Bis zum Hals im Dreck

Warum regieren sich ÖVP-FPÖ-Koalitionen immer binnen kürzester Zeit ins Kriminal?

Wir haben jetzt zwei Mal in den vergangenen zwanzig Jahren eine ÖVP-FPÖ-Regierung gehabt, und in beiden Fällen regierten sich die beiden Parteien binnen kurzer Zeit ins Kriminal. Die Korruptionsorgien der Schüssel-Haider-Regierung beschäftigen heute noch die Gerichte. Und beim zweiten Experiment haben sie es geschafft, in nur 17 Monaten so viel – und so blöd – anzustellen, dass jetzt schon wieder fast gegen die halbe Regierung ermittelt wird.

Hätten wir in Österreich nicht unsere nationaltypische Gelassenheit gegenüber windigen Politikern und Wirtschaftsfuzzis, müsste einem vor Staunen ja eigentlich das Frühstücksbrot aus dem Mund fallen. Von den letzten Finanzministern sind drei als Angeklagte oder Verdächtige in Ermittlungsverfahren geführt (Grasser, Pröll, Lögar), beim letzten Vize-Kanzler, dem Finanzminister, dem Klubobmann der Regierungspartei (und einigen mehr) finden Hausdurchsuchungen statt. Es wurde nicht einmal mehr die Fassade gewahrt. Leute wurden in Spitzenfunktionen der staatsnahen Wirtschaft gehievt, die nicht einmal pro forma den Eindruck erwecken konnten, qualifiziert zu sein oder den Transparenz- und Ausschreibungskriterien zu genügen.

Zur Unverschämtheit kam Dummheit noch hinzu. All das haben die Beteiligten nicht in verrauchten Hinterzimmern flüsternd bei einer Zigarre und besten Wein besprochen – sie haben es sich auch noch per WhatsApp und SMS ausgedealt. Man soll ja keine Worte benutzen, die Menschen als beleidigend empfinden können – aber wie soll man Leute nennen, die sich derart „vollidiotisch“ benehmen? Man bespricht doch keine Staatsgeheimnisse auf SMS und WhatsApp, selbst dann nicht, wenn es um Unverfänglicheres als mutmaßlich kriminelle Ämterschiebereien geht. Leute, die so irre agieren sind einfach Sicherheitsrisiken und haben nicht mal als Portier in einem Ministerium etwas zu suchen. Es gibt ja auch Geheimdienste, Hacker, Google – die lässt man einfach mitlesen? Dümmer geht’s wirklich nicht.

Für die Korruptionsstaatsanwaltschaft – und für uns, das staunende Publikum – ist das natürlich ein Geschenk des Himmels. Wir können jetzt schwarz auf weiß nachlesen, wie man in diesen Kreisen agiert und tickt. „Erzähl ihm einfach, wie toll ich bin“, sagt der FPÖ-Günstling seinem Paten, der es für ihn richten soll. Jener Günstling, den für den Finanzvorstand der Casinos nur die Tatsache qualifizierte, dass er gelegentlich Lotto spielt.

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Noch ärger: Ertappt, schalten die schwarz-blauen Netzwerke auf Vorwärtsverteidigung. Der einstige Kanzleramtsminister will natürlich nichts gewusst haben von all dem (könnte man doch mal auf seinem Handy nachsehen, wie wär’s, Herr Staatsanwalt?), und die FPÖler tingeln durchs Fernsehen, und sagen, naja, aber das ist doch immer in Österreich so. Nein. Die Bussi-Bussi-Gesellschaft der Reichen und Mächtigen ist schlimm genug, aber derart ohne jeden Genierer ist auch in Österreich unerreicht. Außerdem ist es das letzte, was ich von einem Täter hören will: dass er auf andere zeigt. Wer bis zum Hals im Mist steht, der soll mal möglichst akkurat den Dreck vor der eigenen Türe wegräumen.

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