Ein Käfig voller Narren

Wie Henryk M. Broder in Wien beinahe verhaftet wurde taz, 27. Februar 07

 

Dem ausklingenden Fasching entsprechend endete der Wienbesuch von Henryk M. Broder, der vergangene Woche auf Einladung der konservativen Volkspartei sein kleines antiislamisches Pamphlet „Hurra, wir kapitulieren“ vorstellte. Der Höhepunkt von Broders Visite war erreicht, als er Moische Arie Friedman auf der Straße erblickte. Letzterer, selbsternannter „Oberrabbiner“ einer antizionistischen Gemeinde ist nämlich, wie man wissen muss, noch eine Spur durchgeknallter als Broder: So war Friedman Ehrengast bei der Teheraner „Holocaust“-Konferenz – i.e. Holocaust-Leugner-Konferenz -, wo er freundlich mit Präsident Mahmud Ahmadineschad konferierte. Broder, der wiederum fürchtet, die Moslems würden demnächst überall, vor allem aber in „Eurabia“, die Macht übernehmen, sprang also auf Friedman zu, bellte ihn an und versuchte ihn mit dem Fotohandy zu fotografieren.

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Minister`s Blog

Politikerblogs sind ja, sagt man, sehr im Kommen. Theoretisch. Praktisch ist noch nicht gar viel los in unseren Breiten. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt immerhin ein wöchentliches Videocast ins Netz, ziemlich avanciert ist der Wahlkampf in Frankreich: Da arbeitet vor allem Kandidatin Ségolène Royal viel mit umfangreichen Videoblogs. Neuerdings im Netz: Sozialminister Erwin Buchinger hat jetzt seinen eigenen Weblog.  Der Mann ist nicht nur einer der Aktivposten, sondern auch technologische das avancierteste Regierungsmitglied. Allerdings: Ein wenig üben muss er noch: Bisher lesen sich die durchaus umfangreichen Einträge eher wie ein durchgeschriebener Terminkalender. Man erfährt: Der Mann hat viel zu tun und schläft praktisch nie. Ansonsten: Eher wenig. Wird aber bestimmt noch.

„Großer Schädling“

Adam Michnik, der legendäre polnische Dissident, der seine Gegnerschaft zum KP-Regime mit jahrelangem Gefängnis büßte, soll nun offenbar vom Thron gestoßen werden. Seit Wochen ist Michnik Ziel wüster Angriffe rechtskonservativer Kreise. So attackierte der Premierminister Jaroslaw Kaczynski, der Bruder von Präsident Lech Kaczynski, Michnik als „großen Schädling“. Der Hintergrund: Michnik war für die demokratische Opposition 1989 am Runden Tisch gesessen, der die friedliche Machtgabe durch die Kommunisten verhandelte. Michnik hatte sich damals und auch in den Jahren danach für eine „nationale Versöhnung“ ausgesprochen und gegen eine Abrechnung mit den Kommunisten. Dieser Linie blieb Michnik bis zuletzt treu, was die Konservativen umso mehr erbost, als Michnik als Gründer und Chefredakteur der führenden polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ über erhebliche publizistische Macht verfügt.  profil, 19. Februar ’07

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Wir 81er

Habe auf Martin Blumenaus FM-4-Blog gerade eine schöne Burggarten-Geschichte gefunden. Darin schreibt er beispielsweise, dass er bei der Burggartenbewegung 80/81 "eine der zentralen Lektionen jugendlicher Subversion gelernt" habe. Der Beitrag ist sehr schön, fast ergreifend. Irgendwie hatten die jahre 80/81 – übrigens nicht nur in Wien – einen seltsamenen Drive, möglicherweise mehr noch als 67/68, nur dass darüber keine Geschichtsschreibung betrieben wird: Hausbesetzungen, Jugendbewegung, Züri brennt, Kreuzberg… Ganz ganz viele Leute, die heute da oder dort wichtige Rollen spielen oder bedeutende Beiträge zur Lebedigkeit ihrer Städte leisten, wurden in diesen Jahren geprägt. Aber dies erscheint, weil darüber nicht soviel Aufhebens gemacht wird wie um 68, nicht als kollektive Prägung, sondern immer als individuelle Geschichte. Ich möchte dazu demnächst etwas Größeres für ein Buch über die 80er Jahre machen, das zwei Freunde von mir rausbringen. Wenn mir der eine oder die andere BesucherIn dieses Blogs per Comment oder Mail (robert.misik@hotmail.com) helfen will, dann würde mich das sehr freuen.

Denn irgendwie habe ich das Gefühl, "unsere" Generation sollte auch beginnen, ein wenig an ihrer Autobiographie zu schreiben.

Atheism Now! (5)

Dass mit der wachsenden Beliebtheit der These von der “Rückkehr der Religionen” auch die Religionskritik zurückkehrt – und das gelegentlich auf eigentümliche, ja amüsante Weise – darauf habe ich hier ja schon mehrmals hingewiesen (worauf ich in loser Folge auch immer wieder zurückkommen will). Ihre Hochbülte hat der “New Atheism”, ebenso wie der christliche Fundamentalismus, natürlich in den USA. Aber auch in unseren Breiten finden sich vermehrt Fundstücke einer Publizistik, die den Freunden von Good old Rauschebart an den Karren fährt. Zuletzt in einem lesenswerten Beitrag von Burkhard Müller im “Merkur“, der sich in die schöne Tradition der Gottesbeweise und Anti-Gottesbeweise einschreibt. In einer hübschen Passage heißt es:

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Was ist Entfremdung? Und was kann man dagegen tun, Frau Jaeggi?

Debatte. Kommenden Dienstag, 13. Februar, habe ich in meiner Reihe "Genial dagegen" im Kreisky-Forum die Frankfurter Sozialphilosophin Rahel Jaeggi zu Gast. Sie wird über das Thema sprechen: "Was ist Entfremdung? Und was kann man dagegen tun?" Vorab habe ich mit ihr schon einmal ein Interview für den "Falter" geführt.

Veranstaltung: 13. Februar 2007 | 19.00 Uhr. Bruno Kreisky Forum, Armbrustergasse 15 | 1190 Wien

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