Unkreative Zerstörung

Ein Gutteil der wachsenden Ungleichheit, fürchten Ökonomen, ist auf technologische Innovation zurückzuführen. Damit haben wir aber erstmals einen Kapitalismus, der Massenwohlstand zerstört, statt ihn zu mehren.

Ein Beitrag für „Austria Innovativ“

„Es ist doch überhaupt nicht klar, was daran ungerecht sein soll, wenn jene, die mehr produzieren, ein höheres Einkommen erzielen“ – Sätze wie diese waren vor zehn oder fünfzehn Jahren zu so etwas wie einem Common Sense geworden, und der Philosoph Harry Frankfurt brachte das Ressentiment gegen alles Gleichheitsstreben auf eine scheinbar eingängige Formel: „Es kommt darauf an, ob Menschen ein gutes Leben führen, und nicht, wie deren Leben relativ zu dem Leben anderer steht.“

Soll heißen: Ungleichheit ist ein relationaler Begriff – etwa von der Art: „jemand hat mehr/weniger als ein vergleichbarer Anderer“ -, doch das ist doch eigentlich eine irrelevante Aussage. Ungleichheit war praktisch kein Thema. Bestrebungen, Ungleichheit zu bekämpfen und somit mehr Gleichheit herzustellen, war etwas für altmodische Klassenkämpfer. Ziemlich zu jener Zeit schrieben Viktor Klima und Andreas Rudas das gegenwärtig gültige Parteiprogramm der SPÖ. Dem Geist der Zeit entsprechend kam darin das Wort „Gleichheit“ nur mehr als Kapitelüberschrift vor. Im Text selbst wird der Begriff nicht einmal erwähnt. Verschämt versteckt er sich hinter der Allerweltvokabel „Chancengleichheit“.

Wie fundamental anders ist gut 15 Jahre später die Diskurslage. Die dramatisch anwachsenden Ungleichheiten sind nicht nur in der politischen, sondern mehr noch in der ökonomischen Debatte zu einem zentralen Thema geworden. Dass Ungleichheit das Problem unserer Zeit ist, wird niemand mehr zu bestreiten versuchen, der halbwegs bei Trost ist. Der Ökonom Thomas Piketty hat ein ziegeldickes Fachbuch darüber geschrieben, das zu einem Weltbestseller wurde und seinen Autor zu einer Art Popstar der Wirtschaftswissenschaften machte. Nobelpreisträger wie Paul Krugman, Joseph Stiglitz, Robert Shiller machen die Ursachen und Folgen grober Ungleichheiten zu ihren zentralen Forschungsthemen.

Tech 5Doch so unbestritten das Problem grob anwachsender Ungleichheiten ist, so umstritten sind die Ursachen. Das liegt zu einem erheblichen Teil schon daran, dass mit „Ungleichheit“ nicht immer das selbe gemeint ist: Ist die Ungleichheit der Gehaltseinkommen gemeint? Die Ungleichheit der Einkommen, wenn man alle Einkommensarten heranzieht – also Gehaltseinkommen, Kapitaleinkommen und andere Zinseinkommen? Oder die Ungleichheit der Vermögen?

Klar ist von den Daten, dass alle drei Ungleichheitsarten zunehmen: Die Vermögen sind zunehmend ungleich verteilt – die obersten zehn Prozent besitzen in praktisch allen fortgeschrittenen kapitalistischen Marktwirtschaften rund zwei Drittel aller Vermögen, wobei wiederum die Hälfte davon auf das oberste Top-1-Prozent entfällt. Die Ungleichheit bei den Gehaltseinkommen nimmt ebenso zu wie die Ungleichheit bei allen Einkommensarten – heute konzentrieren das oberste eine Prozent der Einkommensbezieher schon wieder zwischen rund 10 Prozent (in den eher „gleichen“ Gesellschaften wie etwa Schweden) und knapp 25 Prozent (in ungleichen Gesellschaften wie den USA) – ein Ausmaß der Einkommensungleichheit, wie wir es seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nicht mehr kannten.

Was ist aber der Grund für diese Ungleichheiten? Die einen machen politische Gründe dafür verantwortlich – also die Wiedereinführung eines rabiaten Konkurrenzkapitalismus seit den Zeiten Ronald Reagans und Margaret Thatchers, mit Zurückdrängung von Gewerkschaftsmacht und Deregulierung von Arbeitsmärkten. Andere – wie etwa der US-Ökonom James K. Galbraith – wiederum die Deregulierung der Finanzmärkte, weil für sie die Daten den Schluss nahelegen, dass der überwiegende Teil der Zuwächse, die die Spitzenverdiener realisierten, via Finanzmarktoperationen zustande kamen. Thomas Piketty führt eine Reihe von Gründen an, legt aber das Hauptgewicht auf etwas, was man die Korruption der Superklasse nennen könnte – die Phatansieeinkommen von Spitzenmanagern, die in der Lage sind, ihre Gehälter faktisch selbst festzulegen und sich und ihresgleichen fette Boni zuschanzen. Weitere Erklärungen rücken die Globalisierung und den internationalen Handel ins Zentrum. Andere wiederum machen die Verwandlung des zeitgenössischen Kapitalismus in eine Wissensgesellschaft für die wachsende Ungleichheit verantwortlich, weil diese dazu führt, dass gut ausgebildete Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt heute eine extrem gute Verhandlungsposition haben, während mittelmäßig oder schlecht Qualifizierte sich praktisch mit den Brosamen begnügen müssen, die sie abbekommen („skill-biased Inequality“, nennen das die Fachleute, also durch Qualifikationen verschärfte Ungleichheit). Wie immer bei scheinbar sachlichen ökonomischen Debatten spielen die politischen Präferenzen der Forscher hier eine Rolle: Wer die wachsende Ungleichheit für einen Skandal hält, wird eher Erklärungen wie jene von Piketty favorisieren, wer die Ungleichheit für unvermeidlich und rechtfertigbar hält, wird eher die Erklärung durch Spitzenqualifikationen bevorzugen, weil in dieser das Argument mitschwingt, dass die Armutschgerln ja selbst schuld daran sind, dass sie abgehängt werden – hätten sie etwas gelernt, wären sie auch auf der Seite der Gewinner.

Tech 2Doch die Argumente beider Seiten haben natürlich immer auch ihre Schwachpunkte. Beispielsweise: Selbst wenn die Qualifikation eine wichtige Ursache ist, erklärt das noch nicht, warum früher ein Gefälle bei den Qualifikationen keine solch gravierenden Auswirkungen hatte, es heute aber schon hat. Es müssen also, selbst wenn an dem Argument etwas dran ist, noch weitere Faktoren hinzu kommen.

Ein solcher Faktor – ja: eigentlich eine eigene Spielart an Erklärung – ist der technologische Fortschritt. Also, kurzum, die Frage: Ist Technologie für die Ungleichheit verantwortlich?

Kurze Antwort: Auf irgendeine Weise leisten die technologischen Innovationen der jüngsten Zeit sicher einen Beitrag zur wachsenden Ungleichheit. Einschränkung: Aber die Gründe dafür sind umstritten, zumal „technologischer Wandel“ ein derart unklarer Sachverhalt ist, gewissermaßen eine Großphrase, in die man alles mögliche reinpacken kann.

Tech 3Anekdotische Evidenz für die These lässt sich jedenfalls leicht finden. So beträgt das Medianeinkommen im Silicon Valley 94.000 Dollar jährlich, während gleichzeitig 31 Prozent aller Arbeitnehmer für einen Stundenlohn arbeiten, der unter 16 Dollar liegt. Die schöne Formel, dass Reichtumszuwachs wie die Flut am Meer „alle Boote hebt“, trifft für Amerikas Tech-Boom-Region jedenfalls nicht zu – im Gegenteil, selten finden sich grobe Ungleichheiten auf so engem Raum konzentriert, rechnen die Forscher vom „Massachusetts Institute of Technologie“ im Technik-Review der Zeitschrift vor.

Tech 4„So wie ich die Daten interpretiere, ist Technologie die treibende Kraft des jüngsten Anstiegs der Ungleichheit“, sagt der MIT-Forscher Erik Brynjolfsson, der gemeinsam mit seinem Kollegen Andrew McAfee zu den führenden Forschern auf diesem Gebiet zählt.

Aber der Beitrag der modernen Technologien zur wachsenden Ungleichheit ist auf verschiedene Weise wirksam – die Wirksamkeit ist einleuchtend, aber deren Gewicht nicht immer ganz klar. Nur ein Beispiel: High-Frequency-Trading auf den Finanzmärkten gibt denen, die schon reich genug sind, um sich den Zugang zu avancierter Technologie leisten zu können, einen Vorteil gegenüber den Durchschnittsanlegern, die diesen Zugang nicht haben – welchen Anteil aber solche Vorteile an der Vermögensungleichheit haben, kann man freilich diskutieren. Natürlich gibt es einen „Economics of Scale“, der Big Player in eine vorteilhafte Position bringt. Aber war das nicht immer schon so? Dass der Teufel stets auf den größten Haufen scheißt, ist ja eine bekannte Redewendung, die wir auch schon vor der Erfindung von Glasfaserkabeln kannten.

Ähnlich fragwürdig sind auch andere Argumente, die auf dem ersten Blick plausibel klingen: Etwa das Argument, dass Leute mit bestimmten, hohen Qualifikationen – und hier vor allem technischen Qualifikationen, die von Softwareprogrammieren, Netdesign bis Versicherungsmathematik reichen -, heute immense Einkommen erzielen können, während alle anderen tendenziell unter die Räder kommen. Dieses Argument ist auf dem ersten Blick plausibel und hat viele Evidenzen auf seiner Seite, aber auch einen großen Schwachpunkt: Es unterstellt, dass der Großteil der Mittelklasse, ganz zu schweigen von der Unterschicht, einfach schlecht ausgebildet ist. Aber das ist natürlich Unsinn: In allen entwickelten Volkswirtschaften haben wir heute die bestausgebildete Generation auf dem Arbeitsmarkt, beinahe jeder junge Mann und jede junge Frau aus der Mittelklasse kann heute schon auf einen Universitäts-, Fachhochschulabschluss oder Vergleichbares verweisen. Der Punkt ist nur, dass das heute den meisten nichts mehr hilft. Während vor dreißig Jahren eine gute Qualifikation noch nahezu eine sichere Garantie für einen guten Job und ein gutes Einkommen war, ist das heute eben nicht mehr der Fall. Oder, wie das im Fachjargon heißt: die „Bildungsdividende“ geht heute für die allermeisten einfach nicht mehr auf. Eine halbe Generation gut ausgebildeter Leute hangelt sich von Praktikum zu schlecht bezahlten prekären Jobs und ist schon froh, wenn sie eine Anstellung ergattert, die etwas mehr an Cash bringt als die Wohnung kostet. Die Spaltung geht also nicht so sehr zwischen Gutqualifizierten und Unqualifizierten, sondern zwischen einem kleinen Teil der Gutqualifizierten und allen anderen. Wir nähern uns also einer „The-Winner-Takes-it-All“-Ökonomie an, bei der die Winner aber nicht unbedingt von ihrer Qualifikation profitieren, sondern eher einfach Glück in der Lotterie des Wirtschaftslebens hatten. „Die Einkommenszuwächse seit den neunziger Jahren waren in allen Bildungskohorten flach“, schreibt der Ökonom und Ungleichheitsforscher Colin Gordon im amerikanischen „Dissent“-Magazine, „und Angestellte mit einem College-Abschluss haben beinahe genauso viel an Boden verloren wie alle anderen“.

Tech 1Das Argument mit der Qualifikation ist deshalb nicht unbedingt falsch – bloß, es erklärt viel zu wenig. Wie halbwahr es ist, zeigt sich, wenn man den gegenwärtigen technologischen Wandel und den Strukturwandel der Ökonomie mit früheren technologischen Veränderungen vergleicht. Früher technologischer Wandel zerstörte auch Qualifikationen und radierte ganze Wirtschaftssektoren aus – aber das war nicht so schlimm, weil dadurch auch eine Vielzahl an guten Jobs entstanden. Die Industrialisierung zerstörte Jobs in der Landwirtschaft, schuf aber viele bessere Jobs in der Industrie. Die früheren Bauern und Landarbeiter kamen in den neuen Industrien unter und sie – oder ihre Kinder – schafften sogar einen gesellschaftlichen Aufstieg. Der Punkt ist aber, dass das heute offensichtlich nicht mehr so ist.

„Das Verhältnis von zerstörten Jobs zu geschaffenen Jobs in diesem Prozess ist hoch“, schreibt der US-Ökonom James K. Galbraith. „Viele, die ihren Job verlieren, sind nicht einfach arbeitslos, sondern überflüssig. Sie mögen vorher ein Qualifikationsdefizit gehabt haben; jetzt sind sie völlig unnütz.“ Kurzum: „Wir sind in ein Zeitalter eines technologischen Wandels eingetreten, der primär Lohnarbeit einspart… Es gibt weniger Jobs und weniger Leute haben damit ökonomische Möglichkeiten – und zwar auf nahezu jeder Stufe der Lohnpyramide.“

Das eigentliche Problem ist also: Technologie zerstört heute mehr Jobs als sie schafft. MIT-Forscher Brynjolfsson bestätigt diese These. Er zeigt gerne zwei Kurven, die faktisch für sich sprechen: die eine zeigt das Wachstum der Beschäftigung, die andere das Wachstum der Produktivität (also, grob gesprochen, den technologischen Fortschritt). Jahrzehntelang verliefen diese Kurven parallel, also mit dem Produktivitätsfortschritt wuchs der allgemeine Reichtum und damit wuchsen auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten aller Bürger, nicht nur der an der Spitze, sondern einer breiten Mittelschicht. Aber rund um das Jahr 2000 liefen diese Linien auseinander. „Die große Abkoppelung“, nennt das Brynjolfsson.

blogwertTechnologischer Wandel, der nicht nur manuelle Arbeit, sondern auch viele andere Tätigkeiten einspart, verändert die ökonomische Spielanordnung, was dann in weiterer Folge einen Anstieg der Ungleichheit nach sich zieht: Vielen Arbeitssuchenden mit normalen Qualifikationen stehen viel zu wenige Jobs gegenüber, was einen Abwärtsdruck bei den Löhnen zur Folge hat. Spitzengehälter sind nur mehr in speziellen Sektoren zu erzielen. Gerade in Branchen mit hoher Produktivität, in denen traditionell gute Löhne gezahlt wurden, werden vollständig robotisiert, während die Beschäftigung vor allem im Dienstleistungssektor ansteigt, in dem die Produktivität traditionell niedrig ist – und somit auch die Einkommen. Auf diese Weise führt Technologie zu Ungleichheit.

Wie das der Kapitalismus der Zukunft überstehen soll ist völlig unklar. Denn damit zeichnet sich ein Kapitalismus ab, wie wir ihn bisher nicht kannten: Einer, der ökonomischen Massenwohlstand nicht mehrt, sondern zerstört.

5 Gedanken zu „Unkreative Zerstörung“

  1. Interessant.
    Die Zerstörung von Arbeitsplätzen ist ein positiver Prozeß.
    Unser Problem ist , daß die Entwicklung der sozialen Intelligenz nicht mit der technologischen mithält.
    Arbeit ist nicht dazu da , um den Reichen weiter die Taschen zu füllen , sondern um für alle eine Verbesserung zu erreichen.
    In Gesellschaften , die vieles Materielle schon erreicht haben , kommt es darauf an , zu lernen , daß weniger mehr bedeutet , das Erreichte ist entsprechend umzuverteilen (nicht wie bisher , nach oben ) und Freiräume zu schaffen , z.B. durch mehr Freizeit.
    Dem steht aber leider entgegen , daß der Arbeitsplatz für Viele ihren Status bestimmt und daß dieser Status über die Maßen ernst genommen wird , quer durch alle Schichten , unten sogar etwas mehr als oben.
    Wir leben also in einer High-Tech – Gesellschaft , verhalten uns aber nach wie vor wie Affen , das wird auf Dauer nicht gut gehen , sonst folgt dem längst geschehenen Zusammenbruch der sozialen auch der Einbruch der technologischen Kompetenz.

    1. @Art Vanderley sagt: 25. Oktober 2015 um 17:48
      Es ist bemerkenswert, dass da mal jemand Intelligenz unterscheiden will in technologische und soziale, wovon die eine schneller wachse, als die andere – was für ein Humbug, der darauf zeigt, dass eventuell nicht klar ist, was Intelligenz ist.
      Intelligenz ist eine ausschliesslich menschliche Eigenschaft – jedenfalls solange, bie das anders nachgewiesen ist.
      Und was ist „sozial“? Eventuell alles, was dem Menschen unter Menschen Eigen ist?
      Eine „technologische Intelligenz“ gibt es nicht, eine „soziale ebenfalls nicht, sondern nur Intelligenz als soziale Eigenschaft, da diese nur unter Menschen wirksam sein kann.
      Nachdem dies geklärt ist, bleibt fest zu stellen, dass du da etliche beklagenswerte Symptome unserer Gesellschaft bebennst, zu recht, wie ich meine, aber leider ohne den geringsten Ansatz zur Veränderung solcher beklagenswerten Zustände.
      Schlage vor, man beschäftigt sich vor einer Kritik am System damit, was das ist, ein System, eine Ganzheit, auch Organismus. Nicht zu empfehlen ist die konstruktivistische Pseudosystemtheorie des Luhmann, der esotherische Denkgebilde mit Speziallexikon erstellt, aber an keiner Stelle SYSTEM erklärt, erklären kann – weil dann nicvhts mehr passt in seinem Zettelkasten.
      Anhand der Allgemeinen Systemtheorie des L.v.Bertalanffy kann man sehr wohl viel ermessen dazu:
      Wann haben wir eine Ganzheit, ein System, wie entsteht es, welche innere und äussere Begrenzungen, Schnittstellen, Elemente und Strukturen müssen existieren dazu usw. usw.
      Du wirst erstaunt sein, was sich an „Hebeln“ und „Ansätzen“ zur Veränderung von Systemen da anbietet, die für JEDES System Bedingung und Merkmal sind, damit auch für soziale Systeme, Ganzheiten, die sich der Kommunikation von INFORMATIONEN bedienen, aber selber keine solchen sind …
      Mal versuchen, „Klasse“, „Rasse“ und „Kapitalismus“ etc. gehören nicht dazu, da das lediglich sogenannte Kommunikationsprodukte in der Vorstellung einfacher Gemüter sind, aber leider keine lebendigen sozialen Ganzheiten bilden können.
      Vorab:
      Es gibt nur Ganzheiten, Systeme, alles sind Systeme.
      Es gibt nur offene Systeme, Ganzheiten, mit inneren und äusseren Strukturen und Schnittstellen, da geschlossene Systeme sich vom Austausch (innen wie aussen) abkoppeln und zum direkten Untergang verurteilt sind.
      Das Grundmodell eines dynamischen Organismus, der sich permanent neu selbst erkennen und steuern kann, ist geeignet, solchen komplexen Systemen wie den sozialen Modell zu stehen …

      Unkreative Zerstörung ist nichts anderes, als die Unfähigkeit, sich in der erforderlichen Veränderung der eigenen Elemente und Komponenten fehlleistend dem Untergang auszuliefern, eine kreative Zerstörung wäre wohl die erfolgreiche weil systemisch passend regulierte Veränderung, Bewegung …
      Soziale Systeme sind MENSCHEN, sie können nicht mal so probeweise unkreativ zerstört werden …
      Alle Aktion geht ins Leere, wenn nicht das soziale System in seiner konkreten Sozialität erfasst und benannt wird, im Allgemeinen ist das bei Sozialen Systemen der Anspruch, naturgemäss kooperativ (wie bei der Systementstehung) zum Nutzen der Teile des Systems zu handeln, eben systemisch, organisch, was dem widerpricht, zerstört System, unkreativ …

      Alle Girlanden drumherum landen nach der Feier nur im Müll, bewirken nichts

  2. In einem (globalen) Markt produziert unabhängig vom eigenen Bedarf jeder das, was er oder sie am billigsten kann. Danach verteilt der Arbeitsmarkt Anrechtscheine auf das gemeinsam Produzierte, und nach diesem Umweg über den Finanzmarkt kann jeder auf dem Gütermarkt aus einem globalen Angebot das auslesen, was seine Bedürfnisse optimal befriedigt. Je globaler der Markt desto grösser scheinbar diese Vorteile der Spezialisierung, der Skalenerträge und der Nutzenoptimierung. Es wächst aber auch die Distanz zwischen Konsum und Produktion. Das Informationsproblem potenziert sich wie beim Turmbau von Babel.

    Die Lücke klafft vor allem auf vier Ebenen: Erstens bei der Ausrichtung der Produktion auf die Bedürfnisse. Zweitens bei der Kenntnis und Internalisierung der Kosten. Je globaler die Wirtschaft, desto grösser die Möglichkeiten, ja der betriebswirtschaftliche Zwang, die Kosten nicht zu senken, sondern auf andere abzuwälzen. Drittens bei der Verteilung des gemeinsam Produzierten. Viertens bei der Verwaltung der Anrechtsscheine. Die Fleischindustrie eignet sich bestens, um diese vier Punkte zu illustrieren und um ein Gefühl für deren Bedeutung zu entwickeln.

    Das Beispiel der globalen Fleischindustrie illustriert vier erhebliche Mängel einer zunehmend globalisierten Marktwirtschaft: Sie produziert meilenweit an den Bedürfnissen vorbei. Sie wälzt die Kosten ab, statt sie zu senken. Sie trägt zu einem aufgeblähten Finanzsektor bei. Und sie fördert die Ungleichheit und schwächt so die Nachfrage.

    Sollen wir deshalb zur Selbstversorgung zurückkehren? Die Frage ist nur für Ökonomen rhetorisch. Wir sind längst da. Auch heute noch wird mehr als die Hälfte der Arbeitszeit geldlos geleistet – in Familie, Nachbarschaft, Vereinen. Die Grenzen sind fliessend. Wir können sie verschieben durch familienfreundliche Arbeitszeiten, einen besseren Städtebau und staatliche Eingriffe in die Verteilung. Wir können auch den Markt besser organisieren. In der Fleischindustrie sollte man damit anfangen.
    http://www.flassbeck-economics.de/wein-aus-portugal-tuch-aus-england-fleisch-aus-deutschland-was-uns-die-fleischindustrie-ueber-die-oekonomie-lehrt/

    1. „Sollen wir deshalb zur Selbstversorgung zurückkehren?“

      Jein.
      Nein, weil wir uns nicht umfassend selbst versorgen können, bei grösster Mühe geht das nicht mehr.
      Ja, weil JEDE Versorgung eine Selbstversorgung im Sinn sein muss, indem grundsätzlich das Prinzip der gegenseitigen Hilfe, der mutualistischen Kooperation zum herrschenden Arbeits- und Wirtschaftsprinzip gemacht wird – was uns gar nicht so schwer fallen dürfte, angesichts unserer gleichartigen evolutionären Entstehungsgeschichte:
      Nur die erfolgreiche Kooperation und gegenseitig positive Bezogenheit setzte sich dauerhaft durch, biologisch, organisch, systemisch, sozial, und entwickelten sich …

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