Die Freude in der Politik

Kamala Harris brachte Humor und Optimismus in die US-Politik zurück. Wir könnten davon auch etwas brauchen.

„Danke Dir, dass Du die Freude zurück gebracht hast“ – diesen bemerkenswerten Satz sage der US-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz über seine Chefin, die Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Das ist nicht nur so ein dahingesagter Satz. Mit einem Mal sind plötzlich wieder Humor, Hoffnung, Optimismus in der US-Politik zurück, aber auch Vernünftigkeit und eine Prise Selbstironie.

Als wäre ein Nebel aus schlechter Laune weggeblasen.

Bemerkenswert: Sofort schossen Harris und Walz, die Gegenspieler und Herausforderer von Donald Trump in den Umfragen in die Höhe. Der neue Spirit wirkt. Er ist ansteckend. Lag Trump gegen Joe Biden in den nationalen Umfragen knapp voran, führen nun Harris und Walz mit 53:47 Prozent. Klar, entschieden ist noch lange nichts. Die Wahlen sind im November, bis dahin kann sich noch viel drehen. Aber im Augenblick schlägt das Pendel jedenfalls sehr markant aus: Nach links, nach linksliberal, in Richtung Hoffnung und Humor, gegen den rechten Aufgansler und Griesgram Donald Trump.

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Man neigt ja dazu, alles etwas zu sehr zu politisieren, zu glauben, die Wähler und Wählerinnen würden sich vornehmlich an Ideologien orientieren. Natürlich spielen politische Überzeugungen in der Politik eine Rolle, Nonanet, wie die Wiener sagen würden. Übersetzt: Logischerweise werden Mitte-Links-Kandidaten eher von Linken gewählt, und Rechtskandidaten eher von Rechten. Aber es gibt auch so etwas wie emotionale Großströmungen, die ebenso sehr wichtig sind in der Politik.

Aufbruchsstimmung, Hoffnung, eine gewisse Leichtigkeit, eine gewinnende Ausstrahlung, das spielt ebenso eine Rolle. Genauso wie umgekehrt die Wut, der Ärger, der Zorn, die Bitterkeit. Diese Stimmungen sind, anders als oft behauptet wird, ja nicht einfach da. Sie werden politisch geschürt.

Rechte lieben beispielsweise die Griesgrämerei und die Verbitterung. Das ist noch nicht einmal ein Vorwurf, es ist logisch. Rechte gewinnen dann, wenn sie es schaffen, das Gefühl zu verbreiten, dass alles grässlich, arg und furchtbar ist und sich überdies in die falsche Richtung bewegt. Sie brauchen ein Publikum, das viel Angst hat, um dann zu sagen: Ich rette Euch. Ich halte das Unheil ab.

Linke und Mitte-Links-Politiker – von Bruno Kreisky bis Barack Obama – reüssieren wiederum dann, wenn sie es verstehen, eine Hoffnung auf ein besseres Leben, aber auch auf eine freiere, glücklichere Lebenskultur auszudrücken. Sie leben nicht von der Angst, sondern im Gegenteil, von der Hoffnung. Allzuviel Verbissenheit tut ihnen nicht gut. Zum Teil ist das auch ein Problem der Linken: Sie wollen ja die Welt verbessern, und deswegen müssen sie erklären, warum die Welt verbesserungswürdig ist. Was heißt: Sie müssen kritisieren, was im Argen liegt. Aber zugleich dürfen sie nicht zu negativistisch werden, weil Hoffnungslosigkeit der Gegenseite in die Hände spielt.

Negativismus haben wir wahrlich genug. Studien haben ergeben, dass Politiker wie Trump, die AfD oder die FPÖ unglücklich machen, dass Bürger unglücklicher werden, wenn sie in die Fänge dieser Parteien geraten. Weil diese Parteien sie andauernd mit negativen Nachrichten beschießen, was die persönliche Lebenszufriedenheit dieser Wähler nachweislich verschlechtert.

Was der Kometenstart von Harris und Walz zeigt, ist auch: Es gibt eine Sehnsucht danach, diese Spirale der Gereiztheit und Verbitterung zu verlassen. Aufbruchsbotschaften und Hoffnung auf einen Wandel finden Resonanz. Und treffen einen Nerv der Mehrheit.

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