Werden wir immer dümmer, Herr Liessmann?

Dieser Tage erschien Konrad Paul Liessmanns Buch "Theorie der Unbildung", ein feuriges Pamphlet gegen die jüngsten Universitätreformen, die Ranking-Kultur in der Bildungsdebatte und einen blinden "Reformgeist". Für den "Falter" habe ich mich mit Liessmann über seine Thesen unterhalten.

Werden wir immer dümmer, Herr Liessmann? weiterlesen

Warum wurden Schwedens Sozialdemokraten abgewählt, Herr Palme?

Der Trend- und Sozialforscher Joakim Palme, Sohn des legendären schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme, erklärt, warum die Sozialdemokraten die Reichstagswahlen verloren haben. Profil, 25. September 2006

Warum wurden Schwedens Sozialdemokraten abgewählt, Herr Palme? weiterlesen

„Politischsein ist immer peinlich“

Am Donnerstag, 28. September um 19 Uhr habe ich die Berliner Theoretikerin Katja Diefenbach zu Gast in meiner Reihe "Genial dagegen" im Kreisky-Forum (Wien 19, Armbrustergasse) Für den Falter habe ich mich schon vorab mit ihr über den aufgeklärten Zynismus, politisches Engagement und das „erfolgreiche Scheitern“ von linker Kultur und Subkultur unterhalten

„Politischsein ist immer peinlich“ weiterlesen

„Dekadent, feige, materialistisch“

Ian Buruma, global operierender Star-Essayist, über den Hass auf den Westen, den revolutionären Radikalismus der amerikanischen Neokonservativen und den neuen Antisemitismusstreit.

 

Herr Buruma, eben haben Sie ihr Buch "Occidentalism", gemeinsam mit dem israelischen Philosophen Avishai Margalit herausgebracht. Darin fügen Sie den Islamismus in ein allgemeines Panorama des Hasses auf den Westen. Was sind die Gemeinsamkeiten des Okzidentalismus?

 

Buruma: Es gibt einen bestimmten Blick auf den Westen, der heute besonders vom islamistischen Radikalismus vertreten wird. Aber, so unsere Argumentation, das ist nichts speziell Islamisches. Dieser Blick hat eine Geschichte. Diese Auffassung hat europäische Wurzeln. Feindschaft gegen die Aufklärung, faschistische Ideen, die Auffassung, der Westen sei dekadent, feige, materialistisch.

 

Falter: Der Hass auf die Stadt, gegen die urbane Metropole ist ein Leitmotiv eines solchen Radikalismus.

 

Buruma: Die Idee der Stadt, die der Okzidentalismus hasst, ist die Idee von der Stadt als Ort individueller Freiheit, in der sich Menschen verschiedener Rassen und Länder mischen, Handelszentren, wo verschiedene Ideen sich sammeln. Was es in allen Spielarten des Okzidentalismus gibt, ist eine Idealisierung der Bauernschaft, einer Reinheit, der Verwurzellung in der Scholle – in Opposition zum Kosmopolitismus der Stadt.

 

„Dekadent, feige, materialistisch“ weiterlesen

„Eine Supermacht, der man mit Angst begegnet“

Richard Rorty über die bestürzende Neurorientierung der Bush-Regierung, die Unfähigkeit des demokratischen Establisments und die Hoffnung, dass George W. Bush 2004 abgewählt wird.

 

Herr Rorty, dem Krieg, in dem wir stehen, fehlt das Mandat durch den UN-Weltsicherheitsrat. War es ein Fehler von Frankreich, Deutschland und Russland, dass sie die Militäraktion nicht doch in letzter Minute autorisert haben?

 

Rorty: Nein, das war kein Fehler. Diese Länder haben ihre Entscheidung getroffen, sie hatten politische Gründe, vielleicht waren sie auch von ökonomischen Gründen beeinflußt aber am Ende ist unbestreitbar: die grundsätzlichen Argumente gegen das Konzept eines Präventionskrieges sind so stark, dass es sich eigentlich ausgeschlossen hat, doch noch mit den USA zu marschieren.

„Eine Supermacht, der man mit Angst begegnet“ weiterlesen

„Ich werde Bush nicht mehr wählen“

Francis Fukuyama, Vordenker der US-Konservativen, liest seinen Gesinnungfreunden die Leviten: Die Bush-Regierung und die Neokonservativen haben sich im Irak grandios verkalkuliert und Amerika schwer geschadet.

 

Herr Fukuyama, 1989 verkündeten Sie in einem großen Essay das "Ende der Geschichte" und wurden damit schlagartig weltberühmt. Seither werden Sie praktisch identifiziert mit dieser Idee. Ist das eigentlich mehr ein Vorteil oder mehr ein Nachteil?

 

Fukuyama: Naja, es hat ein paar negative Konsequenzen, unter anderem, dass ich immer wieder danach gefragt werde…

 

… so wie jetzt, beispielsweise…

 

Fukuyama: …andererseits, wäre ich damit nicht berühmt geworden, würde nicht so wahrgenommen, worüber ich mir sonst so Gedanken mache.

 

„Ich werde Bush nicht mehr wählen“ weiterlesen

„Anders sehen lernen!“

Guillaume Paoli, Gründer der „Glücklichen Arbeitslosen“, über das Gequatsche von „Kreativität“, „Motivation“ und „Selbstverwirklichung“ und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die in Wirklichkeit ein Kampf gegen die Arbeitslosen ist.

  

Falter: Herr Paoli, sind Sie motiviert für dieses Gespräch?

 

Paoli: Voll motiviert!

 

Motivation nimmt ja „eine zentrale Stelle im kapitalistischen Prozess ein“, schreiben Sie. Was ist so wichtig an Motivation?

 

Paoli: Das kapitalistische System herrscht nicht durch Zwang, sondern durch Verführung, Überredung, Motivation.

„Anders sehen lernen!“ weiterlesen

Vergoldetes Elend

Reich ist in unserer Gesellschaft, wer reich an Beachtung ist, formuliert der Wiener Architekturtheoretiker Georg Franck. In seinem neuesten Buch "Mentaler Kapitalismus" beschreibt er, wie das funktioniert

  

Wir leben, schreiben Sie, im "mentalen Kapitalismus". Was ist denn das Neue daran?

 

Franck: Die Ökonomie des Acht-Gebens und des Beachtung-Einehmens ist eine ausgebildete Ökonomie im Sinn einer erweiterten Marktwirtschaft. Zunächst: Die Kapazität bewußten Erlebens wird knapp angesichts des Angebotes. Zweitens wird die Produktivität im wissenschaftlichen, publizistischen, künstlerischen Bereich eher dadurch gemessen, dass man Beachtung einnimmt, und nicht so sehr dadurch, dass man Geld einnimmt. In der Wissenschaft ist die Währung das Zitat. Wissenschaftler arbeiten für die Beachtung anderer Wissenschaftler. Der Reichtum an Beachtung, schließlich, kann auch kapitalisiert werden, er verzinst sich – man verdient Beachtung dafür, dass man ein Großverdiener an Beachtung ist. Da sind wir dann sehr nahe dem, was Bourdieu soziales und kulturelles Kapital nennt, auch an dem Reichtum an Beziehungen.

 

Vergoldetes Elend weiterlesen

„Totes Denken“

Nach drei Jahrzehnten Massenarbeitslosigkeit sollten wir den Glauben an die Lohnarbeitsgesellschaft aufgeben, meint der Berliner Kulturphilosoph Wolfgang Engler. Die Gleichung "Arbeit = Leben" geht nicht mehr auf.  

 

Heute schon gearbeitet?

 

Engler: Noch nicht…

 

Es ist knapp vor Mittag!

 

Engler: Ich kann ganz gut auch nichts tun.

 

„Totes Denken“ weiterlesen

„Sind Sie ein Antisemit, Herr Bové?“

José Bové über seinen Kampf gegen das industrielle Agrarmodell, den Spaß beim Mc-Donalds-Zertrümmern und die zweifelhafte Ehre, als linker Antisemit zu gelten. 

  

Sie kämpfen gegen Agrarmultis, gegen Gentechnik und Handel mit Lebensmitteln – soviel "Antiglobalisierung" macht selbst viele Linke skeptisch. Bekämpfen Sie den Fortschritt?

 

Vor wenigen Tagen wurde in einem UN-Bericht festgestellt, dass wir, wenn die Dinge so weitergehen, in zehn, zwanzig Jahren ein großes Problem haben werden, die Menschen zu ernähren – besonders in den südlichen Ländern. Die Technisierung der Landwirtschaft hat keine Zukunft. Erstmals in der Geschichte der Menschheit führt "Fortschritt" nicht zu "Fortschritt", sondern zu einer Verschlechterung.

 

„Sind Sie ein Antisemit, Herr Bové?“ weiterlesen