Partei im Wachkoma. Woran krankt die SPÖ? (FS Misik 84)


Wer Visionen hat, braucht einen Arzt, lautete vor ein paar Jahren der Leitspruch sozialdemokratischer Pragmatiker. Jetzt stellt man fest: Wer keine hat, der braucht den Notarzt. Europas Sozialdemokraten sind im Moment wieder ziemlich internationalistisch: Es geht ihnen fast in jedem Land gleich schlecht. Aber der SPÖ geht es speziell nicht gut. Fürchtet sich zu Tode vor Straches FPÖ, ist seit Jahren in der Defensive, und wofür sie eigentlich stehen, wissen Spitzenfunktionäre und kleine Aktivisten im Grunde längst nicht mehr. Profil schärfen, lautet jetzt schon seit Jahren die Parole. Bislang reichte es aber nur für Bürokratenkauderwelsch und Spin-Doktoren-Geplapper. Und die Personalpolitik ist seit Jahren nur mehr eine Negativauslese. Viele sagen, die Sozialdemokraten müssten einfach in ein paar Fragen nach links rücken, Reichensteuer und noch zwei, drei andere Dinge einführen, ein bisserl auf Antifaschismus machen und dann wäre die rosarote Welt wieder in Ordnung. Aber das geht am Kern des Problems vorbei: am Problem der Glaubwürdigkeitsmankos, das die Partei angehäuft hat und an der inneren Sklerose dieses, ja, fast toten Apparats.

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Vor Dichand zittern? Ach, Opa ist halt etwas eigen. (FS Misik Folge 83)


Hans Dichand, der Patrone von der Krone, gibt ein verschwurbeltes Interview und die Republik steht Kopf: Die Sozialdemokraten verfallen in Panik, alle anderen üben sich in ernste Dichand-Astrologie. Dabei wäre lautes Gelächter die angemessenere Reaktion, wenn Dichand vorgibt, er „spüre“ die Anzeichen einer „großen Wendung“. Könnte man nicht mit den Achseln zucken und sagen: Opa ist halt schon etwas eigen. Ohnehin erinnert sein Neffenwechsel an jenen Typus des greisen Familientyranns, der jede Woche ein neues Testament aufsetzt, weil er jede Woche einen anderen enterben muss.

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Irans Aufstand – live im Internet (FS Misik 82)


Die Twitter-Revolution gegen die Musikkassetten-Revolution
In den vergangenen Tagen hat sich die Lage im Iran dramatisch zugespitzt. Was als demokratische Bürgerrechtsbewegung begann, wird nun zu einer regelrechten Revolution. Schiere Torheit hat die Vertreter des Regimes veranlasst, ihre eigenen Grundfesten ins Wanken zu bringen. Erst durch die plumpe Fälschung der Wahl, dann die Repressionen, dann die Drohungen gegen die Demokratiebewegung, dann die Schüsse auf wehrlose Demonstranten ist eine explosive Situation entstanden, in der sogar ein vollständiger Umsturz denkbar ist. So dumm hat sich schon vor 30 Jahren der Schah verhalten – was dann zum Sieg der islamischen Revolution führte. Und über soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook kann jeder mit den Aufständischen verbunden sein. Jede Revolution hat ihre Technologie. Dass wir womöglich einmal von dieser iranischen Revolution als „Twitter-Revolution“ sprechen werden, hat eine fast ironische Dimension. Denn diese „Twitter-Revolution“ richtet sich gegen das Regime, das aus der islamischen Revolution von 1979 hervorgegangen ist, und die wurde ihrerseits damals Musikkassetten-Revolution genannt: In dem Iran des Schah Reza Pahlewi, in dem es keine freien Medien gab, waren in Millionenauflage zirkulierende Kassetten mit Predigten und Reden der revolutionären Geistlichen – allen voran denen des Ajatollah Khomeini – die wichtigsten Instrumente der Kommunikation geworden.

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Der Jammer mit unseren Grünen (FS Misik 81)


Österreichs Grüne stellten sich selbst ein Bein, so wurden die EU-Wahlen prompt eine Bauchlandung. Ein Jammer. In Frankreich und Deutschland zeigten die Grünen, was für sie drin wäre: 12 Prozent erzielten die deutschen, sensationelle 16 Prozent die französischen Grünen. Das liegt auch daran, dass die Grünen als einzige politische Kraft in Europa in der Krise so etwas wie eine Idee haben – die Idee vom „Green New Deal“. Die Idee dahinter: Wenn wir uns schon mit massiven staatlichen Investitionen aus der Krise rauskaufen müssen, dann sollte man das Geld für Infrastrukturausgaben verwenden, die uns in Zukunft auch nützlich sind – und nicht für Abwrackprämien, die Autofirmen zugute kommen, die jahrzehntelang am Markt vorbei produziert haben. In Deutschland rief deshalb sogar die „Financial Times“ zur Wahl der Grünen auf, und in den USA ist Barack Obamas Übergangsstabschef John Podesta der größte Trommler für den „Green New Deal“. Österreichs Grüne hatten halt leider nur wenige Kapazitäten frei, diese Konzepte zu propagieren. Sie waren schließlich mit ihren inneren Angelegenheiten ausgelastet.

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EU-Wahl – Österreich ist auf der schiefen Bahn (FS Misik Folge 80)


Schaute man sich an, was die Parteien in diesem Wahlkampf boten, hatte man den Eindruck, ihre Kampagne hat vor allem ein Ziel: Die Wahlbeteiligung auf einen Wert unter fünf Prozent zu drücken. Am Ende haben doch ein paar gewählt: Trotz dieser Parteien, nicht wegen dieser Parteien. Was das Ergebnis betrifft: Es hätte noch schlimmer kommen können. Die FPÖ konnte mit ihren Parolen den Wahlkampf dominieren. In Sachen Themensetzung ist Österreich längst in Deppenhand. Dass das so ist, liegt im Wesentlichen an den anderen Parteien: An deren Politik, an deren Personal.

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„Für den Graf leg ich dem Strache seine Christenhand ins Feuer…“ (FS Misik 79)


Der Graf, der muss umbedingt Parlamentspräsident bleiben, würde man den abwählen, das wäre ja Anlassgesetzgebung, findet die ÖVP. Das hat was. Stellen wir uns eine Gesellschaft vor, in der hat es noch nie einen Mord gegeben, in der kann man sich gar nicht vorstellen, dass es Mord geben könnte. Irgendwann einmal bringt aber das erste Mal einer einen um. Und dann tritt eine Partei auf und sagt: Nein, sie ist dagegen, Mord zu verbieten, das wäre Anlassgesetzgebung. Würde da nicht jeder sagen: Bei denen ist eine Schraube locker? Aber immerhin, jetzt stellen sich alle gegen die Hasspredigten des FPÖ-Wahlkampfes. Allerdings: Was haben Parteien wie die SPÖ oder die Grünen sonst noch so gemacht im Wahlkampf? Ist ihnen irgenwas aufgefallen, gar ein Slogan im Gedächtnis geblieben? Mit fällt da grad nichts ein. Vielleicht ist das ja der Kern des Problems.

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Das Kreuz mit Strache & Co: Wahlkampf für Hirnamputierte (FS Misik Folge 78)


Kanzler, Präsident und Kardinal haben den Strache ermahnt – da darf FS Misik natürlich nicht fehlen. Hat schon mal jemand erwähnt, dass der Populismus eine Beleidigung ist – und zwar für die, die er umwirbt. Schließlich behandelt er mit seinen Versimpelungsstrategien seine Wähler als wären sie Hirnamputierte. Wollen die sich wirklich so behandeln lassen? Im Grunde weiß doch jeder, dass die Populisten ihre Forderungen selbst nicht ernst nehmen. Aber was bedeutet das eigentlich? Dass es da ein Segment an Politik gibt, wo die Kommunikation mit dem Wähler so funktioniert: Wir tun so, als wären wir doof, und dafür tut ihr so, als würdet ihr das nicht merken, weil ihr so tut, als wärt ihr auch so doof. Wir spielen Wahlkampf von Minderbemittelten für Minderbemittelte. Es ist schon richtig, die Verhetzungen anzuprangern, für die der Populismus sorgt. Aber man soll auch die politische Vertrottelung nicht vergessen, die damit einher geht.

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Wie krank ist Deutschland? Ein Roadmovie. FS Misik 77.


Schon zwei Quartale hintereinander befindet sich Deutschlands Wirtschaft im freien Fall. Jahrelang hatten Berlins Politiker mit dem Titel „Exportweltmeister“ geprahlt. Das rächt sich jetzt. Denn jetzt leidet Deutschland besonders unter der globalen Depression. Alleine im März gab es nämlich ein Exportminus von 15 Prozent. Deutschland krankt an einer schwächelnden Binnennachfrage – weil seit 15 Jahren die Löhne hinter dem Produktivitätswachstum zurückbleiben. Damit konnte die deutsche Wirtschaft zwar durch Kostendumping Standortvorteile auf Kosten anderer erzielen. Aber langfristig ist das eine Strategie, die alle ärmer macht. Auf dem Weg zwischen Hamburg, Berlin, Weimar und dem Erzgebirge macht sich Robert Misik Gedanken über die Sackgasse, in die sich Deutschland manövriert hat.

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FS Misik 76: Hans Dichand – „kleiner Mann“ mit 700.000 € monatlich


Wirtschaftsforscher werden persönlich niedergemacht. Jede Form der Vermögensbesteuerung verteufelt. Ob das damit zusammen hängt, dass die Dichands geschätzte 700 Millionen Euro Privatvermögen ihr Eigen nennen? Und dass der greise Patriarch 8,5 Millionen Euro Gewinnbeteiligung pro Jahr überwiesen bekommt – somit also 700.000 Euro monatlich einnimmt? Also: Wenn Sie mal wieder die Krone aufschlagen, und da wird der kleine Mann verteidigt gegen die Steuergier des Staates, dann hat das natürlich nichts damit zu tun, dass der Gründer und Co-Eigentümer dieser Zeitung jeden Monat 700.000 Euro einnimmt. Dann hat das nichts mit der Gier eines Superreichen zu tun, sondern damit, dass der sich um den kleinen Mann sorgt. Weil, der ist ganz uneigennützig, der Dichand.

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Schweinegrippe? Misik hat die Wörtergrippe


Können wir auch die Schweine anstecken, im Schweinestall also ein Massensterben anrichten? Keine Sorge: Die Schweinegrippe heißt nur so, ist aber eine Menschengrippe. Dass Viren in Schweinen oder Vögeln mutieren und dann auf den Menschen überspringen, das ist bei jeder neuen Influenza so. Wie wär’s mit Schnitzelgrippe? Aber weil sie von aller Welt „Schweinegrippe“ genannt wird, haben alle Angst davor. Würde sie bloß „Grippe“ heißen, würde sich keiner fürchten. Aber Schweinegrippe – das erinnert fatal an „Rinderwahn“ und „Vogelgrippe“. Mit den Worten springt die Bedeutung über, fast wie das Virus bei der Tröpfcheninfektion. Bei der Panik kriegt die Sprache Fieber. Aber FS-Misik hilft gegen die Wörtergrippe.

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FS Misik 74: Wie korrupt ist unsere Wirtschaft?


Wenn es in den achtziger und neunziger Jahren zu Finanzkrisen kam – etwa der Lateinamerika-, Asien- oder Russlandkrise – war meist sehr schnell eine Erklärung parat: Schuld daran ist der „Crony Capitalism“, also Korruption und Günstlingswirtschaft in den betroffenene Volkswirtschaften. Dort seien Firmen mit der Politik verbandelt, einflussreiche Politiker hieven dort ihre Neffen in führende Positionen, Industrie und Banken können sich dort die Regeln selbst schreiben, ihre Geschäftsbücher sind windig geführt. Aber worin genau besteht der Unterschied zwischen diesen „kurrupten“ Schwellenländern und den „sauberen“ westlichen Volkswirtschaften? Wieso ist das „Crony Capitalism“, und wie soll man dann die Praxis, etwa in den USA nennen, wo sich die Wall Street seit Jahren auch personell die Kontrolle über das Finanzministerium und damit die dort getroffenen Entscheidungen sichert? Warum reden wir immer von russischen Oligarchen, aber wie soll man dann zu hiesigen Spitzenrepräsentanten großer Banken- und Wirtschaftsgruppen sagen, die mehr als nur eng mit der Führung einer Partei verbunden sind?

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FS Misik Folge 73: Käfighaltung für Tierschützer


Erinnern Sie sich noch an die Tierrechtsaktivisten, die vergangenes Jahr 104 Tage in U-Haft genommen wurden? Jetzt hat, wie den Zeitungen zu entnehmen ist, die zuständige Ermittlungsbehörde ihre Sachverhaltsdarstellung an die Justiz gesandt. Dabei zeigt sich, wie fragwürdig die Anwendung des Mafia-Paragrafen 278a in diesem Fall ist. Meinungen, die Aktivisten in E-Mails und Interviews geäußert haben, werden als Indizien gewertet, dass sie Mitglieder einer kriminellen Vereinigung sind – auch wenn es offenbar keine Beweise für ihre Beteiligung an illegalen Aktionen gibt. Wie nennt man sowas? Skandal vielleicht.

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