„Der Aufstand der Dummheit“ (Leseprobe)

Gerade rausgekommen: Mein kleines Büchlein „Der Aufstand der Dummheit“. Erschienen in der „Edition a“. 112 Seiten, 16,95.- Euro

 

Inhalt: 

Schwarmdummheit.  – Ein Aufstand der Dummheit? – Trump – Dämon und Clown zugleich – Blödmaschinen – Dummdreist.  – Besser: Ein Aufstand der Vernunft.

Hier ein paar Takte aus dem dritten Kapitel:

Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist im Kontext unseres Themas dennoch ein markanter, irritierender Punkt. Nicht so sehr deshalb, weil jemand eine Wahl gewann, der mit simpelsten Botschaften das Publikum umgarnte und sich als Fürsprecher der „regular guys“, also der „normalen Leute“, kostümierte. Das tun Marine Le Pen, Heinz-Christian Strache, Recep Tayyip Erdoğan oder Viktor Orban auf ihre Weise auch. Aber deshalb würde niemand Le Pen, Strache, Erdoğan oder Orban für dumm halten. Im Gegenteil: Sie sind sogar äußerst intelligent und geschickt, entwickeln sie ja eine Rhetorik und eine politische Selbstpositionierung, die es ihnen erlaubt, ihr Wählersegment nach und nach zu erweitern. Sie schüren Ängste, präsentieren sich als Retter in der Not, etablieren einen Diskurs des „Wir“ gegen „Sie“, stellen die Einheimischen gegen die Migranten, aber auch die „normalen Leute“ gegen die Eliten und das Establishment und positionieren sich selbst als diejenigen, die als einzige noch dem „einfachen, kleinen Mann“ zuhören, der sich oft als Vergessener fühlt – und das nicht zu Unrecht.

Was bei Trump aber speziell irritierte, ist die Tatsache, dass er in all dem übertrieb. Mit seinen Lügen, seinen Gaga-Botschaften, mit seiner Gigantomanie, seiner Kommunikation auf Grundschulniveau, seiner durch keine Selbstreflexion angekränkelte Prahlsucht, seine raubeinige Unhöflichkeit, seinen Umgang mit Frauen, seine „Greif ihr an die Muschi“-Skandale, seine Selbstverliebtheit, seine gefährliche Unfähigkeit, komplexe Sachverhalte auch nur zu begreifen. Kurzum: Was hier so verstörte, ist, dass diesmal nicht ein kluger Politiker auf raffinierte Weise eine „Politik der Dummheit“ betrieb – sondern dass hier jemand am Werke war, der selbst auf ostentative, demonstrative Weise dumm zu sein scheint.

Schön sprechen, vernünftig argumentieren, klug abwägen, Fakten würdigen, erst nach Abwägung aller Umstände und möglicher Gesichtspunkte urteilen – all das, was bisher als politisch eigentlich neutrale Leitlinie klugen Handelns erschienen ist, wird aus solcher Perspektive zur Herrschaftstechnik der Eliten

Und einen solchen Mann wählen knapp 63 Millionen Menschen? Obwohl der so dumm ist? Das wollten viele zunächst nicht verstehen. Sind die Leute selbst so dumm, dass sie die Dummheit Trumps nicht einmal merken? Oder sind sie derartig wütend und enttäuscht von der Elitenpolitik, dass sie selbst einen Vollhonk in Kauf nehmen, nur damit der Status Quo ein Ende nimmt?

Eine noch verstörendere Antwort gibt Georg Seeßlen in seinem kleinen, aktuellen Büchlein „TRUMP! Populismus als Politik.“ Was wir als Europäer nicht verstehen, ist, dass Trump seit Jahrzehnten ein Selbstbild der Simplizität kreiert hat, sich gewissermaßen zur populären Figur machte, die fest im Figurenfundus der Pop-Kultur verankert ist. Pop-Figuren, von der klassischen Hollywood-Figur des simplen Mannes aus dem Westen, der das Herz am rechten Fleck hat, nach Washington geht und dort mit den korrupten Eliten aufräumt bis zu Donald Duck, dieser etwas beschränkten, aber ehrlichen Enten-Haut. Gerade das, was uns als schreiend dumm erscheint, macht womöglich die Attraktivität von Trump aus. Kurz und überspitzt gesagt: Sie haben ihn also nicht gewählt, obwohl er dumm ist – sondern weil er „dumm“ ist. Soll heißen: Weil er ein einfach gestrickter Simpel ist, ist er jene Art des Volkshelden, der sich durch nichts angeleitet als durch Zorn und Hausverstand gegen die Eliten mit ihrem Intellektuellenwissen stellt, das alles so kompliziert macht und doch zu nichts anderem da ist, als das Volk zu verwirren und die Herrschaft der Eliten zu stabilisieren.

Wenn an dieser Analyse nur ein wenig etwas dran ist, dann müssen wir das in seiner ganzen Bedeutung erst einmal begreifen und verdauen. Dann hat ein nicht unwesentlicher Teil von Trumps Wählern ihn nicht allein deshalb gewählt, um zu protestieren oder der Elitenkultur eines auszuwischen; sie haben seine offensichtliche Schlichtheit dabei auch nicht einfach billigend in Kauf genommen; diese war gewissermaßen Teil seiner Attraktivität. Gerade diese Schlichtheit, seine Ausstrahlung als Simpel, als einer, der schräg und quer zu allen Elitendiskursen und deren Vernunftgebote steht, erlaubte es, eine Stimmabgabe für Trump als rebellischen Akt zu sehen. Hier bekommt die Titelwendung dieses Buches – „der Aufstand der Dummheit“ – nun tatsächlich einen tieferen Sinn. „Vernünftig sprechen“ wird dann als terrorisierendes Gebot von Establishment und Elite angesehen, „gleich nach ‚politisch korrekt‘ sein“, wie das Seeßlen formuliert.

Schön sprechen, vernünftig argumentieren, klug abwägen, Fakten würdigen, erst nach Abwägung aller Umstände und möglicher Gesichtspunkte urteilen – all das, was bisher als politisch eigentlich neutrale Leitlinie klugen Handelns erschienen ist, wird aus solcher Perspektive zur Herrschaftstechnik der Eliten, der man sich entzieht, der man in die Parade fährt, indem man für das demonstrative Gegenteil stimmt.

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