SPÖ: Bitte jetzt aber alle an einem Strang ziehen

In einer Wirtschaftskrise ist wirklich keine Zeit mehr für kleinliche Spielereien.

Die Corona-Pandemie haben wir jetzt für’s erste im Griff, auch wenn sich da niemand falschen Illusionen hingeben darf. Eine Pandemie ist nicht besiegt, solange vor unserer Haustüre noch ein, zwei tausend Infizierte unerkannt herum laufen. Aber im Moment richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf die zweite große Krise: die Wirtschaftskrise.

600.000 Menschen sind arbeitslos, über eine Million in Kurzarbeit, und einige hunderttausende kleine Selbstständige und Freiberufler, Künstler und Wirte haben schwerste Einkommensverluste. Viele dieser Menschen haben schiere Existenzangst.

Da die Regierung sowieso seit Wochen ihre tägliche Show abzieht, sprechen wir einmal von der Opposition, namentlich den Sozialdemokraten. Die haben seit 1945 mit einigen kurzen Unterbrechungen immer im Land (mit-)regiert, sie kennen sich aus damit, wie man eine Wirtschaft aus der Krise führt, und als die Partei der ganz normalen, einfachen Leute wären sie dafür geschaffen, die Interessen jener zu artikulieren, die grade wieder auf die raue Seite des Lebens fallen.

Der SPÖ geht es in einigen Bundesländern sehr gut, in Wien gewinnt Michael Ludwig immer mehr an Zuspruch, in Kärnten und im Burgenland hat sie die absolute Mehrheit, aber die Bundespartei hat viele Turbulenzen hinter sich. An der Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner wurde viel herum gemäkelt, oft war das gehässig, manchmal auch berechtigt. Jetzt hat sie sich dem Votum der Parteimitglieder gestellt und wurde von 71 Prozent bestätigt. Und noch besser: Es haben fast 70.000 Menschen mitgestimmt, was zeigt, dass es genügend Leute gibt, denen an ihrer Partei etwas liegt.

Ist Ihnen freie Publizistik etwas wert? Robert Misik, IBAN AT 301200050386142129 / BIC= BKAUATWW

Klar, in politischen Parteien wird diskutiert, und da schlägt man sich immer wieder Wunden. Das ist in der SPÖ übrigens nicht anders als in anderen Parteien. Wenn man lange Konflikte hinter sich hat, hat man vielleicht auch eine verfestigte schlechte Meinung übereinander. Das kennt auch jeder, der einen normalen Job hat: Den einen Kollegen hat man lieber, der andere nervt seit Jahren schon.

Aber jetzt sollten die Führungsleute und alle anderen in der SPÖ aufhören damit. Okay, ihr hattet 2007 mal einen Konflikt, oder 2016? Geschenkt. Aber come on, es ist 2020! Da alte Kämpfe weiter zu fechten ist doch Kindergarten.

Alleine wird Pamela Rendi-Wagner die SPÖ in der Opposition nicht flott bekommen. Die wichtigen Leute in der Partei müssen sie dabei unterstützen. Sie braucht ein Team um sich, das funktioniert. Aber sie braucht auch eine Mannschaft guter Politiker um sich herum, die verschiedene Bevölkerungsgruppen ansprechen, die auch verschiedene Kompetenzen haben. Sie ist Gesundheitsexpertin, aber es braucht auch kraftvolle Wirtschaftspolitiker und Gewerkschaftsvertreter, die wie Löwen um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Kein Mensch kann alles können. Keiner hat Erfolg als Solospieler. Nicht einmal Helene Fischer kriegt das hin. Ohne die Leute um sich herum könnte sie höchstens unter der Dusche singen.

Viel wichtiger als die Frage, wer jetzt besser oder schlechter im Fernsehen ankommt ist: schafft es die SPÖ, bessere Konzepte auszuarbeiten, wie wir aus dieser Krise kommen? Schafft sie es, wieder zur Schutzmacht jener zu werden, die ansonsten vergessen werden oder unter die Räder kommen? Das ist schließlich ihre Aufgabe, seit jeher schon und auch in Zukunft.

Österreich, 11. Mai 2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.