Wenn die Heimhilfe und der Altenpfleger streiken

Stress, geringe Einkommen und wenig Anerkennung verursachen Arbeitsleid. Dagegen gibt es jetzt Warnstreiks.

Unsere Politdebatten im Schlagzeilenmodus: Sebastian Kurz gegen die Justiz; die Grünen, die von der ÖVP-Machtmaschine überfahren werden; Pamela Rendi-Wagner, die sich mit einer trickreichen Vertrauensfrage den Rücken stärken lassen will. Und so weiter.

Und dann gibt es die wirklich wichtigen Dinge, die es aber selten zu langen Berichten im Fernsehen schaffen. In diesen Tagen haben die Beschäftigten in der „Sozialwirtschaft“ mit Warnstreiks begonnen. Das sind die Angestellten und Arbeiterinnen von unzähligen, meist kleinen, manchmal auch größeren Sozialunternehmen. Die einen betreuen Kinder nachmittags in der Schule, die anderen sind in der mobilen und in der stationären Pflege beschäftigt, wieder andere in der Anti-Drogen-Therapie. Von der kleinen Institution bis zur vergleichsweise großen Volkshilfe, dem Arbeiter-Samariter-Bund oder den Maltesern. Sie machen die wichtigste Arbeit, nämlich die, die eine Gemeinschaft zusammen hält: sie pflegen unsere Alten, bringen dem Opa die Medikamente heim, machen mit Kindern die Hausaufgaben, geben Langzeitarbeitslosen einen Sinn und eine Aufgabe.

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Es ist eine mühselige und vor allem auch belastende Arbeit. Manchmal körperlich, wenn man alte Menschen unter die Dusche oder ins Rettungsauto hieven muss. Fast immer ist das auch emotional aufreibend. Denn die Betreuer haben durchtaktete Zeit, bauen aber auch eine Beziehung zu den Menschen auf und können ja auch nicht einfach alles fallen lassen, wenn die Zeit um ist, aber etwas Unvorhergesehens eintritt. Sie haben einen Stress, den ihnen niemand bezahlt, und wissen nicht mehr wo ihnen der Kopf steht. Und müssen doch auch immer freundlich sein.

Diese hart arbeitenden, tollen Leute, von denen die meisten das Herz am rechten Fleck haben, rackern 38 Stunden in der Woche, wenn sie Vollzeit angestellt sind. Aber so lange kann man das eigentlich nicht aushalten. Dafür gibt es, je nach Job und Dienstalter, zwischen 1700 und 2500 Euro Brutto im Normalfall. Man denke, was einem davon netto bleibt – viele Sprünge kann man damit nicht machen. Die allermeisten arbeiten aber nur Teilzeit. Und das eher nicht freiwillig. Denn den Firmen fehlt es oft einfach an Geld – das bekommen sie ja vom Staat. Jetzt demonstrieren die Beschäftigten dafür, dass wenigstens eine 35-Stunden-Woche eingeführt wird. Das würde für die Wenigen in Vollzeit weniger Belastung bedeuten, für die Vielen in Teilzeit mehr Geld.

Aber es geht da nicht nur um den einen Hunderter mehr oder die halbe Stunde weniger am Tag. Diese Menschen haben ein Anrecht darauf, dass ihnen Respekt zukommt. Dass die Arbeit geschätzt wird. Ja, es geht auch um eines: das Gefühl, dass man sich aufeinander verlassen kann. Dass man solidarisch miteinander ist, statt das sich jeder nur um sich kümmert. Rein technisch gesehen ist das ein Arbeitskampf, wo Gewerkschaften gegen „Arbeitgeber“ stehen. Aber die Arbeitgeber sind in dem Fall ja keine großen Konzerne, sondern Vereine und gemeinnützige Gesellschaften, die nur das Geld ausgeben können, das ihnen Bund und Länder zur Verfügung stellen. Im Grunde streiken sie gegen eine Politik, die sich um so viel Unwichtiges sorgt, aber auf die Menschen vergisst, und auch noch – siehe Regierungsprogramm – Steuergeschenke an die Großkonzerne plant.

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