Putin verstehen

Vladimir Putin galt als Demokrat und bewunderte Augusto Pinochet. Nachdem er sich ins Präsidentenamt trickste, beginnt er mit einer Seilschaft hartgesottener KGB-Leute, Russland zur autokratischen Despotie umzuwandeln.

Ich habe in den vergangenen zwei Monaten viele tausend Seiten an Unterlagen und Büchern über die Vladimir Putins Aufstieg, seine Ideen, sein Selbstbild, seine Selbstzeugnisse gelesen, über das Machtnetzwerk, das er etabliert hat, über Ideologie und Weltbild der wichtigsten Figuren – einfach um die Situation, in der wir sind, selbst besser zu verstehen. Ich werde hier jetzt in loser Folge in vier oder fünf Teilen aufschreiben, was mir am Interessantesten erscheint. Ich beginne mit Putins Aufstieg und seinem Machtnetzwerk, werde mich in Folge zwei der großrussischen Ideologie widmen, die mehr und mehr zu einem lupenreinen faschistischen Weltbild wurde und dann den Netzwerken, mit denen der Westen korrumpiert, manipuliert und infiltriert wurde. Bleiben Sie dran. Und wenn Ihnen diese Serie etwas Wert ist – dankeschön. Link ist unten. 

„Ein Hooligan“, sei er gewesen, erzählte Vladimir Putin in einem Interview vor mehr als zwanzig Jahren, auf seine Jugendtage angesprochen. Auf die ungläubige Frage des Interviewers, ob er damit nicht ein wenig übertreibe und flunkere, erwiderte Putin: „Wollen Sie mich beleidigen? Ich war ein echter Schläger.“ Masha Gessen, die amerikanische Journalistin russischer Herkunft, erinnert in ihre Biografie „The Man Without a Face: The Unlikely Rise of Vladimir Putin“ an diesen Wortwechsel.

Putin selbst ist immer wieder auf diese Geschichten zurückgekommen, hat die Straße „meine Universität“ genannt. Er habe viele Schläge einstecken müssen und auch entwürdigende Erfahrungen gemacht und mehrere Schlüsse daraus gezogen, erzählt er gerne, etwa, dass man einen guten Grund brauche, um eine Schlägerei zu beginnen. Unter den vier Grundsätzen, die er aus seiner Gangsterzeit mitgenommen habe, ist auch „Schluss Nummer drei: Ich habe gelernt, dass man – egal ob ich im Recht war oder nicht – stark sein müsse. Ich musste in der Lage sein, dagegenzuhalten… Schluss Nummer vier: Es gibt keinen Rückzug, du musst bis zum Ende kämpfen. Letztendlich war es das auch, das ich später im KGB gelernt habe, aber im Grunde wurde mir das schon viel früher beigebracht – in diesen Kämpfen als Junge“ (zitiert nach: Mr. Putin: Operative in the Kremlin, by Fiona Hill and Clifford G. Gaddy).

Vielleicht gibt uns diese Geschichte einen Einblick in das Denken von Vladimir Putin, wie er „tickt“. Vielleicht aber auch nur, wie er gesehen werden will. Denn, daran erinnern Fiona Hill und Clifford G. Gaddy in ihrem Buch „Mr. Putin: Operative in the Kremlin“, es sind die Geschichten, wie sie Putin selbst erzählt. Vieles aus Putins Vergangenheit liegt im Dunkeln, ist von Geheimniskrämerei umgeben, voller schwarzer Flecken, und der KGB-Mann (und Kontrollfreak) Putin lässt ja nichts zufällig raus. Er erzählt Geschichten nicht ohne Absicht, seit Beginn seines Aufstiegs basteln er und seine Entourage und seine Spin-Doctoren auch am öffentlichen Image von Putin herum. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen, nichts ist ohne Absicht. Wenn Putin hier das Bild eines Mannes zeichnet, der als Straßengangster begonnen hat, nie aufgeben wird und eine Schlägerei bis zum bitteren Ende führen wird, weil Aufgeben keine Option sei – dann will er genau so wahrgenommen werden, sprich, er will, dass andere vor ihm Angst haben.

Man muss das bei den Quellen, die uns zur Verfügung stehen, immer mitbedenken. Bei jeder „Entdeckung“, die man in den Archiven macht, muss man im Kopf haben, dass er möglicherweise will, das wir diese „Entdeckung“ machen.

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Der vierundzwanzigste Februar, der Tag, an dem die russischen Invasionstruppen die Ukraine überfielen, hat die gesamte Existenz verfremdet. Nicht nur der große Massenkrieg ist in die Geschichte zurück gekehrt, nach Europa. Das größte Land des Kontinents hat immerhin das zweitgrößte Land des Kontinents überfallen. Aber auch die Illusion einer relativen Friedensordnung – also einer Architektur, in der grosso modo Gewaltfreiheit in den europäischen Beziehungen herrscht, wenngleich es in Kapillaren und Peripherie zu Kriegen kommen kann – ist zu Ende. Dass eine imperiale, autokratische Macht ihre Nachbarn, ja die gesamte Europäische Union bedroht, dass eine neue Blockkonfrontation beginnt, dass man Frieden nur durch glaubhafte militärische Abschreckung bewahren kann, ja, sogar dass ein großer Flächenkrieg möglich ist – all das ist plötzlich wieder denkbar. Dass Globalisierung und die wirtschaftlichen Verschränkungen, die gegenseitige Abhängigkeit durch Handel, aber auch durch innerindustrielle Lieferketten Krieg de fakto „unführbar“ machen, dass der Preis für Gewalt so hoch ist, dass ihn keine Seite zahlen würde wollen, diese scheinbare Gewissheit ist vorbei. Dass das Illusionen waren, geschenkt, hinterher ist man immer klüger. Aber so absurd waren diese Annahmen ja nicht, sondern sind es erst, wenn man sich die Geschichte von hinten her erzählt. Aber wenn man den Ausgang – also den Fehler – schon kennt, ist es immer leichter, klüger zu sein. Das ist keine große Kunst.

Wer ist also dieser Putin? Was treibt ihn an? Was sind seine ideologischen Anschauungen? Welcher Geist motiviert die russischen Machthaber, also das Konglomerat aus mächtigen Akteuren im inneren Machtapparat, die Eliten drum herum, welche Selbstbilder bestimmen die öffentliche Meinung, welche Ansichten von der Welt, und wie tief ist das ins Bewusstsein „normaler“ Russen gedrungen? Wie sehr ist das Land im Griff einer Propaganda? Und wer sind die Leute um Putin herum? Gibt es die überhaupt noch? Oder hat er nach und nach eine Tyrannei etabliert, die in eine Ein-Personen-Herrschaft übergegangen ist? All das sind Fragen, mit denen wir uns plötzlich beschäftigen müssen und die die allermeisten im Westen allzu lange offenbar ignoriert haben – sodass es darauf keine völlig befriedigenden und sicheren Antworten gibt.

Spulen wir zurück. Es ist der 31. Dezember 1999. Der letzte Tag des Jahrtausends. Boris Jelzin, der erste Präsident der russischen Föderation tritt überraschend zurück. Niemand hatte damit gerechnet. Aber er – und seine Entourage – verfolgen einen Plan. Er übergibt die Präsidentschaft verfassungsgemäß an den Premierminister, an Vladimir Putin, der zu diesem Zeitpunkt noch keine fünf Monate als Ministerpräsident amtiert. Putin ist zu diesem Zeitpunkt tatsächlich ein „Mann ohne Gesicht“. Er ist nicht völlig unbekannt, aber bei weitem nicht so eine exponierte Figur wie viele andere Spitzenpolitiker Russlands.

Jelzins Umfragewerte liegen im Keller. Jelzin war in den achtziger Jahren der Ungestümste der Reformer in der KPdSU, war Moskauer Parteichef, wird aus dem Politbüro ausgeschlossen, gilt als der Demokrat unter den Spitzenkommunisten. Als die alte Garde gegen Michail Gorbatschow und seine Öffnungspolitik putscht, ist es Jelzin, der den Umsturz zum Scheitern bringt. Es sind pathetische Bilder, als Jelzin auf einen Panzer klettert und eine Rede hält. Mit dem gescheiterten Putsch kehrt aber nicht Gorbatschow an die Macht zurück, die reale Macht geht vom Präsidenten der Sowjetunion und dem KP-Chef Gorbatschow an den Präsidenten der russischen Föderation, Jelzin über. Die Sowjetunion löst sich auf, auch an der Peripherie Russlands beginnen Abspaltungen. Es sind die Jahre des chaotischen Zerfalls, an den Rändern, aber auch im Inneren. Wenn die Ordnung zerfällt, tun alle, was sie wollen. Die Wirtschaftsleistung fällt, einige werden schnell reich, bringen auf kriminelle Weise Volksvermögen ins Ausland, sacken sich Reichtümer ein, andere nützen die Gunst der Stunde, schlecht vorbereitete Privatisierungen, um sich für wenig Geld Milliardenvermögen anzueignen. Teilweise bricht die Versorgung zusammen, Jelzin lässt auf das Parlament schießen.

Putin, zuvor als KGB-Mann in Dresden, landet als stellvertretender Bürgermeister in Sankt Petersburg, seiner Heimatstadt, wo er an der Peripherie in Wohnblocks, in einer Arme-Leute-Gegend aufgewachsen ist und als Straßenrowdy das Leben kennen gelernt hat. Der Bürgermeister, Putins Chef, ist damals Anatoli Sobtschak, ein ehemaliger Rechtsprofessor, der Anführer der Demokraten, der berühmteste russische pro-westliche Reformer. Er ist eine strahlende Figur, ein großer Redner, aber offenbar kein besonders guter Organisator. Dafür hat er Putin, seinen Stellvertreter, der lautlos all die Dinge tut, für die Sobtschak kein besonderes Talent hat. Putin tut sich mit der Mafia zusammen, die damals den Hochseehafen in Sankt Petersburg in der Hand hat. Putin ist mit seinen KGB-Leuten verbunden, zugleich schließt er Bündnisse mit dem organisierten Verbrechen. Es wird ein Muster, das wohl beibehalten wird. Zugleich baut es schon auf Mustern aus der Vergangenheit auf. Es lag ja in der Natur der Geheimdienste, dass sie über etablierte, klandestine Kanäle verfügten, um Waren ins Land zu schleußen, westliche Technologien zu beschaffen, Gelder im Gegenzug ins Ausland zu transformieren, all die Dinge, die in der Sowjetunion nötig waren, um das Land am Laufen zu halten. Diese Kanäle waren da, sie waren weiter brauchbar. Ob man schwarze Kassen und sinistre Kanäle für die Staatwirtschaft oder für die private Bereicherung benützt, egal, sie funktionieren. Die Allianzen, die Putin mit den Paten der kriminellen Schattenwirtschaft und den mafiösen Neureichen schließt, sie sind mit vielen Geheimnissen umgeben. Ins Rampenlicht tritt der kleine, eher zart gebaute Mann sowieso nicht. Als Sobtschak später abgewählt wird, wechselt Putin nach Moskau in den Kreml, auf einen Organisationsposten im Präsidentenstab. Dort steigt er schnell auf. „Er war folgsam wie ein Hündchen“, so Sergej Pugatschow, damals im Kreml eine große Nummer (zitiert nach: Catherine Belton: Putins People. How the KGB Took Back Russia and Then Took on the West).

Putin rückt zum stellvertretenden Stabschef auf, danach zum Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, dem Nachfolger des KGB. Als er Premierminister wird, übernimmt sein Kumpan Nikolai Patruschew als Chef des Geheimdienstes. Einige Jahre später wird er unter Präsident Putin Chef des Nationalen Sicherheitsrates. Mit Putin übernehmen die alten KGB-Seilschaften die Macht.

Aber noch ist Putin ein unbeschriebenes Blatt und er gilt als Demokrat und Liberaler. Immerhin kommt er aus Sobtschaks Stall. Und Sobtschak war der Posterboy der Demokraten. Jelzin macht Putin zu seinem Nachfolger, um den Demokraten die Macht zu retten. Denn ohne waghalsiges Manöver hätten, so die Befürchtung, Leute wie KP-Chef Sjuganow, der Moskauer Bürgermeister Luschkow oder der alte KP-Haudegen Primakow die besten Chancen auf einen Sieg bei der Präsidentschaftswahl gehabt. Die Jelzin-Leute hatten Angst, dass dann das Rad zurück gedreht wird, dass der alte Machtapparat zurück kommt (und außerdem, dass sie für ihre eigene Korruption juristisch belangt werden). Es ist, nachträglich gesehen, ein Treppenwitz der Geschichte: Um die Rückkehr der alten KP-Seilschaften und der Staatswirtschaft zu verhindern, hat man Putin und seinen KGB-Leuten die Tür geöffnet. Es sollte eine fatale Fehleinschätzung sein.

Was Putin und seine KGB-Truppe auszeichnet ist mehrerlei: List, die Fähigkeit, langfristige Pläne zu verfolgen und ausreichende Brutalität.

Putin legt in einer Fernsehansprache und einem großen Essay – bekannt unter dem Titel „Millennium Botschaft“ – zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme 1999 seine Sicht dar. Russland ist als Macht abgestiegen, spielt nicht einmal mehr eine zweit-, sondern eine drittrangige Rolle, die Ordnung im Staat ist zerfallen. Sie müsse wieder hergestellt werden, erklärt er.

„Es wird nicht so bald geschehen – falls es überhaupt jemals geschieht – dass Russland eine zweite Ausgabe von, beispielsweise, den USA oder Großbritannien wird, deren liberale Werte tiefe historische Traditionen haben“, schrieb er. „Für Russen ist ein starker Staat keine Abnormalität, die man loswerden will. Im Gegenteil, sie sehen ihn als Quelle und Garant der Ordnung an und als Initiator und hauptsächliche Triebkraft für jeden Wandel.“

Bereits 1993 hatte Putin – damals noch stellvertretender Bürgermeister von Sankt Petersburg – keinen Hehl aus seinen Auffassungen gemacht. Damals hatte das „Neue Deutschland“, die ehemalige Tageszeitung der DDR-Staatspartei SED, über eine öffentliche Debatte folgendes zu berichten gewusst, eine Notiz, die weitgehend unterging, da niemand den unbekannten Funktionär als besonders bedeutend wahrnahm:

„Wladimir Putin, Zweiter Bürgermeister von Sankt Petersburg und Vorsitzender des Komitees für Außenbeziehungen der Sechs-Millionen-Stadt, hat vor deutschen Wirtschaftsvertretern deutlich gemacht, dass eine Militärdiktatur nach chilenischem Vorbild die für Russland wünschenswerte Lösung der gegenwärtigen politischen Probleme wäre. …

Putin antwortete auf Fragen von Vertretern von BASF, Dresdner Bank, Alcatel und anderen, die im ehemaligen Petersburger DDR-Generalkonsulat zusammentrafen.

Dabei unterschied Putin zwischen „notwendiger“ und „krimineller“ Gewalt. Kriminell sei politische Gewalt, wenn sie auf die Beseitigung marktwirtschaftlicher Verhältnisse abzielen, „notwendig“, wenn sie private Kapitalinvestitionen befördere oder schütze. Er, Putin, billige angesichts des schwierigen privatwirtschaftlichen Weges eventuelle Vorbereitungen Jelzins und des Militärs zur Herbeiführung einer Diktatur nach Pinochet-Vorbild ausdrücklich.

Putins Ausführung wurden sowohl von den deutschen Firmenvertretern als auch von dem anwesenden stellvertretenden deutschen Generalkonsul mit freundlichem Beifall aufgenommen.“ (Quelle)

Es ist ein Kreis von Hardlinern aus den Sicherheitsdiensten, allen voran aus Putins KGB-Seilschaften, der nach dem Amtsantritt Putins zur Jahrtausendwende vor 22 Jahren die Geschicke im Kreml bestimmt und die Macht immer mehr konsolidiert hat. Und am Ausgangspunkt von all dem steht Krieg. Mit dem Krieg gegen Tschetschenien, der abtrünnigen Provinz im Nordkaukasus, begann Putins Machtspiel. Bombenanschläge in mehreren Wohnhausanlagen in Moskau wurden tschetschenischen Terroristen angelastet, und es ist nie völlig aufgeklärt worden, ob diese Anschläge nicht vom KGB inszeniert wurden, um eine Intervention in Tschetschenien zu rechtfertigen. Jedenfalls erlaubte der Krieg Putin, sich als couragierten und entschlossenen Kriegsherrn mit volkstümlicher Sprache zu präsentieren („Wir werden sie in ihrem Scheißhaus ausräuchern“, erklärt er) und so seine vorher praktisch unmessbare Popularität so weit hoch zu treiben, dass er die regulären Präsidentschaftswahlen im Mai 2000 zu gewinnen imstande ist und nun nicht mehr bloß als verfassungsmäßiger provisorischer Präsident sondern erstmals als gewählter Präsident amtiert. Es gibt eine bizarre TV-Dokumentation vom Wahlabend: Boris Jelzin, der Putin ins Amt gehievt hatte, greift zum Telefon, um seinen politischen Ziehsohn zu gratulieren. Doch der ist nicht am Telefon. Ein Mitarbeiter wimmelt Jelzin ab und verspricht, Putin werde zurück rufen.

Doch der Anruf von Putin kommt nie. Jelzin, schon schwer gezeichnet, scheint dennoch zu dämmern: Der Schützling hat sich unabhängig gemacht.

Schritt für Schritt konsolidiert Putin seine Herrschaft. Die „Oligarchen“, also jene Freibeuter, die die Jahre der chaotischen Privatisierung genützt hatten, werden entmachtet, besonders jene, die unter Verdacht stehen, sie könnten in die Politik oder auch nur in die öffentliche Meinung eingreifen wollen, wie Boris Beresowski (der Mann, der mit seinem Medienimperium Jelzins zweiten Wahlsieg gesichert hatte, verlässt das Land und wird Jahre später in London tot in seinem Badezimmer aufgefunden, er hat seinen Lieblingskaschmirschal um den Hals geknotet) oder Michail Chodorkowski, der einstige KP-Jugend-Star, der bereits ab den achtziger Jahren im Wirtschaftskarussell zu Vermögen kommt (nach Jahren im Straflager lebt der einstmals reichste Mann Russlands nun in London im Exil). Die anderen dürfen ihr Vermögen behalten, wenn sie das Primat Putins akzeptieren und beim Umbau der Wirtschaft zu einem KGB-Kapitalismus mitmachen. Viel mitreden dürfen sie nicht mehr. Die neuen „Oligarchen“ sind eigentlich keine mehr, sondern KGB-Funktionäre, die an die Spitze von Staatsbetrieben platziert werden und dort Putins korruptes System absichern. Sie sind keine Oligarchen, sondern üben sozusagen nur den Job des Oligarchen aus, was nicht heißt, dass sie sich nicht Milliarden auf die eigenen Konten verschieben dürfen. Die pluralistische, offene Gesellschaft wurde wie in einem schleichenden Putsch immer mehr abgewürgt. Oppositionelle wurden auf offener Straße erschossen, wie Boris Nemzow, oder die legendäre Journalistin Anna Politkowskaja, die in ihrem Treppenhaus abgeknallt wird, Kritiker oder abtrünnige Mitwisser mit chemischen Kampfstoffen vergiftet,  und bei der „Befreiung“ von Geiseln während einer bis heute nicht gänzlich aufgeklärten angeblichen tschetschenischen Kommandoaktion wurde in Moskau mit Gas vorgegangen, was zum Tod von 130 Geiseln führte. Die letzten Putin-Gegner sind nach Sibirien deportiert, unabhängige Medien sind praktisch gänzlich ausgelöscht. Nach 22 Jahren Putin-Herrschaft hat sich wieder die Despotie über Russland gesenkt.

Wer im „System Putin“ heute wirklich die Macht hat, weiß niemand so genau. Sicher ist nur: Da ist Nikolai Patruschew, der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, ein KGB-Mann, der seit bald dreißig Jahren an Putins Seite agiert; da ist Sergei Naryshkin, der Chef des Auslandsgeheimdienstes, der aber vor dem Einmarsch in die Ukraine bei einer inszenierten öffentlichen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates vor laufenden TV-Kameras selbst von Putin lächerlich gemacht wurde; da ist Sergei Shoigu, der Verteidigungsminister, der Berichten zufolge auf den Posten kam, nachdem sein reformorientierter Vorgänger, der mit der Korruption in der Armee aufräumen lassen wollte, abgesetzt wurde (Fachleute halten es für durchaus möglich, dass die endemische Korruption im militärischen Komplex der Grund für die fragwürdige Performance des Militärs im Ukraine-Feldzug ist); da ist Igor Setschin, der schon in Sankt Petersburg als Putins Sekretär arbeitete, mit ihm dann in Jelzins Präsidialkabinett übersiedelte, und nun das Ölkonglomerat Rosneft leitet, das nach der Bündelung von einstigen Oligarchen-Firmen zu einem staatlichen Mega-Konzern wurde (Gerhard Schröder ist dort Aufsichtratsvorsitzender). Setschin ist, auch seiner Mimik wegen, als „Darth Vader“ Russlands bekannt. Da ist Gazprom-Chef Alexei Miller, auch er aus Jelzins Sankt Petersburger Seilschaft – als Chef des Hochseehafens war er gewissermaßen Verbindungsmann zur organisierten Kriminalität. Da ist Putins Sprecher Dimitrij Petrov, längst mehr als ein Pressesekretär – seit 22 Jahren steht er schon dem Autokraten zur Seite (näheres zu Putins Machtzirkel siehe hier oder hier oder hier beziehungsweise die oben schon zitierten Bücher).

Wer aus diesem Clan tatsächlich Einfluss auf Putin hat, ob Teile dieser Gruppe Entscheidungen mit Putin kollektiv treffen, weiß heute niemand so genau. Noch einigermaßen fix ist, dass Patruschew der Einflussreichste aus dieser Truppe ist. Ideologisch dürfte es kaum Differenzen geben, eher ist anzunehmen, dass diese Schattenmänner aus den Sicherheitsdiensten noch radikaler als ihr Chef selbst sind. Allesamt sind sie radikale Konservative mit Schlagseite Richtung Faschismus, die Russland als antiwestliche Macht sehen, das Land als ideologischen Gegenspieler gegen die liberale, plurale Geisteswelt des Westens, als Bollwerk der christlichen Tradition, der Familienwerte usw. und die von der Demokratie nicht viel halten, dafür umso mehr von der autokratischen Tradition Russlands. Petruschew vertritt die antiwestlichen Ideen noch begeisterter und durchgeknallter als das Putin tut. „Vater und Mutter werden im Westen in Eltern Nummer Eins und Eltern Nummer Zwei unbenannt“, phantasiert Patruschew schon einmal, „Kinder dürfen sich ihr Geschlecht aussuchen und in manchen Gegenden ist man schon so weit, dass die Ehe mit Tieren legalisiert wird“. Bei Sitzungen flucht er und fährt die Leute mit Schimpfwörtern an, „und wenn du nicht zurückholzt, dann wird er dich nicht respektieren. Er versteht keine andere Sprache“, so berichtet eine Quelle Catherine Belton.

Die Führungsfiguren aus KGB- und Sicherheitsapparaten, die mit Putin gemeinsam an die Macht kamen, sind allgemein als die „Siloviki“ bekannt, gewissermaßen als „die Harten“, die „harten Männer“. Ziemlich klar ist aber, dass der innere Kreis, mit dem Putin das Land führt, immer enger wird. Putin ist damit auch zunehmend isoliert, eine Abkoppelung von der Realität, die durch die Covid-19-Pandemie noch verschärft wurde. Gerüchten zufolge hat sich Putin mit noch weniger Menschen als sonst getroffen, wer zu ihm vorgelassen werden wollte, musste sich tagelang selbst isolieren. Die grotesken langen Tische, mit denen Gesprächspartner auf Abstand gehalten werden, sind offenbar nicht nur Machtdemonstrationen, sondern auch zur viralen Gefahrenabwehr gedacht. Je kleiner der Kreis einer verschworenen Truppe, deren Ideologie von der Vorstellung getragen ist, dass Russland vom Westen überrumpelt, bedroht, gefährdet ist, umso größer kann auch die Paranoia sein, in die sich ein immer kleiner werdendes Küchenkabinett selbst hineinschraubt. Prozesse der sukzessiven Selbstradikalisierung kleiner Gruppen, die sich nur mehr wechselseitig bestätigen, wären nicht das erste Mal in der Geschichte zu beobachten. Denkbar ist das alles, auch wenn es natürlich frappierende Brüche in der Logik gibt: Einerseits hält man den Westen für dekadent, ohne Werte, verzärtelt, wehrlos, post-heroisch quasi und damit für schwächlich, andererseits ist man besessen von der Idee, dieser Westen könnte Russland angreifen? An sich ist das nicht wirklich schlüssig, aber andererseits, wenn man in einen ideologischen Tunnel einmal drin steckt, ist alles schlüssig, da wirkt dann schon ein Indiz und dessen exaktes Gegenteil gleichzeitig als Bestätigung der eigenen Ideologie.

Ob dieser engste Kreis der „Siloviki“ überhaupt noch ein akkurates Bild von der Realität erhält, ist sowieso fragwürdig. Öffentlich zugänglichen Nachrichten vertraut man nur beschränkt, da man annimmt, der Westen habe überall seine Finger drin und alles sei vom Feind inszeniert, somit also unglaubwürdig, andererseits gibt es – wie in autokratischen Tyranneien nicht ungewohnt – kaum mehr jemanden, der es wagt, den obersten Chefs oder gar dem Präsidenten die Wahrheit zu sagen. Dass Putin seit Jahren nur von Ja-Sagern umgeben ist, neben seiner höflichen Seite auch eine sehr jähzornige Seite hat und die Speichelleckerei genießt, ist allgemein bekannt. Dass ein Staatsführer, der seit Jahren von allen Seiten nur hört, wie großartig er sei, üblicherweise auch ein nahezu pathologisches gigantomanisches Selbstbild entwickelt, ist sowieso evident. Dazu muss man noch gar nicht eine besondere narzisstische Störung haben, die kommt dann, salopp gesprochen, von ganz alleine. „Irgendwann stieg ihm das zu Kopf“, meint Sergej Pugatschow. Leute hielten Toasts auf Putin mit Wendungen wie „du bist ein Geschenk Gottes“, wundert sich Pugatschow, „und er genoss das richtiggehend“ (zitiert nach Belton, siehe oben).

Putin verstärkte seinen Griff über sein Land, regierte mit harter Hand, legte Städte in Trümmer, ließ seine Kritiker vergiften – und dennoch kam er damit durch. In einem Prozess der Selbstradikalisierung positionierte er das schwache Russland, das er übernahm, als Herausforderer der liberalen, pluralistischen Demokratie und ließ keinen Zweifel daran, dass er Russland wieder zu imperialer Stärke führen würde. Und dennoch wurde er im Westen hofiert. Es ist nicht so, dass man das nicht gesehen hatte. Aber der Westen hatte keine Strategie, und so steckte man den Kopf in den Sand und hoffte, dass es schon nicht so arg kommen werde. Dabei schaffte es Putin sogar, ein wenig populär zu werden – sogar im Westen. Listig ist er ja, und seine keineswegs bedrohliche Statur, aber auch seine Fähigkeit, als selbstironisch rüber zu kommen, ließ viel zu viele in den Glauben, er wäre am Ende eben doch rational. Er sei autoritär, weil ein unregierbares Riesenreich eben einen gewissen Grad an Tyrannei brauche – so dachten manche, die der Entspannungspolitik anhängen und bis zuletzt auf die Überzeugung setzten, dass nicht geschossen wird, solange geredet werde. Andere im Westen waren noch mehr beeindruckt, von den Werten traditioneller „Männlichkeit“, die er inszenierte, und weil er gegen die Homoehe, den liberalen Mainstream, gegen die Nato wetterte, wurde er von der radikalen Rechten als ihr Pate anerkannt und von manchen Linken als Kämpfer gegen die US-Hegemonie bewundert – oder zumindest respektiert. Dabei erwies er sich auch als virtuoser Könner, dem es durchaus gelang, seine verschiedenen Zielgruppen zu bedienen. Verwirrung beim Gegner stiften, das lernt man beim KGB. Dass er perfekt deutsch spricht und als KGB-Statthalter in Dresden auch ein gewisses Gespür für westliche Diskurse entwickelte, hat ihm dabei sicherlich geholfen. Gelogen hat er oft genug – aber verdammt oft hat Putin auch offen gesagt, was er vorhat und wie er die Welt sieht und vor allem, wie er die Welt verändern möchte. Wir haben nur nicht gut genug zugehört. Er hat vor unser aller Augen und Ohren eine imperiale Ideologie entwickelt, die russisch-nationalistische, autokratische und spirituell-religiöse Elemente vereinte. Wir wollten es nur nicht hören. Oder wahrhaben. Wir dachten, er hat ein zynisches Verhältnis zu diesen „Narrativen“ und „Ideologien“, dass das gewissermaßen „nur“ Geschichten seien, die er erzählt, Gerede, weil sie ihm halt nützen. Möglicherweise war das ja auch so. Aber wahrscheinlich ist das das einzige, dem gegenüber Putins Leute nicht zynisch sind – diese Auffassung von der russischen Größe, der Pflicht, stark zu werden, denn wer schwach ist, der werde geschlagen, diese Idee vom Imperium.

„In Russlands Geschichte während des 20. Jahrhunderts hatten wir die unterschiedlichsten Perioden“, hatte Boris Jelzin Mitte der neunziger Jahre in einem hellsichtigen Moment erklärt. „Monarchismus, Totalitarismus, Perestroika, und, schließlich, den demokratischen Entwicklungsweg. Jede dieser Etappen“, bemerkte Jelzin, „hatte ihre eigene Ideologie. (…) Aber jetzt haben wir keine.“

Putin und seine „Siloviki“ haben diese Lektion gelernt. Und von Beginn an eine neue ideologische Erzählung entwickelt. Doch anders als es in Jelzins Bemerkung gedacht war, haben sie kein ideologisches Fundament für eine russische Demokratie entwickelt – sondern ein Fundament für die Zerstörung der Demokratie und die Wiedererrichtung der imperialen Autokratie.

Aus welchen Prinzipien und Postulaten diese Ideologie besteht, auf welche historischen Denker Putin sich beruft und wer diese Ideologien auf der Welt verbreitet lesen sie in einigen Tagen hier in Folge II.

Lesen Sie in Folge II: „Das beleidigte Russland, das sich aufrichtet“ – Wie Vladimir Putin die Geschichte erzählt.

Lesen Sie in Folge III: Putins Netz. Wie der Kreml den Westen infiltrierte, um den Westen zu spalten.

7 Gedanken zu „Putin verstehen“

  1. nochmals danke für den sehr informativen artikel.
    ich erlaube mir aber einen einen einwand:
    zwei freunde von mir (casino-business bzw. bnd-aufklärung) waren in den 90ern etliche jahre in russland und sind dort berufsbedingt (mehr als ihnen lieb war) an oligarchen oder auch die tschetschenische mafia angestreift. nach dem vielen was ich da zu hören bekommen habe habe erscheint es mir eher unplausibel dass tschetschenische anschläge – vor allem im dubrowka-theater – ‚false-flag opersationen‘ gewesen sein sollen.
    msfg
    btw der themenbereich aluminiumkriege/ oleg deripaska/ ‚fbi-most wanted’/ strabag-beteiligung/ haselsteiner harrt auch noch einer jounalistischen aufarbeitung. vielleicht sollte das dem hrn. brandsstätter vorschlagen? :-))

  2. Hallo Robert, ich lese derzeit sehr viel über die Ukraine und ihr extrem schwieriges Verhältnis zu Russland (oder umgekehrt: die Mühen, die Russland mit der Ukraine hat). Dein Text hat vieles gut zusammengefasst, erweitert und verdichtet. Grossartig. Vielen Dank. Pius Knüsel

  3. Mit dem Herrn Putin ist bestimmt nicht gut Möhrchen knabbern. So wie sie ihn skizzieren hat die Propaganda des Westens, dieses Relikt aus dem kalten Krieg, das Image das Herrn Putin auch aufgebaut. Das böse Krokodil ist wohldefiniert, allein fehlt der passende Kasperl aus dem Westen, obwohl dieser bezüglich Politkasperln aus dem Vollen schöpfen kann.

    Viel aus der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion geriert mit dem starken Fokus auf Wirtschaft hier in Vergessenheit. Die baltischen Staaten haben sich mit einem ‚Angriffskrieg‘ auf eigenem Territorium gegen die russ. Föderation am Ende die sowjetischen Altlast, das geschah unter dem Deckmantel der NATO, begraben.

    Für diese Länder spricht im Gegensatz zum Süden von Osteuropa, dass sie bei der Transformation die wirtschaftl. Basis wie Gewerbe oder Mittelstand nicht vollends opferten. In Rumänien bspw. schaut es ganz anders aus und konkrete Erfahrung von Unternehmern, bspw. Software entwickelnden Unternehmen, die selbst wieder viel Kontakt mit Wirtschaftstreibenden haben, die sagen selbst, ‚Es ist kaum etwas auf die Beine zu bekommen‘.

    Die Einkommen in der Breite sind zu gering am Ende. Stabile Einkommen liefern eher die westl. Schuppen, die zahlen auch besser, sonst liefen ihnen noch die letzten Leute dort davon und bei unruhiger See halten die dann diese bezüglich noch eher die Kaufkraft.

    In Russland gab es dann noch diese Volksaktien, die am Ende vermutlich von den Oligarchen ausgestattet mit gedrucktem Geld aus dem sog. Westen aufgekauft wurden usw…

    Wie der Heiner Flassbeck mit dem, ich auf jeden Fall die Einschätzung der Symptomatik teile, so schön sagte, ‚Obama hat Russland zu einem Rohstofflieferanten ohne weitere Vision degradiert‘. In der Klassik wurden Werkzeuge umverteilt und in der Neoklassik gesellten sich die Konsumgüter hinzu. Die klass. Industrielinie ist noch immer der Unterbau. Der zieht sich in Form der Konglomerate von der Wallstreet oder Washington bis zum Ural mit absteigendem Preisniveau. Lieferst den Rohstoff, denn bist an sich das Arschloch und am anderen Ende sitzen solche zusehends immer mehr mit sich selbst beschäftigt beisammen.

    Wenn dazwischen das Preisniveau steigt und die Wirtschaft nicht zusammenbricht, dann wird sie mittel Krieg platt gemacht. Liniendisziplin ist ‚einzuhalten‘. Das wird mittels mil. Überlegenheit, Thema Atomwaffen, garantiert.

    Wie sähen die Dinge in Österreich aus, wären nicht seit den 1990ern spätestens die Länder aktiv gewesen und hätten die ländlichen Strukturen attraktiv gehalten. Es gäbe Paläste aus Gold in Wien, gut die gibt es auch, aber die ländlichen Regionen wären sukzessive verarmt und mit der Zeit entvölkert.

    Im Rahmen der Globalisierung wird die Hauptstadt aufgemotzt, dort sitzen die globalen Konzerne und wer will schon das Elend vor der eigenen Haustüre sehen, das man, zugegeben großteils unwissentlich, selbst verursacht.

    Wo wäre der Kasperl, jetzt der Gute mit dem Pezibären aus dem gleichnamigen Theater, der dem bösen Krokodil auf die Mütze knallt. Obama? Der hat die Entwicklungen der Opensource Programmierer rund um den Globus abkassiert und damit die Rechenzentren seiner Geheimdienst aufgerüstet. Wie gesagt, wer den Rohstoff liefert ist das Arschloch und am anderen Ende …

    Die Wirtschaft in den U.S. hat bis 2008 im Gegensatz zu den EUropäern die Leute nicht vollends beschissen, ich habe noch aus der Zeit um 2k Leiberl (Made in China, zwar eine gute Ware), die heute tragbar sind und auch viel getragen und gewaschen werden, ein Beispiel und als mit dem Angebot aus Asien der Gusto aufkam, denn billigsten Dreck ums teurste Geld verkauft. Einen Fetzen, den einer nur kurz tragen kann, den hätte ein gestandener Österreich eine Verkäuferin verjagt wie einen ‚brunze(r)nden Hund mit einem Nassen fetzen‘. Aber in der Werbung schaut alles gut aus – Schein und Sein. Egal wie man es liest, zu lange zuviel in der geläufigeren Interpretation führt am Ende zu mannigfaltigen Fragen bezüglich einer substantielleren.

    Der Westen betreibt heute keine Ausbeutung im klassischen Sinne mehr, sondern verbrät Ressourcen und Lebenszeit des Rests der Welt für Hollodaro. Da stinkt dem Rest der Welt gewaltig. Die Heilsprediger aus dem Westen behaupten heute, ‚Die Globalisierung hat den Hunger beseitigt‘. In Wahrheit hat man, Originalaussage, den Chinesen das Klumpert zum Produzieren gegeben, das bei ‚uns‘, insbesondere in Westeuropa in 20 Jahren sowieso keiner mehr kauft. Westeuropa hat wenige Rohstoffe.

    Mich beschleicht seit 2008, da fiel es mir auf, der Verdacht, dass ganz bewusst ein Bypass im Norden und im Süden EUropas gelegt wird und der Mohr hat dann eben seine Schuldigkeit getan.

    Das kann man auf mehrere Arten interpretieren. Je nachdem leiten sich für die ‚Annäherung‘ des Westens an die russ. Föderation unterschiedliche Betrachtungsweisen ab und auch Interssenslagen. Vorbei sind die Zeiten in denen nach dem Abzug der Konzerne, wie einst nach den 1980ern in Ungarn, der Aufschwung noch 15 bis 20 Jahre anhielt. Sobald die Investitionstätigkeit aufhört, dann kollabiert die Kaufkraft und das binnen ca. 5 Jahren, wenn es überhaupt solange dauert und die lokale Wirtschaft geht den Bach runter. Das kann man bei der Ukraine locker beobachten.

    Der Problem des Ostens, da stimme ich mit Flassbeck, so hätte ich seine Aussagen nicht ganz interpretiert, einfach zu spät zur Party nach dem WWII, das zu einem Zeitpunkt zu dem die U.S. keine Exportüberschüsse mehr konnten erwirtschaften. Damit hat sich der Eindruck verbreitet, die Amerikaner kassieren nur ab. Diese Theorie von der sog. Ausbeutung stimmt nicht (ganz), aber auch wenn der Eindruck entsteht. Die Kompetenz bezüglich der Bereitstellung von Consumer Produkten sitzt schon lange nicht mehr in EUropa.

    Ich würde einerseits eine neutrale Zone vorschlagen, ergänzt um den Herrn Flassbeck seinen einer Protektion, damit die überhaupt einmal stabile Verhältnisse aufkommen können und nicht Darsteller jeder Facon, sei es in Österreich in junger od. jüngster Vergangenheit in die Kanzler- und Präsidentschaft erhoben werden. Ich würde Haiders aufstieg, er war auch Populist, mit der Ausdünnung Kärntens und der damit einhergehenden Strukturprobleme, ähnlich der Ukraine, dort eben at a large Scale, sehen, so im groben getrübten Überblick.

    Haiders Popularität stieg mit der Lösung konkreter Probleme vor Ort. Schauen wir einmal wie lange der Typ in Kiev durchhält.

    Der Putin ist der Typ der einfach einmal gewaltig am Tisch gehaut hat. Die EUropäer kennen viel, aber kaum eine Angebot in Richtung des niedrigeren Preisniveaus und leben ganz gut mit dem Russland oder verallgemeinert dem Rest der Welt aus ihrer Perspektive als Rohstofflieferant.

    In der Industrie wäre der komparative Vorteil allein der niedrigere Lohn, in der IT bringt selbst ein leichter abgesenktes Preisniveau noch immer mehr Freiraum und auch im Sinne eines Forschungscharakters zu, welchem der Arbeit und nicht der Beschäftigung inne wohn, nicht umsonst sind dort die Research Schuppen angesiedelt. Westeuropa hätte ein Problem, wenn die Leute nicht gegen Westen wandern und nicht viel Einbußen bezüglich der Lebensqualität hinnehmen müssen, dann wandern sie gegen Osten. Bevor ich mich mein Leben lange von lauter angeschütteten Zeitgenossen anfäulen ließe, da zöge ich selbst lieber weit hinter den Ural oder zumindest in Regionen mit Wachstum. Dort kann man nur arbeiten und sich nicht mit sich und allen anderen beschäftigen (lassen). Für das wird ein Zuviel an Zeit, Energie und Rohstoff verschwendet.

    Zuvor waren die eher in Russland angesiedelt, aber als das Preisniveau stieg, wurde die Ukraine erschlossen.

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