Die Welt versus Wikileaks

Die gegenwärtige Causa-Prima – also, die Welt gegen Wikileaks – hat ja einige Aspekte, die man durchaus auseinander halten muss. Die heutige Festnahme von Julien Assange basiert auf Sachverhalten, über die man einerseits relativ viel weiß, deren Umstände zum Teil aber doch im Dunkeln liegen. Worum es genau geht, kann man hier nachlesen. Etwas schlüpfrig, streckenweise suggestiv. Aber informativ.

Davon doch (bis zu einem gewissen Grad?) unabhängig ist die konzertierte Aktion gegen Wikileaks. Provider-Abschaltungen in mehreren Ländern, gekündigte Konten bei Amazon, PayPal, die Sperre von Visa und Master-Card für Spenden an Wikileaks, der unsägliche Senator Joe Liebermann, der nicht nur Unternehmen zum Geschäftsabbruch mit Wikileaks drängt, sondern jetzt sogar schon Verfahren gegen die New York Times fordert, und zu allem Überdruss noch die bizarre Sarah Palin, der knackig formuliert, man solle Assange jagen und zur Strecke bringen wie Osama Bin Laden (wobei sie höchstwahrscheinlich nicht meinte, dass man ihn laufen lassen und neun Jahre nach ihm erfolglos suchen solle). Kurzum: Da wird mit vollen Kanonen geschossen. Der erste wirkliche „Info-War“, wie Wikileaks-Unterstützer dramatisch schrieben. Die Aktionen sind, zurückhaltend formuliert, etwas überzogen. Schlechter imperialer Stil der US-Regierung. Die amerikanischen Behörden bestätigen gerade all jene Vorurteile, die wir schon nicht mehr hatten.

Und das gilt auch dann, wenn man das Wikileaks-Ziel der totalen Transparenz und der radikalen Veröffentlichung von Herrschaftswissen nicht vollends teilt; selbst dann, wenn man die Meinung vertritt, dass es doch auch in der Regierungsverwaltung Bereiche des Vertraulichen geben sollte und wenn man der Obama-Regierung zubilligt, dass eine Regierung natürlich kaum eine andere Wahl hat als gegen solche Mega-Leaks zu reagieren. Die Für und Wider kann man lange diskutieren, dafür habe ich hier grade zu wenig Zeit. Ein längeres Stück von mir über die Ziele von Assange finden Sie im morgigen „Falter“ und später auch auf dieser Site.

Hier fürs Erste nur als Service ein paar Links zu wichtigen Dokumenten, damit sich jeder ein besseres Bild machen kann über das, was Assange antreibt, wie er „tickt“.

Hier ein ausführliches TED-Gespräch mit Assange.

 

Zwei wichtige „theoretische Texte“ von Assange, etwa sein Stück „Conspiracy as Governance“ finden sich hier.

Das streckenweise ziemlich wortgleiche „Wikileak-Manifetst“ hier.

Der Blog „Interesting Questions“ von Julian Assange, den er mittlerweile selbst abgeschalten hat, kann man hier im Archiv nachlesen.

Ein ziemlich ausführliches und frisches Assange-Interview im Forbes-Magazin findet sich hier

Und ein tolles Porträt aus dem „New Yorker“ findet sich hier.  

 

Eine gute deutschsprachige Darstellung von Assanges Thesen schlussendlich hier:

3 Gedanken zu „Die Welt versus Wikileaks“

  1. erwähnenswert sei hier noch das portrait in der süddeutschen:
    „Man hat sich in der Epoche der leidenschaftslosen Pragmatiker der Macht daran gewöhnt, dass man sich nicht mehr mit Theorien auseinandersetzen muss, um das Handeln der politischen Akteure zu begreifen.[…] Im Fall von Julian Assange begeht man aber möglicherweise einen großen Irrtum, wenn man ihn verstehen will, ohne sich mit dem auseinanderzusetzen, was er selbst über sein Weltbild geschrieben hat.“
    http://www.sueddeutsche.de/digital/wikileaks-gruender-julian-assange-der-gegenverschwoerer-1.1031477

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