird ein Erfolg daraus, nachhaltiges Wirtschaftswachstum? Hoffentlich!

 

 

 

Joseph E. Stiglitz, 63

 

war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford, bevor er 1993 Wirtschaftsberater der Clinton-Regierung wurde. Später stieg er zum Chefvolkswirt und einem der Vizepräsidenten der Weltbank auf. Im Jahr 2001 erhielt er für seine Studien zur Informationsökonomie den Wirtschaftsnobelpreis. Stiglitz lehrt heute an der Columbia Universität in New York und ist einer der wenigen Ökonomen, dessen Bücher regelmäßig ganz oben auf der Bestsellerliste rangieren. Vergangene Woche präsentierte Stiglitz sein neuestes Buch „Die Chancen der Globalisierung“.

3 Gedanken zu „Macht die Globalisierung die Welt besser, Herr Stiglitz?“

  1. Es tut mir für die Chinesen leid… http://www.globalisierung-zaehmen.de
    …wenn in China und anderen Wachstums- und Entwicklungsländern viele Menschen oft unter so harten Bedingungen leben und arbeiten müssen…
    Man kann aber nicht per Dekret von oben Wohlstand, Gerechtigkeit, Gleichheit verordnen. Dieses Experiment ist in Russland und China schon vor Jahren gescheitert, unter Schmerzen.
    In der gegenwärtigen Situation gibt es in China und anderen Wachstumsländern eine neue Art von „New Economy“, einen neuen Weg, die Kapitalbesitzer nicht zu enteignen, sondern die kapitalistischen Produktionsverhältnisse zu nutzen, sich ihrer zu bedienen, um ähnliche oder gar gleiche Ziel zum Wohle von Gesellschaft und Volkswirtschaft zu erreichen. Kapitalismus darf nicht wild wuchern. Der „Freie Markt“ darf nicht herrschen. Nicht der Gewinn ist das Maß aller Dinge.
    Heute steht die Entwicklung der Volkswirtschaften von bisher zu kurz gekommenen Ländern auf der weltpolitischen Agenda.
    Heute bietet sich für einen Großteil der bisher zurückgebliebenen und vernachlässigten Volkswirtschaften die einmalige Gelegenheit, in kurzer Zeit wirtschaftlich aufzuschließen, wenn sie „Globalisierung“ bewusst nutzen und verantwortungsvoll zähmen. Es könnte zu aller Nutzen sein.
    Es waren einmal die internationalen, ausländischen Konzerne, die mit dem Bau ihrer Fabriken in China auch einen krassen Raubtierkapitalismus eingeführt haben. Die Chinesen ließen es geduldig geschehen, zumal ein nicht kleiner Teil der chinesischen Bevölkerung davon profitierte. Aber sie ließen es nicht in Kumpanei, wie die Scheichs und Marionetten, geschehen, sondern auf die feine chinesische Art.
    Zunächst ließ man geschickter Weise die ausländischen Unternehmen sich austoben, denn genau deshalb waren sie in Scharen gekommen.
    Wegen der Armut im Lande.
    Wegen der niedrigen Löhne und Lohnnebenkosten.
    Wegen des fehlenden sozialen Netzes.
    Wegen der fehlenden Umweltauflagen, und, und, und.
    Das darf man nicht vergessen ( Heute wird scheinheilig so getan, als habe man damit absolut nichts zu tun. Das sei eine reine innerchinesische Angelegenheit, die Misswirtschaft von Parteibonzen und natürlich öffentlich zu beklagen. Weit gefehlt.).
    Man ließ die ausländischen Konzerne sich zunächst austoben, denn es schien eine einmalige und einzigartige Gelegenheit gekommen, das Land in kürzester Zeit von einem Entwicklungsland, zu einem Schwellenland und dann Industriestaat zu puschen. Natürlich kann das nur unter Schmerzen geschehen. Eben zunächst Kapitalismus pur. Die Strategie scheint aufzugehen. Kaum einer hat es gemerkt.
    Im Laufe einer vorherrschenden neoliberalen „Globalisierung“ anglo amerikanischer Prägung entstanden sogenannte „globale Ungleichgewichte“ mit riesigen Handels- und Leistungsbilanzdefiziten und ebenso riesigen Währungsreserven auf der anderen Seite. Sie spiegeln eine weltweite Arbeitsteilung wider, unter der auch die Chinesen zunehmend leiden, da sie sich auch im Lande negativ auswirken. Es sind die Unterschiede
    – zwischen Arm und Reich (vorher gab es fast nur Arme, die vielen Reichen sind erst im Zuge der Industrialisierung entstanden, übrigens: die 100 reichsten Chinesen besitzen gerade mal zusammen so viel, wie Bill Gates und der US-Investor Warren Buffett jeder für sich, bemerkenswert: Die beiden reichsten Welt- und US-Bürger haben sich freiwillig und höchstpersönlich selbst „enteignet“ und den Großteil ihres Besitzes in eine wohltätige Stiftung namens Melinda & Bill Gates-Stiftung überführt, die damit einen Kapitalstock von über 60 000 000 000 Milliarden US- Dollar verwaltet und ein mehrfaches Mehr an „Entwicklungshilfe“ leistet, als der gesamte amerikanische Staat inklusive Regierung zusammen genommen, sehr lobenswert: Buffett stiftete 31 000 000 000 US-Dollar in die Gates- Foundation, unerhört: Mega-Kapitalisten, die sich selbst „enteignen“: IKEA- Gründer Ingvar Kampart stiftete der niederländischen Stichting- INGKA- Foundation 36 000 000 000 Dollar, erstaunlich: Die reichsten Kapitalisten der Welt („Onkel Dagoberts“) haben sich ihre Menschlichkeit und ihr Mitgefühl für den Rest der Welt bewahrt, fraglich: wie das die anderen Fobes „Top 500“ und die US-Administration finden, wenn das um sich greift, beschämend: die Anhäufung von Reichtum einzelner Erdenbewohner ist angesichts von so viel Elend in der Welt so unmoralisch und himmelschreiend geworden, dass die mit Reichtum Gesegneten ein schlechtes Gewissen bekommen und freiwillig teilen.),
    – zwischen Stadt und Land (Wirtschaftswachstum und Sonderwirtschafts-zonen entstanden zunächst in den Küstengebieten im Süd-Osten Chinas, wohin 120 Millionen Wanderarbeiter aus den zurückgebliebenen Regionen auf der Suche nach Arbeit strömen.),
    – zwischen rücksichtslosem Wirtschaftswachstum und dem Bedürfnis nach einer sauberen Umwelt und einer Schonung der Ressourcen (Die Umwelt wurde erst durch die zügellose Industrialisierung verdreckt. Es fehlten Umweltstandards, wofür auch? Anfangs gab es noch keine industriellen Dreckschleudern.).
    Zunächst hatten die ausländischen Unternehmen das Sagen und man ließ sie gewähren. Es ging nicht anders, sonst wären sie weitergezogen. Sie brachten Millionen Arbeitplätze ins Land, die es vorher nicht gab. Sie brachten Maschinen, die man vorher nicht kannte. Sie brachten Technologie, die vom feinsten war. Das alles taten die Unternehmen und Investoren nicht aus Nächstenliebe, sondern unter massiven ökonomischen Zwängen, denen weltweiter Wettbewerb ausgeliefert ist. Bei Strafe des Untergangs müssen sie Gewinne machen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
    Man ließ die ausländischen Konzerne also zunächst gewähren, obwohl sie nur schnelle, kurzfristige Gewinne im Kopf hatten. Langfristiges, nachhaltiges Wirtschaften ist ihnen fremd. Im Nachhinein betrachtet, war das nicht klug, denn so schufen sie sich mit Macht die eigenen Konkurrenten.
    Die Chinesen hatten immer peinlichst darauf geachtet, das Direktinvestitionen ins Land kamen. Die waren nicht so flüchtig, wie liquides Kapital ist, wenn Verluste drohen. Die Einbindung ausländischen Kapitals in „Unternehmensbeteiligungen“, in „Joint Ventures“ und „Mehrheitsbeteiligungen“ waren geschickte und wirksame, wirtschaftspolitische Konzepte, um ausländisches Kapital zu binden und für den Aufbau der Volkswirtschaft zu nutzen.
    Heute ist China in der Lage, auf dem Weltmarkt mit eigenen Produkten gegen weltweit aufgestellte Konzerne und „Global Player“ anzutreten. Den weltweiten Markt für nützliche Gebrauchsgüter, die auch für Verbraucher mit kleinem Geldbeutel erschwinglich und dabei noch von hoher Qualität sind, beherrschen chinesische Unternehmen schon heute mit der Produktion von Kleidung, Schuhen, Kinderspielzeug, Kühlschränken, Fernsehern, Computerhardware.
    Eine chinesische (und indische, indonesische, brasilianische) Besonderheit ist es, dass die Märkte der Schwellen- und Entwicklungsländer zum großen Teil die weltweiten Verbrauchermärkte, die Zukunftsmärkte sind, die zudem noch lange nicht gesättigt und dynamisch und entwicklungsfähig sind. Das ist ein „Heimvorteil“, den die chinesischen Unternehmen mit Hilfe der Regierung geschickt ausspielen, während ausländische Unternehmen erst vor Ort Tritt fassen müssen. Deswegen produzieren diese jetzt immer mehr da, wo ihre zukünftigen Kunden sind, die bis heute noch für sie arbeiten.
    Die Auslagerung von Arbeitsplätzen und auch von fortgeschrittener Technologie wird in Zukunft zwangsläufig weitergehen, so Gott will und keine wirtschaftlichen und politischen Konflikte mit kriegerischen Auseinandersetzungen dazwischen kommen. Gegenüber den USA mit einer Bevölkerung von 300 Mio. und einem Militärbudget von grob geschätzten 400 Milliarden US-Dollar, die fast 40% der weltweiten Militärausgaben ausmachen, wirkt das chinesische Militärbudget von 30-50 Milliarden bei einer Bevölkerung von 1300 Millionen eher bescheiden.
    China ist natürlicherweise an Stabilität und Kontinuität in der Weltwirtschaft interessiert und strebt „Harmonie“ im Innern und nach Außen an. Das Ziel ist die Entwicklung der Volkswirtschaft, die Entwicklung des Binnenmarktes und der Aufbau der materiellen und sozialen Infrastruktur im ganzen Land, in dem jeder sechste Erdenbürger lebt. Das Potential ist vorhanden, wenn eines Tages das Kredit- und Konsum getriebene Wachstum in den USA an seine Grenzen stößt, der US-Markt gesättigt ist und China seine Export orientierte Warenproduktion in den riesigen, eigenen Binnenmarkt umleiten wird. Binnenmärkte entstehen aber nur, wenn die Verbraucher über genügend Kaufkraft verfügen. Mit steigender Produktivität werden Löhne und Gehälter steigen müssen.
    Das ist die gute Nachricht. Wachstumsmärkte sind im Entstehen genau in den Ländern, die bisher die benachteiligten waren. Es besteht die Hoffnung auf weniger Armut und mehr Wohlstand in der Welt.
    Und das Beste ist, dass es rein ökonomisch gesehen gar keinen anderen Weg gibt. Die weltweiten kapitalistischen Produktionsverhältnisse treiben im Zuge der neoliberaler Globalisierung in diese Richtung. Aber nicht automatisch. Automatisch entstehen im Zuge der Globalisierung angloamerikanischer Prägung immer größere „Ungleichgewichte“, sowohl auf globaler Ebene, wie auch in den einzelnen Ländern, die sich im schlimmsten Fall in einer harten Korrektur entladen können mit Arbeitslosigkeit, Depression und politischen Unruhen innerhalb der Länder und zwischen den Völkern.
    Globalisierung zähmen wird immer dringender und scheint zunehmend machbarer, da das der einzig gangbare Weg zu sein scheint, um die naturwüchsig weitertreibenden „globalen Ungleichgewichte“ zu reduzieren.
    Verantwortungsvolles, internationales Handeln, verbindliche Regeln, bindende Normen und ein friedliches Umfeld sind unverzichtbar.
    Die chinesische Regierung hat mit ihrem „Fünf-Jahresplan“ vom März 2007 die Weichen gestellt und die nötigen Korrekturen eingeleitet. An erster Stelle steht nicht mehr das wirtschaftliche Wachstum, sondern die Reduzierung der Widersprüche im Lande zwischen Arm und Reich, zwischen den wohlhabenden, städtischen Ostküstengebieten und den zurückgebliebenen ländlichen Regionen, zwischen dem Recht auf eine gesunde Umwelt und dem schonungsvollen Umgang mit den Ressourcen des Landes und einem hemmungslosen Wachstumskurs.
    Beste Grüße
    Franz Nolte

  2. Bundesregierung plant Behinderung von Direktinvestitionen
    in die armen und ärmsten Entwicklungsländern.
    Die FAZ vom 02.08.07 berichtet, dass die SPD/CDU- Koalition im Rahmen
    der Unternehmenssteuerreform 2008 den Technologietransfer und damit
    verbundene Direktinvestitionen in die Schwellen- und Entwicklungsländer kappen, zumindest aber erschweren will.
    „Falls betriebliche Aufgaben in ein anderes Land verlagert werden, dann muß das damit verbundene Gewinnpotential ermittelt und in Deutschland versteuert werden.“ „Kein Unternehmen könne dann eine Fabrik jenseits der Grenzen eröffnen, die einer im Inland gleiche, ohne zusätzliche Steuerlasten befürchten zu müssen.“ kritisiert der BDI, der Bundesverband der Deutschen Industrie. Betroffen wäre z.B. Airbus,wenn es die Produktion eines Kurzstreckenflugzeugs nach China in einem joint venture ( einem deutsch-chinesischen Gemeinschafts-unternehmen mit 51 Prozent deutscher Mehrheitsbeteiligung) verlagert für eine gesicherte Zusage über den chinesischen Kauf von über 100 Flugzeugen.
    CDU und SPD planen einen Angriff auf die deutsche Exportwirtschaft und behindern den direkten Zugang zu den riesigen Märkten der Zukunft.
    Das schmälert massiv die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporteure, die gerade in den letzten Jahren der Depression das Wirtschaftswachstum gehalten haben, und ist so heute beim global aufgestellten Exportweltmeister BRD politisch nicht konsensfähig.
    Der kapitalistische Wettbewerb der internationalen Unternehmen und die Konkurrenz auf dem „freien Weltmarkt“ ist gnadenlos.
    Der ökonomische Zwang, Wettbewerbsvorteile auch durch Ausbeutung
    billiger Arbeitskraft zu erlangen, ist unerbittlich vorherrschend bei Strafe
    des Untergangs.
    Der Sog in die noch lange nicht gesättigten Zukunftsmärkte in der „Dritten Welt“ mit jungen nachwachsenden Arbeitskräften ist einfach zu stark.
    So findet Globalisierung heute statt auf einem „freien Weltmarkt“ vornehmlich
    anglo- amerikanischer Prägung.
    Eine Unternehmensbesteuerung sollte diese urwüchsigen Kräfte des vorherrschenden kapitalistischen Weltmarktes nicht behindern, sondern in nachhaltige Bahnen lenken.
    Sie sollte die globalen Kräfte bändigen und nutzen für die Verwirklichung einer globalen Öko-Sozialen Marktwirtschaft und den Entwicklungsländern beim Aufbau ihrer Volkswirtschaften helfen.
    Wenn die deutsche Volkswirtschaft weiter wie bisher die Partnerschaft mit den Schwellen und- Entwicklungsländern pflegt und weiter ausbaut und europäische und internationale Unternehmen Gewinne dabei erzielen, was könnte schlecht daran sein für Europa und die Welt ?
    Besonders betroffen werden von der geplanten Unternehmenssteuerreform 2008 vor allem aber die armen und ärmsten Entwicklungsländer.
    Direktinvestitionen,der Bau von umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Fabriken, in denen soziale Mindeststandards respektiert werden, und der damit verbundene Technologietransfer von innovativen Zukunftstechnologien sind
    für die armen, zurückgebliebenen Entwicklungsländer und
    für die aufholenden Schwellenländer überlebenswichtig
    im Kampf gegen die globale Armut und
    im Kampf gegen die drohende globale Umweltkatastrophe.
    Wettbewerbsfähige, exportorientierte Unternehmen spielen eine nützliche, fortschrittliche und gewichtige Rolle in der Welt, wenn sie beim Aufbau besonders der armen und ärmsten Volkswirtschaften mithelfen.
    Transfer von innovativen Technologien erstklassiger Qualität
    für Umweltschutz und Ressourcenschonung ist überlebenswichtig
    besonders auch für die reichen Industrieländer im weltweiten Kampf gegen
    die drohende globale Umweltkatastrophe, in den gerade die wachsenden Entwicklungsländer Indien und China mit einbezogen werden müssen, da er gewonnen werden muß.
    Jahrzehntelang sind die reichen Industriestaaten auf Kosten der Natur und der Ressourcen gewachsen bis zum Exzess, besonders in den Vereinigten Staaten
    von Amerika. Maßloser kreditfinanzierter, blinder Konsumrausch einer ganzen Nation wurde zu Anfang des Jahrtausends als ökonomischer Hebel für Wirtschaftswachstum einer ganzen Volkswirtschaft auserwählt.
    Ohne Rücksicht auf Natur, Umwelt, Ressourcen und kommende Generationen wurden Rüstungsexzesse, Immobilien- und Kreditblasen zugelassen, die jetzt zum Platzen kommen.
    Es waren einmal die internationalen, ausländischen Konzerne, die mit dem
    Bau ihrer Fabriken in Ländern wie China und Indien auch einen krassen „Raubtierkapitalismus“ eingeführt haben. Zunächst ließ man die ausländischen Unternehmen sich austoben, denn nur deshalb waren sie in Scharen gekommen:
    Wegen der Armut im Lande.
    Wegen der niedrigen Löhne und Lohnnebenkosten.
    Wegen des fehlenden sozialen Netzes.
    Wegen der fehlenden Umweltauflagen, und, und, und.
    Wegen des Kapitalismus pur, der sich gerade wegen der bitteren Armut in diesen Ländern ohne Umweltauflagen und ohne soziale Mindeststandards durchsetzen ließ.
    Das hat den globalen Unternehmen und den Industriestaaten Rekordgewinne beschert und weltweit sinkende soziale und ökologische Mindeststandards zurückgelassen. Den Müll, den sie weltweit verursacht haben, müssen sie nach dem Verursacherprinzip nun auch selber beseitigen, zumindest aber tatkräftig bei der Entsorgung mithelfen. Und zwar zuallererst mit dem
    Transfer von spitzenmäßiger, innovativer, ressourcen- und umweltschonender Spitzen-technologie in die Wachstumsländer der „Dritten Welt“.
    Das sind die Industrieländer dem Kampf gegen die Umweltkatastrophe schuldig.
    Sie haben einiges wieder gut zu machen, bevor sie mit den Fingern auf andere zeigen und dabei im Glashaus sitzen. Allen Ernstes können sie nicht erwarten, dass die Länder ihr Wachstum reduzieren angesichts weltweiter Armut. Wachstum bremsen durch die weltweite Durchsetzung von ökologischen und sozialen Mindeststandards ist die einzige Alternative gegen Überhitzung des globalen Wirtschaftswachstum samt Folgeschäden..
    Das geht nur mit Technologietransfer und Direktinvestitionen. Behinderungen seitens der Bundesregierung sind ärgerlich aber sicher nicht unüberwindbar.
    Warum legt sich dann die „Große Berliner Koalition“ an mit dem Bund Deutscher Industrieller und mit der gerade in Deutschland sehr erfolgreichen exportorientierten, mittelständischen Industrie und kämpft vergeblich gegen
    die Windmühlen der Globalisierung?
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    Eine „New Partnership for Africa’s Development“ (NEPAD) wurde am
    23. Oktober 2001 von 15 afrikanischen Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufen. Dieser Reforminitiative gehören inzwischen alle 53 Staaten der Afrikanischen Union (AU) an.
    Das Bekenntnis zur Eigenverantwortung der afrikanischen Staats- und Regierungschefs kann als das zentrale Element von Nepad gelten. Die Staatslenker akzeptieren Ziele wie Transparenz, Rechenschaftspflicht, Rechtsstaatlichkeit, die Stärkung autonomer Institutionen, die stärkere Einbindung in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die Priorität der Armutsbekämpfung, die Notwendigkeit von friedensschaffenden und -sichernden bzw. konfliktpräventiven Maßnahmen sowie die Bedeutung der Einhaltung zentraler Kriterien einer guten Regierungsführung.
    Vor allem aber sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Technologie- und Kapitaltransfer, ein privatwirtschaftliches Wachstum und den Aufschwung des afrikanischen Kontinents ermöglichen.
    Der „African Peer Review Mechanism“ (APRM) wurde 2003 als Teil von Nepad verabschiedet mit dem Ziel, Regierungen durch Regierungen anderer afrikanischer Staaten unter sanften Druck zu setzen, die im Rahmen von Nepad festgesetzten Standards und Ziele, insbesondere die Kriterien einer „guten Regierungsführung“, auch einzuhalten. 26 Länder der insgesamt 53 Nepad-Mitgliedsstaaten (Stand vom Frühjahr 2006), das entspricht knapp 74 Prozent der gesamten afrikanischen Bevölkerung, haben sich bereiterklärt, sich der Kontrolle durch Ihresgleichen zu unterwerfen.
    Die afrikanischen Regierungen wissen, dass die Probleme nicht allein durch die Ausweitung der Mittel der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) zu lösen sind.
    Von ganz zentraler Bedeutung ist die Ausweitung der ausländischen Direktinvestitionen und nicht die Verringerung von Technologie- und Kapitaltransfer in Länder wie in Afrika, in denen der schlechte Zustand der Infrastruktur, völlig unzureichende Transportwege und hohe Transportkosten die Entfaltung wirtschaftlicher Produktivkräfte massiv behindern.
    Ein innerafrikanisches Programm zur Erneuerung des Kontinents stieß bereits im Jahr 2000 beim Gipfeltreffen der acht wichtigen Industrieländer (G8) in Japan auf offene Ohren. Immer wieder wird der Nepad-Plan der Afrikaner
    auf G8-Gipfeln gelobt als realistischer Rahmen für einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung in Afrika. Die Industrieländer bekunden zwar immer wieder wohlwollendes Interesse, sind aber nicht bereit, weiter reichende Verpflichtungen einzugehen.
    Schlimmer noch: Die große Koalition in Berlin plagt sich derzeit ab gegen den weltweiten Main-Stream der Globalisierung und plant allen Ernstes,
    Gewinne aus Auslandsinvestitionen zu versteuern, wenn sie auf Ansiedlungshilfen, günstige Grundstücke und andere Standortvorteile jenseits der Grenzen zurückzuführen sind.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Partnerschaft_f%C3%BCr_Afrikas_Entwicklung
    http://de.wikipedia.org/wiki/Afrikanische_Union
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    In ihrem „World Investment Report 2006“ vom 20.07.2007warnt die
    UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad ),
    dass insbesondere die afrikanischen Länder der Armutsfalle nur entrinnen können, wenn sie die Technologielücke zwischen sich und dem Rest der Welt schließen.
    In den Entwicklungsprogrammen der Industriestaaten fehle häufig der Transfer von Know-How.
    Ein Technologie- und Wissenstransfer zugunsten einheimischer Firmen finde nicht statt.
    Die Weiterverarbeitung der Rohstoffe erfolge in der Regel nicht im Land der Förderung.
    Die Unctad forderte die Unternehmen und die Regierungen auf, die Operationen besser in die Wirtschaft der Gastländer zu integrieren. Ziel solle es sein, dass auch die einheimische Bevölkerung stärker vom Investitionsboom profitiert. In einer globalisierten Welt aber gerieten gerade die 50 am wenigsten entwickelten Länder, von denen zwei Drittel afrikanische Länder seien, durch den Mangel an Innovation und Wissen ins Hintertreffen und verlören ihre am besten ausgebildeten Leute, die sich bessere Chancen im Ausland ausrechnen. Allein in 2004 sind eine Million Arbeitskräfte mit höherer Ausbildung, darunter viel medizinisches Personal, in die Industriestaaten ausgewandert und nach dorthin abgeworben worden.
    Verzweifelt versuchen die armen und ärmsten Entwicklungsländer, Technologie und Kapital in ihre Länder zu holen. 2005 gab es in den Entwicklungsländern einen Zuwachs der Direktinvestitionen von 22 Prozent auf die Rekordsumme von 334 Milliarden Dollar.
    Zuvor hatten diese Länder Eintrittsbarrieren für ausländische Unternehmen abgeschafft.
    Sie senkten Steuern und Gebühren.
    Sie gewähren Steuerbefreiungen.
    Sie erleichtern den Transfer der Gewinne ins Ausland und
    sie hoben den Zwang auf, inländische Personen zu beschäftigen. Alles umsonst?
    Die den armen Ländern so entstehenden Verluste an Steuern und Abgaben möchte die „Berliner Große Koalition“ jetzt abschöpfen und in den eigenen Steuersäckel stopfen, wodurch die verzweifelten Bemühungen der armen Länder zunichte gemacht werden.
    http://de.wikipedia.org/wiki/United_Nations_Conference_on_Trade_and_Development
    http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Weltwirtschaftsordnung
    ………………………………………..
    Social Watch Deutschland, ein Zusammenschluss von 27 Entwicklungs- und Kirchenorganisationen, politischen Stiftungen und Gewerkschaften kritisiert in ihrem Jahresbericht 2006, dass jedes Jahr durch illegale Kapitalflucht aus den Staaten der sogenannten Dritten Welt bis zu 500 Milliarden Dollar abgezogen werden. Zusätzlich werde vielen Entwicklungsländern Finanzkraft entzogen durch Steuerbefreiung für ausländische Investoren, insbesondere in den weltweit mehr als 3000 Sonderwirtschaftszonen und durch die Handelsliberalisierung, die den Ländern Zolleinnahmen koste.
    http://www.social-watch.de/
    http://www.weed-online.org/publikationen/broschueren/305549.html
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    Die UN-Entwicklungsbank
    Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (Ifad) mahnte nach dem G8-Gipfel mehr Investitionen in die Landwirtschaft, in die Infrastruktur, in das Bildungs- und Gesundheitssystem der Entwicklungsländer an und warb für mehr Direktinvestitionen in Fabriken zur Weiterverarbeitung.
    Die Erfahrungen in Asien zeigten, dass auch in den zuletzt so wachstumsstarken Ländern die wirtschaftliche Entwicklung mit Investitionen und Erfolgen in der Landwirtschaft begonnen hätten. In afrikanischen Ländern mache die
    Landwirtschaft immer noch 60-90 Prozent der Arbeitsplätze aus.
    http://www.deza.admin.ch/de/Home/Aktivitaeten/Multilaterale_Zusammenarbeit/Internationale_Institutionen/Internationaler_Agrarentwicklungsfonds_IFAD
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    Lars Thunell leitet die
    International Finance Corporation (IFC), den Arm der Weltbankgruppe, der sich um private Investitionen in den Entwicklungsländern kümmert. Er sieht einen enormen Bedarf an Infrastruktur-Investitionen in den Entwicklungs-ländern „Schauen sie nach Afrika, schauen sie nach Indien, es gibt enorme Engpässe.“ Zwar gebe es zunehmend Kapital, das in öffentlich-privaten Partnerschaften in die Infrastruktur investiert werden soll. „Aber derzeit gibt es dafür mehr Geld als realisierbare Projekte.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/International_Finance_Corporation
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    Rajat M. Nag wird Ende des Jahres 2007
    neuer Geschäftsführer der Asiatischen Entwicklungsbank (AsEB). Seiner Meinung nach liegt das „wirkliche Problem in der Infrastruktur – sie schränkt die Produktion ein.“ Allein Indien benötige in den kommenden fünf Jahre 500 Milliarden Dollar, um die Infrastruktur auf den erforderlichen Stand zu bringen. „Geld ist nicht das Problem. Schlimmer ist, dass es an Institutionen fehlt, an einem gesetzlichen Rahmenwerk. Das Geld muss ins Land gelassen und an die richtigen Stellen geleitet werden. Private Geldgeber stehen doch Schlange, um ins Land zu kommen.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Asiatische_Entwicklungsbank
    http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_972_2/
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    Laut World Wealth Report, herausgegeben von der Investmentbank Merill Lynch, ist das Vermögen der Wohlhabenden weltweit um 11 Prozent auf 37 Billionen Dollar gestiegen, das Zwölffache des deutschen Bruttoinland produkts 2006. Davon sind ein Viertel in Immobilien angelegt, 31 % in Aktien, 12 % in Anleihen, 10 % in hedge fonds, private equity, Rohstoffen und Risikokapital und acht Prozent in nachhaltige Investments, die auf Themen wie Umweltschutz und soziale Verantwortung abstellen. In Asien stecken die Besitzenden immerhin 14 Prozent ihres Vermögens in nachhaltige Anlagen, Tendenz weiter steigend. Es besteht weltweit großer Nachhohlbedarf bei diesen Investitionen.
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    Ende 2006 fand in Peking ein Gipfeltreffen statt zwischen China und
    48 afrikanischen Regierungschefs und Staatsoberhäuptern.
    Der Handel mit Afrika hat sich in den vergangenen sechs Jahren verfünffacht, von 1999 bis 2005 verzehnfacht.China betreibt mehr als 800 Investitionsprojekte in Afrika und will das bilaterale Handelsvolumen von 50 Milliarden Dollar in 2006 bis 2010 verdoppeln. 15000 Afrikaner werden in China ausgebildet und die Universitätsstipendien bis 2009 verdoppelt. Die Zahl der zollfreien afrikanischen Importprodukte erhöhte China von 190 auf 440. China baut Schnellstraßen, Telefonnetze, eine Aluminiumhütte und brachte 2006 einen
    im Auftrag Nigerias gebauten Telekommunikationssatelliten ins All.
    Andererseits verspricht der afrikanische Kontinent Rohstoffe und mehr als acht Millionen potentielle Kunden für chinesische Produkte wie Haushaltsgeräte, Computer, Mobiltelefone, oder auch Kleidung, die bedeutend preisgünstiger und bezahlbarer als die der Konkurrenz sind.
    http://www.asienhaus.de/stimmen-aus china/index.php?title=http_www_gscn_com_cn_get_china_15332432__1&more=1&c=1&tb=1&pb=1
    http://de.ce.cn/spezialthema/Afrikaforum/index.shtml
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  3. Die Korrektur der „globalen Ungleichgewichte“ hat begonnen.
    >> http://www.globalisierung-zaehmen.de/index.html >>
    In der Abschlusserklärung der Regierungschefs und Finanzminister der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20-Gipfel) in Washington werden Ursachen der Finanzkrise benannt:
    «Politiker und Überwachungsinstanzen in einigen entwickelten Ländern» hätten die Risiken der Finanzmärkte falsch eingeschätzt. „Die Politiker, die Regulatoren und
    die Aufsichtsbehörden in einigen fortgeschrittenen Ländern haben auf den damit verbundenen Aufbau von Risiken für das Finanzsystem nicht angemessen hingewiesen“, heißt es in dem Dokument.
    Zudem hätten die Länder „ ihre Wirtschaftspolitik nicht ausreichend abgestimmt, ungenügend Strukturreformen betrieben und letztlich die Grundlage für Marktexzesse gelegt.“ Die „weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte“ hätten sich verstärkt, während notwendige Strukturreformen unterblieben seien.
    Gewaltige, neoliberal entfesselte, kapitalistische Marktkräfte haben eine rasante Eigendynamik entfaltet, die durch administrative Maßnahmen nur schwer zu
    stoppen ist. Die berüchtigten „Selbstheilungskräfte des Marktes“ aber werden
    es im Gefolge der globalen Krise mit urwüchsig-ökonomischer Gewalt richten.
    Die Korrektur der globalen Ungleichgewichte hat begonnen, nachden die aus ihnen entstandenen Blasen bei der Liquiditätsausweitung, an den Immobilienmärkten, bei der Kreditvergabe, bei der Verschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte, platzen. http://www.globalisierung-zaehmen.de/globalisierung195.html
    Die angloamerikanische Liquiditätsschwemme mit all ihren Folge hat die Vereinigten Staaten vor allem auch mit Hilfe von ausländischen Kreditgebern (Japan, China, arabische Ölländer) in einen irrationalen Konsumrausch getrieben. Im Wesentlichen aber war sie hausgemacht und hatte bekanntlich berühmte neoliberale Vordenker wie Milton Friedman, die jetzt abgetaucht sind.
    Der mit Krediten finanzierte Konsumrausch der amerikanischen Verbraucher, der zuletzt über drei Viertel des amerikanischen Wachstums getragen hatte, bricht in sich zusammen.
    Das über Jahre schier grenzenlose Vertrauen der Wall-Street, von Banken und Investmentbanking, der privaten und institutionellen Finanzinvestoren, der hedge-fonds und private equity, der amerikanischen Verbraucher, der amerikanischen Regierung und Wähler in unbegrenztes Wachstum und Stabilität des „american way of life“ eines kreditfinanzierten Konsums ist fast über Nacht in Mißtrauen und Instabilität umgeschlagen.
    Die amerikanischen Verbraucher und die US-Regierung sind gerade dabei, radikal umzudenken. Yes, they can, nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Ihnen bleibt keine Wahl. Es steht ihnen kein eigenes Geld zum Ausgeben mehr zur Verfügung, da sie jahrelang weit über ihre Verhältnisse gelebt und übermäßig Geld ausgegeben haben, das sie gar nicht besaßen.
    Die Geldquellen der bisherigen Gläubigerstaaten werden zwangsläufig allmählich versiegen, da das Geld anderweitig gebraucht wird zur eigenen Krisenintervention
    im Rest der Welt für Konjunkturprogramme zur Stimulierung der Nachfrage und des Wirtschaftswachstums in den jeweiligen Ländern selbst. Die Produktionskapazitäten der Welt werden zur Zeit immer weniger ausgelastet, weil die globale Nachfrage besonders in den USA eingebrochen ist.
    Die „Spirale der globalen Ungleichgewichte“ ist ins Stocken geraten.
    Da die USA mindestens kurzfristig als „Wachstumslokomotive“ der Weltwirtschaft ausfallen werden, hilft jetzt und in naher Zukunft nur die großzügige globale Stimulierung der Binnennachfrage weltweit auch durch Hebung der Kaufkraft der Menschen. Das ist gut für die Welt trotz globaler Krise. Das scheint der einzige Ausweg zu sein, um Schlimmeres zu verhüten.
    Die „freie“ Marktwirtschaft ist ein weiteres Mal in eine globale Überproduktionskrise
    geschlittert, nachdem die USA, die noch immer bei Weitem weltweit stärkste
    Wirtschaftsmacht, nicht mehr in der Lage sind, die Überschüsse der globalen Produktion durch Verschuldung künstlich zu absorbieren. Das Platzen der Immobilien- und Kreditblase führt zu riesigen Vermögensverlusten und zu einem weiteren Aufblähen der schon bedrohlich angeschwollenen US-Schuldenblase.
    Hoffentlich kommen die Vereinigten Staaten nicht eines Tages in die ausweglose Lage, sich durch Inflation entschulden zu müssen. Das wäre mit Sicherheit das
    Ende der US-Leitwährung und Vormachtstellung der Vereinigten Staaten in der
    Welt. Die Abwertung ihrer Dollar-Währungsreserven wäre dann wohl der Preis, den die exportorientierten Schwellenländer für den Kapital- und Technologietransfer der Industriestaaten in ihre Länder zu zahlen hätten.
    Besonders im Laufe der letzten Jahre haben die Bürger der Vereinigten Staaten gewaltige Schuldenberge aufgehäuft bei den privaten Haushalten, bei einem großen Teil der Unternehmen, bei den Finanz- und Kreditinstituten und bei der Regierung.
    Gewaltige finanzielle Belastungen ergeben sich insbesondere aus den gewaltigen Finanzhilfen der amerikanischen Regierung für die US-Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac, für den größten international tätiger Versicherungskonzern American International Group (AIG) und für die Stabilisierung des amerikanischen Finanz- und Bankensystems.
    Mit einem staatlichen Rettungspaket für AIG im Wert von mehr als 150 Mrd. Dollar hatte die US-Notenbank den Konzern Mitte September 2008 in letzter Minute vor dem Zusammenbruch bewahrt. Im Gegenzug erhielt der Staat knapp 80 Prozent der AIG-Anteile. Die US-Regierung hat die vorläufige Kontrolle über die angeschlagenen Hypotheken-Finanzierer Fannie Mae und Freddie Mac übernommen und garantiert damit direkt oder indirekt knapp die Hälfte der US-Hypotheken im Gesamtwert von zwölf Billionen US-$. Das sind rund 36 Prozent des Bruttoinlandprodukts der USA von 14 000 Mrd. Dollar. Mit 9000 Milliarden in Staatspapieren steht das Land bereits in der Kreide.In einem ersten großen Schritt hatte die US-Regierung bereits 125 Milliarden Dollar in neun wichtige Großbanken investiert im Rahmen des 700 Mrd. US-Dollar schweren Rettungspakets.
    Stützungen für systemisch wichtige Unternehmen, denen eine Schieflage droht stehen noch aus, ebenso wie die Finanzierung des Gesundheitswesens und des amerikanischen Rentensystems. Amerikanische Pensionsfonds, Versorgungswerke, Versicherungen und Universitäte haben wesentlich zur Liquiditätsschwemme mit ihren Spekulationsgeldern beigetragen und sind in den Strudel der Finanzkrise
    geraten.
    Die unausweichliche Einschränkung des Konsums in den USA wird empfindliche Auswirkungen haben auf die US-Konjunktur, aber auch auf den Absatz chinesischer Waren auf dem US- Markt. Wenn die Nachfrage der amerikanischen Verbraucher nachlässt und weiter sinkt, dann wird es unweigerlich zu einem Überangebot an Waren vor allem auch aus Ländern mit großem Exportanteil und großen Währungs-Reserven kommen. Eine Überproduktionskrise auf dem größten Markt der Welt wird gravierende Folgen haben für vorwiegend exportorientierte Länder, wie China und Japan, die anders als die BRD ihre Waren zu einem großen Teil in den USA absetzen.
    Das amerikanische Handels- und Leistungsdefizit beginnt zu sinken.
    Die scheinbar unaufhaltsam gewachsene „Spirale der globalen Ungleichgewichte“
    ist gewaltig ins Stocken geraten in den USA und auch in China und anderen Kredit gewährenden Gläubigerländern der USA.
    Die amerikanischen Handels- und Leistungsbilanzdefizite und die globalen Währungsreseven wachsen nicht weiter, wie bisher. Die Währungsreserven der arabischen Länder und Rußlands, die sich aus Rohöl und Erdgas speisen, sind geradezu eingebrochen.
    Von der Tiefe der globalen Finanz- und Wirtschafts- Krise und ihrer Zähflüssigkeit wird es entscheidend abhängen, wie lange der Abbau der globalen Ungleichgewichte anhält.
    Wird es eine harte oder sanfte Landung geben? Noch halten einige Schwellenländer mit großen Währungsreserven und Wachstumsraten von noch 3 bis 8 Prozent die Weltwirtschaft am Laufen.
    Noch können einige Länder, insbesondere des ostasiatischen Raums, die mit 2400 Mrd. über die Hälfte der weltweiten Reserven halten, auf ihren angehäuften Schatz zurückgreifen, wenn die Not auch für sie größer werden sollte. Die Finanzkrise hat noch nicht so tiefe Löcher in ihre Kassen gerissen, wie in den USA und anderen Industriestaaten.
    Andere Schwellenländer, die neoliberalerweise über keine oder wenig Reserven verfügen, wie Island, die Ukraine, Ungarn, die Türkei und Pakistan stehen vor dem Staatsbankrott und müssen vom Internationalen Währungsfond mit knapp 42 Mrd. Dollar gerettet werden. Japan hat sich bereit erklärt, den bald nur noch 158 Milliarden Dollar schweren IWF- Nothilfefond um fast 100 Milliarden aufzufüllen. China wird seine Reserven mit dem bisher gewaltigsten Konjunkturpaket von fast 500 Milliarden Euro ebenso gewaltig abschmelzen.
    Es scheint, als sei ein „Selbstreinigungsprozeß“ der neoliberalisierten Märkte im Weltfinanzsystems und in der Weltwirtschaft ins Rollen gekommen.
    Es ist zu wünschen, dass der ganze neoliberale Ballast, der das alles uns und der Welt eingebrockt hat, nachhaltig und für immer über Bord geworfen wird.
    Hoffentlich bleibt das Zusammenspiel der Länder so partnerschaftlich einvernehmlich und multilateral, wie während des grandiosen Auftakts für ein zweites Bretton-Woods der G-20 am 16.November 2008 in Washington, ein wahrhaft historisches Datum.
    Das amerikanische Handels- und Leistungsbilanzdefizit wird sich im Gefolge der um sich greifenden Weltfinanz- und Wirtschaftskrise ganz von selbst verringern, da die Welt nicht mehr bereit und auch nicht finanziell in der Lage ist, den amerikanischen Traum vom zügellosen Konsum zu finanzieren.
    Die Quellen, aus denen sich die globalen Ungleichgewichte speisten, sind am Versiegen. Der amerikanische Markt bricht ein.
    Der Rohöl- und Erdgasmarkt gibt in den arabischen Ländern und in Rußland keine Gewinne, geschweige denn Überschüsse mehr her.
    Die Einnahmen in Australien, Chile und Brasilien aus der Ausbeutung der natürlichen Bodenschätze gehen drastisch zurück.
    Chinesische Produkte aus der Warenproduktion finden auf dem amerikanischen Markt immer weniger Abnehmer. Das wird die chinesischen Währungsreserven schmälern, ebenso wie der Wertverlust des US-Dollars, obwohl Waren aus China zum großen Teil preisgünstig und für den täglichen Bedarf über Wal-Mart vertrieben werden. Die größte Warenhauskette der USA hat in der Krise zugelegt, da sich an deren Sortiment am wenigsten und zuletzt einsparen läßt. Der Import in die USA wird dennoch weiter zurückgehen bei sinkender Kaufkraft, während der US-Export bei weiter sinkendem Dollar zulegen wird.
    Auf diese Weise werden auf der amerikanischen Seite das Handelsbilanz- und das Leistungsbilanzdefizit und auf der anderen Seite die globalen Währungsreserven, insbesondere der reichen Schwellenländer reduziert.
    Die globalen Währungsreserven schmelzen dahin.
    Auf Seiten der exportorientierten Länder werden die Währungsreserven bei sinkender globaler Nachfrage und Kaufkraft massiv zusammenschmelzen.
    Eine Menge Reserven wird darüber hinaus für die Stabilisierung der nationalen Finanz- und Bankensysteme aufgewandt werden müssen, aber auch für Konjunktur-Programme zur Wirtschaftsförderung.
    China wird weiterhin versuchen, die Exportlastigkeit seines Wachstums zu reduzieren, seine Warenströme in den eigenen Binnenmarkt umzuleiten und die Kaufkraft der eigenen Bevölkerung zu heben.
    „Wir werden die Binnennachfrage in den nächsten fünf Jahren erheblich stärken, um neue Wachstumsimpulse zu setzen“, hatte Chinas Vizepremier Zeng schon 2006 bei der Verabschiedung eines „Entwicklungsplans“ angekündigt und dann hinzugefügt:
    „Gleichzeitig müssen wir aber ein Gleichgewicht zwischen Konsum und Investitionen erzeugen.“ >> http://www.globalisierung-zaehmen.de/globalisierung185.html >
    Der Beitrag vieler bevölkerungsreicher Schwellen- und Entwicklungsländer und hier besonders von China und Indien zur Korrektur der globalen Ungleichgewichte scheint eine nachhaltige Entwicklung ihrer Volkswirtschaften zu sein. China hat schon ein Konjunkturprogramm über fast 600 Milliarden Dollar aufgelegt für den Ausbau der sozialen und Infrastruktur, für die Stärkung der Kaufkraft einheimischer Verbraucher, für den Auf- und Ausbau eines sozialen Netzes und der Altersvorsorge, um so die zu hohe Sparquote der Chinesen zu senken. Wenn andere Länder diesem Beispiel folgen und auch großzügige Konjunkturprogramme auflegen, dann würde das eine Anhebung des Lebensstandards der Mittelschichten und auch der ärmeren Schichten in diesen Länder bedeuten und dem Kampf gegen die Armut dienen.
    >> http://www.globalisierung-zaehmen.de/globalisierung194.html >
    Amerikas unverzichtbarer Beitrag zur Reduzierung der globalen Ungleichgewichte hat mit dem Abbau eines übertriebenen, Kredit finanzierten Konsums schon begonnen. Die lange bei Null stagnierende US-Sparquote wird steigen, damit die aufgehäuften Schulden der privaten Haushalte und die des Staates zurückgezahlt werden können. Des Weiteren wird ein sparsamer Umgang mit knapper und damit teurer werdender Energie und ein schonender Umgang mit den Ressourcen gepflegt werden. All das wird zur Reduzierung des Handels- und des Leistungsbilanzdefizits in den USA führen.
    Es darf weiterhin vermutet werden, dass die US-amerikanische Gesellschaft in den kommenden Jahre damit beschäftigt sein wird, sich von den Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu erholen, sich zu konsolidieren, angehäufte Schulden zurückzuzahlen. Sie wird weiter auflaufende Zinsen zu bedienen haben trotz wahrscheinlich sinkender Einkommen der Bürger und Steuereinnahmen des Staates. Im ungünstigen Fall erwartet die USA eine lange Phase der Deflation, wie sie Japan über Jahre heimgesucht hatte.
    „Bretton-Woods II“ kann die Weltwirtschaft stabilisieren.
    >> http://www.globalisierung-zaehmen.de/globalisierung39.html >>
    „Wir müssen das Fundament für Reformen legen, um sicherzustellen, dass sich eine weltweite Krise wie diese nicht wiederholt“, heißt es erstaunlich einmütig in der gemeinsamen Abschlusserklärung der führenden Industrie- und Schwellenländer in der G-20 und wir müssen „energische Anstrengungen zur Stabilisierung des Systems“ ergreifen. Zugleich einigten sich die G-20 Länder auf eine Reform der „Bretton-Woods-Institutionen“ (Internationaler Währungs-Fonds, Weltbank) mit dem Ziel zu, den veränderten weltweiten ökonomischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Die Schwellenländer und auch die ärmsten Länder sollen künftig größeres Gewicht erlangen. >>http://www.globalisierung-zaehmen.de/globalisierung137.html >>
    Auf einen ungewöhnlich umfassenden Aktionsplan von sieben Seiten mit knapp 50 Punkten haben sich die Staatschefs und Finanzminister der 20 größten Wirtschafts-Nationen auf ihrem Treffen in Washington verständigt.
    Bei der Bretton-Woods-Konferenz 1945 in den USA hatten sich 44 Staaten auf Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Zusammenarbeit verständigt, um zu verhindern, dass sich die Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre wiederholt. Das ursprüngliche „Bretton-Woods“- System hatte über Jahrzehnte durch ein festes System von garantierten Wechselkursen dem Weltfinanzsystem, dem Welthandel und der Weltwirtschaft Stabilität verliehen. Das System wirkte so lange stabilisierend, wie seitens der US-Regierung garantiert wurde, dass die Währung eines Landes jederzeit zu einem festen Kurs gewechselt werden konnte gegen Dollars, die vollständig durch Goldreserven abgesichert waren. Das „Bretton-Woods“- System hatte die Weltwirtschaft seit dem Zweiten Weltkriegs über zwanzig Jahre stabilisiert und der Weltwirtschaft eine lange Phase stabilen Wachstums beschert. Anfang der 70er Jahre wurde von den USA „Bretton-Woods“ in Folge des Vietnamkriegs einseitig aufgekündigt.
    Die Währungen begannen weltweit zu „floaten“ und der Spekulation, die in kürzester Zeit größte Gewinne verspricht, wurden Tür und Tor geöffnet. Die Folgen waren ein Anwachsen von Währungsturbulenzen und Krisenanfälligkeit des globalen Finanz- und Wirtschaftssystems, unter dem die Welt heute leidet.

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