Druck von Links – schafft das die SPÖ?

Manche „Siege“ fühlen sich ja wie Niederlagen an, und so lecken die Grünen ihre Wunden und beklagen die Kompromisse, die sie eingehen mussten. Gerade in der Wirtschafts- und Sozialpolitik hat der Regierungspakt eine lupenreine türkise Handschrift und in der Integrationspolitik ist da auch noch viel zu viel Zeug drin, das nach „Härte“ klingt aber am Ende nur Schaden anrichten wird. Sebastian Kurz hat jedenfalls schon innerhalb weniger Tage alle enttäuscht, die hofften, er könnte jetzt in die Mitte rücken. Selbst die bayrische CSU, früher der Inbegriff des harten Konservativen, wirkt im Vergleich zur ÖVP mittlerweile beinahe linksradikal.

Aber wie sieht es mit der Opposition aus? Lassen wir die Freiheitlichen beiseite, die sowieso noch im völligen Chaos stecken. Für die Sozialdemokraten ist die Lage gar nicht rosig. Fundamentalopposition geht sowieso nicht, da eine ÖVP-Grüne-Koalition nichts ist, was man „prinzipiell“ ablehnen kann. Da kann man sich nicht als die Verteidigerin von Pluralismus, Liberalität und Demokratie gegen autoritäre Orbanisierung positionieren. Sondern man muss zeigen, dass man es besser kann.

Für eine alte Arbeiterpartei sollte das in erster Linie auf dem Feld der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik und in den vielen anderen Themenbereichen gelingen, die Leben und Alltag der normalen, hart arbeitenden Menschen betreffen, vom Wohnungsbau über das Mietrecht bis zur Pflege. Aber auch das wird nicht so einfach. Denn die schlimmsten Giftzähne haben die Grünen der ÖVP schon gezogen. Die Abschaffung der Notstandshilfe wird nicht kommen, die Pensionen auch nicht gekürzt, und sogar die niedrigsten Niedriglöhne zu heben hat die Regierung in ihr Programm aufgenommen. Die Abschaffung der Hacklerregelung wird die SPÖ zwar bekämpfen, aber entscheidende Punkte macht man damit nicht. Und der Familienbonus ist zwar ungerecht, da er jene benachteiligt, die das Geld am nötigsten bräuchten. Aber da fast alle Steuerzahler mit Kindern davon profitieren, ist der Bonus dennoch populär – gerade bei klassischen SPÖ-Wählerinnen und -Wählern. Es wird nicht so einfach, die Kurz-und-Kogler-Koalition als Regierung der sozialen Eiseskälte hinzustellen.

Wenn man als die Partei angesehen wird, die dafür sorgt, dass es wieder gerecht zugeht, wäre das noch kein großes Drama. Aber für welches Thema steht die SPÖ wirklich? Für Mindestlöhne von 1700 Euro? Für sicherere Arbeitsplätze? Für weniger Angst um den Job? Für eine Wirtschaftspolitik, die nicht nur dem Fetisch Nulldefizit nachrennt, sondern ordentlich in die Zukunft investiert, damit die Leute auch morgen noch anständige Jobs haben? Für den Respekt vor den einfachen Leuten? Ja, all das und noch viel mehr gehört zum Forderungsbestand der SPÖ, aber ob das die meisten Leute heute sofort, spontan und instinktiv mit der Sozialdemokratie verbinden?

Man kann an Pamela Rendi-Wagner viel kritisieren, aber dass es ihr diese Ausgangslage ziemlich schwierig machen wird, ist nicht ihre Schuld. Die SPÖ wird sich jetzt richtig anstrengen müssen, wenn sie als die bessere Alternative angesehen werden will.

Die Grünen werden absurderweise hoffen müssen, dass die SPÖ wieder auf die Beine kommt. Denn je mehr Druck von links es gibt, umso mehr Druck können sie in der Regierung auf Sebastian Kurz machen.

Gastkommentar für Oe24.at, 13. Jänner 2020

Ein Gedanke zu „Druck von Links – schafft das die SPÖ?“

  1. nein, das wird nix. das problem ist schon, daß die spö völlig unfähig ist, oppositionsarbeit zu machen. nach deiner theorie ist fundamentalopposition jetzt nicht möglich, weil ja schwarzgrün nich gar so des teufels ist. nur: sie konnten es auch nicht unter der früheren regentschaft des gesalbten und sie konnten es auch nicht in den regierungszeiten des schweigekanzlers. sie können es prinzipiell nicht.
    das ist das mit der „politischen dna“, die in letzter zeit so gerne bemüht wird. aber parteien haben ihre geschichte und ihre erfahrungen, quasi ein kollektives unbewußtes, durchaus im jungschen sinn:
    https://akinmagazin.wordpress.com/2020/01/15/die-sache-mit-der-dna/
    (da gehts zwar hauptsächlich um die grünen, aber vor allem eben um die wirkmächtigkeit von parteigeschichte.)

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