Endspiel der Merkel-Ära

Thüringen und die Folgen: Die Unionsparteien werden jetzt in eine schwere Krise taumeln. Die SPD kann plötzlich die Mitte wieder gewinnen. Jetzt bräuchte sie nur einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin.

Es ist ein historischer Dammbruch: Nicht nur gegen den bisherigen Konsens der Demokraten, auch gegen jeden Wählerwillen wählte der thüringische Landtag heute einen FDP-Mann zum Ministerpräsidenten, und zwar mit den Stimmen von CDU und der faschistischen AfD. Zur Erinnerung: der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte mit seiner Partei „Die Linke“ nicht nur Platz eins haushoch verteidigt (31,0 Prozent) und 2,8 Prozentpunkte zugelegt – die FDP hat es mit 5,0 Prozent überhaupt nur hauchdünn in den Landtag geschafft und stellt jetzt den Ministerpräsidenten. Das ist schon absurd genug.

Der FDP-Mann Kämmerich kam aber nur als Marionette der AfD ins Amt, jener AfD, deren Frontmann Björn Höcke zum Rechtsaußen-Flügel der Rechtsaußenpartei gehört. Die örtliche AfD-Jugend nennt sich Höckejugend, was sich praktischerweise schön mit HJ abkürzen lässt. Wie er tickt und denkt, hatte Höcke erst vor einigen Monaten klar gemacht. Deutschland drohe der „Volkstod“, sagte er in einem Interview. Der nationale Widerstand, so Höcke, solle sich angesichts seiner Schwäche zunächst mit der Etablierung „gallischer Dörfer“ befassen, vor allem in Ostdeutschland, denn dort sei „noch großes Potential vorhanden“, um „das inhumane Projekt einer Migrationsgesellschaft zu stoppen“. Aus diesen „Keimzellen des Volkes“ heraus soll die Machtübernahme betrieben werden, also der Umschwung. „In der erhofften Wendephase stünden uns harte Zeiten bevor, denn umso länger der Patient die drängende Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig die erforderlichen Schnitte werden…. Eine neue politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben (…), die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“ Sowohl die politischen Gegner als auch die völkisch Fremden könnten aber in diesem Prozess einer ethnischen Säuberung nicht geschont werden. „Menschliche Härten“ und „wohltemperierte Grausamkeit“, seien nun leider nicht zu vermeiden. Höcke: „Mit deutscher Unbedingtheit“, sei „die Sache gründlich und grundsätzlich anzupacken“, denn „wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen“.

Höcke ist also ein fanatischer Bürgerkriegsfan – und mit so jemand machen Union und FDP gemeinsame Sache.

Es ist eine derartige Schande. Und das werden Union und FDP nicht aushalten.

Was bedeutet das nun? Es ist kaum wahrscheinlich, dass das moralische Debakel von Union und FDP als lokale Eigenart durchgeknallter Spinner abgetan werden kann. Die Merkel-CDU ist jetzt in einer schweren Führungskrise. Für die Kanzlerin ist das Verhalten ihrer Parteifreunde in Thüringen eine Demütigung. Gerade in Westdeutschland ist aber auch die Brandmauer nach Rechts noch intakt. Weder CDU- noch FDP-Wähler wollen hier eine Partei wählen, die mit Faschisten koaliert. Die SPD wiederum kann jetzt in der Großen Koalition auch kaum zur Tagesordnung übergehen.

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CDU und FDP im Bund werden nun in eine schwere Krise schlittern. Einerseits können sie ihrer Partei in Thüringen schwer reinreden oder gar Befehle erteilen, andererseits wird ihr Elektorat im Westen in schwere Aufregung geraten. Die Frage: „Würdet ihr auch im Bund mit Faschisten koalieren? Warum soll man Euch noch Glauben schenken?“ wird sie ab jetzt überall verfolgen.

Angela Merkel, sowieso im Herbst ihrer Kanzlerschaft, könnte nun noch früher als gedacht ans Ende ihrer Ära kommen.

Die SPD wiederum hat die Chance, sich als klare, demokratische Partei der Mitte zu positionieren, und von der CDU und FDP Stimmen zu gewinnen. Gerade hat sie ein Vorsitzenden-Duo gewählt, das noch nicht so richtig im Amt angekommen ist und eine neue Balance erprobt – die beiden eher „linken“ Vorsitzenden auf der einen Seite (ohne Ministeramt), die Regierungspolitiker der Partei auf der anderen Seite. Um die Frage, wer die Partei als Kanzlerkandidat_in in die nächste Wahl führen könnte, hat sie sich bis jetzt drücken können. Aber nun könnte die Zeit drängen. Und überzeugendes Personal könnte plötzlich viel höhere Chancen haben, als man dachte. Denn von der schweren Krise, in die CDU und FDP jetzt taumeln werden, würden primär Grüne und SPD profitieren.

Gefühlsmäßig würde ich sagen: die SPD hat jetzt alle Chancen, wenn sie neben den beiden Parteivorsitzenden eine_n Kanzlerkandidat_in positioniert, die einen ordentlichen Track-Record in der Bundesregierung und eine Street-Credibility als Vertreter einer Kleine-Leute-SPD haben. Da gibt es, realistisch gesehen, nur zwei: das kann Franziska Giffey sein oder auch Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil.

Ein Gedanke zu „Endspiel der Merkel-Ära“

  1. https://www.youtube.com/watch?v=MlklBKcIvRE
    Zur AUFKLÄRUNG von wegen harmlose Linke (in Thüringen), böhse AfD: Linke-Politiker werden auch in Thüringen vom Verfassungsschutz beobachtet, es sitzen in den Reihen der Linke-Abgeordneten auch im Erfurter Landtag mehrere ehemalige STASI-MitarbeiterInnen, Linke-PolitikerInnen beteiligen sich an gewalttätigen Demonstrationen inkl. Steinwürfen gegen die Polizei und vor allem: Ramelow und Co. sind noch im Jahr 2020 der Meinung, die DDR war KEIN Unrechtsstaat (!!!!) – und mit solchen Leuten soll man als Demokrat bzw. demokratische Partei koalieren???!! – Herr Misik, ich kann Sie nicht ernst nehmen!!!

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