29. September: Richard Wilkinson im Kreisky-Forum

Normalerweise würde ich das ja nicht so ultimativ sagen, aber in diesem Fall ist es angebracht: Diesen Termin sollte sich wirklich niemand entgehen lassen. Am Mittwoch, 29. September habe ich im Wiener Kreisky Forum den britischen Ungleichheitsforscher Richard Wilkinson zu Gast. Wilkinson hat gemeinsam mit Kate Pickett das Buch „Gleichheit ist Glück – Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind“ (Link zu Amazon) geschrieben. Ein Buch, das regelrecht eingeschlagen ist und seit dem vergangenen Frühjahr auch die sozialpolitische Diskussion im deutschsprachigen Raum prägt. Begeisterte Rezensionen setzte es von „taz“ bis „FAZ“. Meine Rezension aus dem Standard können Sie hier lesen.

In diesem Beitrag für die „Berliner Republik“ habe ich folgendes über das Buch geschrieben:

In Gesellschaften, die schroff in reich und arm gespalten sind, sind die Reichsten keineswegs besonders glücklich, im Gegenteil. Egalitäre Gesellschaften sind also für alle besser, nicht nur für die, die heute unterprivilegiert sind. Kurzum: Der Egoismus ist sogar für die Egoisten unkomfortabel. Und die Autoren stützen sich nicht nur auf sanfte Parameter wie „subjektive Lebenszufriedenheit“, sondern vor allem auf harte Lebensqualitätsparameter wie Lebenserwartung, Krankheitsrisiko, psychische Probleme, Gewaltkriminalität, Fettleibigkeit, Teenagerschwangerschaften, soziale Mobilität etc. Ungleichheit setzt alle unter Stress, die auf den unteren Sprossen der sozialen Leiter zahlen freilich den mit Abstand höchsten Preis. Deklassiertheit, Unterprivilegiertheit, materieller Mangel, gestörte soziale Beziehungen, kulturelle Abgehängtheit, Respektlosigkeit – all das grassiert in Gesellschaften mit krassen und wachsenden Ungleichheiten. Wenn die Gewinner in solchen Gesellschaften uns glauben machen wollen, Ungleichheit sei funktional für Prosperität, weil sie eben Leistung belohne, dann übersehen sie gerne die Kosten, die sie einer Gesellschaft damit aufbürgen. Wer in einer Gesellschaft mit verschärfter Statuskonkurrenz unten ist, der fühlt sich erniedrigt. Depraviertheit und Abgehängtheit macht psychisch krank, oft auch gewalttätig und lässt Menschen, die unter anderen Bedingungen ein gutes Leben führen und einen produktiven Beitrag zu einer Gesellschaft leisten könnten, absacken. Die sozialstaatliche Garantie des existentiellen Minimums kann daran nicht wirklich viel ändern. Wer Unten ist, wird täglich gemobbt, ist Respektlosigkeit ausgesetzt, Ziel fortwährender Kränkungen, ist zum Loser gestempelt, wird zum Opfer, und das heißt auch: hat keinen Subjektstatus mehr, ist nur mehr Objekt sozialarbeiterischer Verwaltung. Wenn viele Menschen täglichen Demütigungen ausgesetzt sind, dann verrotten Gesellschaften von innen. Die Datensätze und Forschungsergebnisse lassen also nur einen zwingenden Schluss zu: Gute Politik muss versuchen, das Wachstum grober Ungleichheiten an Einkommen und Vermögen zu verhindern. Nein, mehr noch: Sie muss diese Ungleichheiten verringern.

Im kommenden „Falter“ wird es übrigens ein ausführliches Interview mit Richard Wilkinson geben, es wird zeitgerecht auch hier veröffentlicht.

Also: Hinkommen. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Richard Wilkinson, 29. September, 19 Uhr Bruno Kreisky Forum, 1190 Wien, Armbrustergasse 15

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