Eine Begegnung mit Amartya Sen

Ein kleiner Nachtrag von meinem Ausflug zur Buchmesse: Beim Empfang des C.H.Beck-Verlages gab es einen kleinen Talk mit Wirtschaftsnobelpreisträger Amartya Sen. Der Ökonom und Sozialphilosoph war als Ehrengast geladen, um sein neues Buch „Die Idee der Gerechtigkeit“ vorzustellen. Darin geht es ihm darum, eine praktische Philosophie für mehr Gerechtigkeit zu entwickeln, statt einer idealen Idee absoluter Gerechtigkeit.

Der weise ältere Herr ist ja auch ein großer Geschichtenerzähler und so illustrierte er sein Forschungsprogramm mit einer hübschen Metapher: „Stellen Sie sich vor, sie sitzen in der Sauna und die Temperaturregelung fällt aus. Es wird immer heißer und Sie spüren, Sie werden gegrillt. Sie wollen fliehen, aber Sie stellen fest, die Türe blockiert. Sie rufen um Hilfe, der Helfer bekommt die Tür aber auch nicht auf. Jetzt bitten Sie ihn, einfach die Temperatur runter zu stellen. Und jetzt stellen Sie sich vor, der Helfer fragt Sie: ‚Auf welche Temperatur genau?‘ Da werden Sie doch einfach rufen: ‚Die exakte Idealtemperatur ist mir egal, Hauptsache es wird kühler.'“

Man muss nicht wissen, wie ein Zustand exakter Fairness aussehen würde, um sich gegen grobe Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten einzusetzen.

Ein paar wirklich interessante Details zum Wahlausgang

Noch ein paar interessante Details zum Wienwahl-Ergebnis: Die SPÖ hat ja einen Stimmenanteil von knapp über 44 Prozent gehalten, ist also nicht vollends abgestürzt. Sieht man sich aber Bezirkswahlergebnisse an und vergleicht sie mit den Gemeinderatswahlergebnissen, dann sieht man, dass die SPÖ massiv in Richtung FPÖ verloren hat, dafür aber aus dem Grün-Wählersegment Stimmen gewonnen hat. Denn in praktisch allen Bezirken außer Favoriten, Simmering und Transdanubien ist es so, dass die Grünen bei den Bezirksratswahlen teils massiv über den Gemeinderatswahlergebnis lagen, und die Stimmen bei der wichtigeren Landeswahl zur SPÖ wanderten (teilweise, wie in Neubau, rund 15 Prozent). Nun haben die Wählerinnen und Wähler dafür sicher verschiedene Gründe gehabt: Etwa, dass sie „ihre“ Grüne Bezirkspartei schätzen, aber die Wien-Grünen für die vielzitierten Streitereien abstraften. Der wichtigste Grund war aber wohl der: Grün-Wähler haben auf Landesebene SPÖ gewählt, weil sie in Häupl das Bollwerk gegen Strache sahen. Das heißt, dass die SPÖ einigermaßen mit einem blauen Auge davonkam, verdankt sie einer extrem hohen Zahl eher linker „Leihstimmen“ aus dem Grün-Milieu. Ihre Versuche, mit „Hausordnung“, „Hausmeistern“, verschiedenen Kapperltruppen an „Ordnungshütern“ die Wählerwanderung zur FPÖ zu stoppen, ist dagegen grandios gescheitert. Das sollte den sozialdemokratischen Freunden für die Zukunft zu denken geben.

Und noch eine Wahltaktik ist fulminant nach hinten losgegangen:

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Ja, ich will: Rot-Grün für Wien

Am frühen Wahlabend hat es viele ja wie eine Keule getroffen – die 27 Prozent für die FPÖ. 22, 23 hätte man ihr schon gegeben, aber so hoch hatte sie kaum jemand auf der Rechnung. Ein paar Aspekte zur Erklärung hab ich ja schon in meinem dieswöchigen FS-Misik Videoblog zusammengefasst. Ich will das hier nicht wiederholen.

Ansonsten ist das Wahlergebnis ja gar nicht so übel: Die Sozialdemokraten haben ihre absolute Mehrheit zwar knapp verloren, aber Totalabsturz sind die 44 Prozent, die sie erreichten, auch wieder nicht. Die Grünen verloren trotz des immensen Gegenwinds im Wahlkampf nur wenig. Und die Fekterpartei wurde gewissermaßen abrasiert, sie erhielt die Quittung für ihre Schurkenstücke wie der jüngsten Abschiebung zweier Zwillinge.

Jetzt braucht Wien eine Koalitionsregierung, die SPÖ einen Partner. Und eigentlich spricht einen Tag nach der Wahl sehr viel für Rot-Grün. Die ÖVP wurde derart betoniert, dass in der Wiener Landespartei mit Sicherheit kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Wenn Häupl, dem Präferenzen für Rot-Schwarz nachgesagt werden, mit ihr koalieren will, dann wird das schwer. Er weiß ja nicht einmal, mit wem er dort reden soll? Mit der traurigen Marek, die sicher nicht mehr lange auf ihrem Sessel bleibt? Regierungsfähig? Diese ÖVP? Na, ich weiß nicht.

Wien ist eine moderne Metropole und die braucht Urbanität und frischen Wind. Das wird man mit dem ewig gleichen Rot-Schwarz nicht schaffen. Und Österreich braucht auch neue Regierungsoptionen. Die gegenseitige Fesselung von SPÖ und ÖVP, die nichts verbindet außer wechselseitige Abneigung, haben wir im Bund schon zu Genüge. SPÖ und Grüne dagegen haben, bei allen „lebenskulturellen“ Differenzen, als progressive Mitte-Links-Parteien in vielen Fragen eine ähnliche Agenda. Sie passen zusammen, auch wenn das ein Basisaktivisten in manchen SP-Sektionen und manchen Grün-Bezirksgruppen, die einander spinnefeind sind, anders sehen. Aber auf die sollte man nicht viel Aufmerksamkeit verschwende. Solche Sektierer sind für progressive Politik meist ohnehin nicht brauchbar.

Einen Tag nach der Wahl sehen das erfreuliche viele maßgebliche Leute in der Wiener SPÖ übrigens ganz ähnlich. Und die Grünen sind ohnehin erpicht, in die Regierung zu kommen. Und zwar aus gutem Grund: Sie müssen endlich einmal in einem wichtigen Bundesland mitregieren. Und sie wollen, dass endlich einmal rot-grün wo regiert. Schließlich gibt es Schwarz-Grün schon in Oberösterreich, Graz, Bregenz und anderswo.

Also: Es spricht praktisch alles für Rot-Grün. Trotzdem reagieren viele immer noch mit Verzagtheit. Würde Rot-Grün in Wien nicht die ÖVP schrecken und damit die Arbeit in der Bundesregierung noch mehr erschweren? Als würde sich die ÖVP bei ihren Landes-Koalitionsentscheidungen diese Frage stellen. Hat das denn jemand bei Schwarz-Grün in Oberösterreich gefragt? Ein besonders skuriller Einwand ist der folgende: Rot-Grün würde die Aversion der Strache-affinen Wähler schüren und dann gäbe es in fünf Jahren eine noch stärkere FPÖ. Wie absurd dieses Argument ist, läßt sich leicht zeigen: Ob Rot-Grün Strache starkmachen würde, wissen wir nicht. Aber was wir aus jahrelanger Erfahrung sehr sehr sicher wissen, ist, dass Rot-Schwarz der FPÖ karrenweise Wähler zutreibt.

Jetzt ist es wichtig, dass so viele Menschen wie möglich sich für Rot-Grün aussprechen. Dass all unsere A- und B-Promis mal wieder rauskommen und Häupl & his Friends sagen: Ja, ich will: Rot-Grün für Wien. Und seien wir uns ehrlich: Es ist schon so lange fällig und überfällig, dass diese Regierungskonstellation wo kommt. Noch nie waren wir so knapp davor.

Wie grobe Ungleichheiten die Finanzkrise provozierten

Die dramatisch gewachsenene Vermögens- und Einkommensungleichheiten haben aus verschiedensten Gründen die Finanzkrise befeuert: Weil sie zu Machtverschiebungen in den Gesellschaften führten, weil sie globale Ungleichgewichte ermöglichten, weil den Konsumenten das Geld fehlt, die produzierten Güter auch zu kaufen usw. Die Debatte über den Zusammenhang von Instabilität und Ungleichheit gewinnt in den USA gerade an Fahrt. Gastautor Markus Schuller, im „Zivilberuf“ Investmentbanker bei Panthera Solutions, beschreibt, wie grobe Ungleichheiten uns allen schaden – nicht nur jenen an der unteren Sprosse der sozialen Leiter.

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Lieber Michael Häupl,

Ich wünsch Ihnen für den morgigen Wahltag viel Glück, ja, echt, ganz ehrlich. Werden Sie ja brauchen, ist ja in den vergangenen Tagen einiges verdammt unrund gelaufen für Sie in diesem Wahlkampf. Und vielleicht sollte man sich an diesem Samstagabend, wo der Wahlkampf langsam ausklingt und der Wahltag langsam randämmert, Gedanken darüber machen, wass da eigentlich genau passiert ist.

Die Sache ist eigentlich ganz einfach: Die ÖVP hat den Sozialdemokraten, also vor allem Ihnen, einfach eine Falle gestellt. Indem die Abschiebeministerin Fekter die beiden kosovarischen Mädchen und ihren Vater deportieren ließ, wollte sie eine Bombe in dem Wahlkampf zünden um damit ihrer traurigen Parteifreundin Marek zu Hilfe zu eilen. Ihr Kalkül: Das kann nur der SPÖ schaden. Denn wenn die Sozialdemokraten sich zu humanitären Basics bekennen, dann kann die ÖVP sich als Law-And-Order-Partei profilieren, und wenn sie sich aber nicht dazu bekennen, wenn sie vielleicht auch murmeln, dass Recht Recht bleiben müsse, dann verlieren die Sozialdemokraten eben nach links Richtung Grün. In jedem Fall also schadets den Sozen, haben die sich gedacht, und darüber freut man sich natürlich besonders in der ÖVP. 

Sie haben das natürlich super erkannt, dass das eine Falle ist und haben sich dafür entschieden – einfach auf Tauchstation zu gehen. Erst als die Mädchen abgeschoben waren (übrigens ohne ihre Teddybären, die durften sie nicht mehr einpacken, muss ja alles schnell gehen bei so einem Rollkommando), da haben Sie gesagt, Sie würden es bedauern, dass sie die Abschiebung nicht verhindern konnten. Nunja, ob Sie sie verhindern hätten können, das werden wir natürlich nie erfahren, Sie haben es ja nicht versucht. Sie haben ja gar nichts gesagt 48 Stunden lang. Ich meine, das muss man Mitten im Wahlkampf einmal schaffen zu einem Sachverhalt, der sich als wahlentscheidend erweisen könnte, zwei Tage kein Wort verlieren als Spitzenkandidat! Alle Achtung!

Aber ich will ja gar nicht nörgeln, ich verstehe ja ihre Zwänge und Notlagen. Sie fürchteten, Sie könnten einfach nur verlieren in dieser Causa, was immer Sie tun würden. Und das ist natürlich schon mal ein verständliches Motiv fürs Nichtstun. Das Problem ist nur: Auch das Nichtstun hat seinen Preis. Ich weiß ja, dass sich Sozialdemokraten manchmal fürchterlich verbiegen, das hat ja nichts mit Schlechtigkeit zu tun, sondern mehr mit Ängstlichkeit. Dass man glaubt, man muss die Kröte schlucken, man muss diesen oder jenen Kompromiss noch schließen, weil alle Alternativen noch schlimmer werden. Ja, ich versteh das, ehrlich, und Sie können sicher sein, dass Sie dafür immer mein größtes Mitgefühl haben. Nur leider zahlt man dafür halt auch einen hohen Preis. Man gewinnt überhaupt nichts und wird nur unglaubwürdiger, von Tag zu Tag unglaubwürdiger.

Ich weiß ja nicht, ob Sie das schon bemerkt haben, aber wegen Ihres Verhaltens sind viele Leute sehr zornig auf Sie. Das ist natürlich schon wieder eine Ungerechtigkeit. Die böse Fekterpartei deportiert Kinder, und dann sind die Menschen auf den sozialdemokratischen Bürgermeister böse, obwohl der doch gar nicht mitgeholfen hat beim Deportieren, sondern nur einfach nichts getan und nur den Mund gehalten hat. Ehrlich, dass manche Leute da etwas unverhältnismäßig reagieren und auf die SPÖ mehr böse sind als auf die ÖVP, das geht mir auch auf die Nerven und ich kann schon verstehen, dass Sie das ungerecht empfinden.

Aber gerade wegen all dem ist das, was in den letzten Tagen geschehen ist, ein Lehrstück: Es nützt nichts, wenn man sich verbiegt. Man hat dann keinen, auch keinen taktischen Vorteil. Nur so als Beispiel: Die Sozialdemorkaten haben all diesen schrecklichen Gesetzesnovellen zugestimmt, weil sie immer denken, man sei in dieser Frage nunmal in der Defensive, da könne man nichts gewinnen, außerdem will man ja keinen Bahö mit dem Koalitionspartner usw. Man wollte also Nachteile vermeiden. Das Ergebnis ist aber, dass damit eine Grundlage geschaffen wurde, die es der Innenministerin erlaubte, wenige Tage vor einer wichtigen Wahl eine Bombe unter ihrem Sessel zu zünden und Ihnen damit den Wahlkampf zu verhageln. Sehen Sie, das Taktieren rächt sich, irgendwann rächt es sich, manchmal in Augenblicken, wenn man gar nicht damit rechnet und wenn man es absolut nicht brauchen kann.

Lieber Herr Häupl, und ich muss sagen, ich hab mich schon gewundert: Sie hatten mal schlagfertiges Talent und politischen Instinkt. Damals, als Sie im Ariel-Wahlkampf die Haider-Provokationen zu Ihrem Vorteil umgemünzt haben. Ich hab mir eigentlich auch diesmal gedacht, wenn das wer schafft, auf diese firvolen Taschenspielertricks der ÖVP zu reagieren, dann ist das der Häupl. Weil der ein Gespür hat, nicht nur ein Gespür für Gefahren, sondern auch für Chancen hat und den Mut, auf so eine Herausforderung auch populistisch zu reagieren. Irgendwas war diesmal anders. Vielleicht werden Sie uns das ja einmal sagen, bei Gelegenheit, wieso Sie diesmal derart in die Falle getappt sind. Würde mich echt interessieren.

Wie gesagt, ich wünsch Ihnen alles Gute. Im Gegensatz vom Kollegen Menasse find ich nicht, dass irgenwas dadurch gewonnen würde, wenn Sie unter die 40-Prozent-Marke rasseln. Ich wünsch mir, dass die ÖVP wenigstens ein bißchen die Rechnung für ihr ruchloses Spiel mit Kinderschicksalen bezahlen muss und ich wünsch mir natürlich, dass die Strachepartei nicht allzu viel gewinnt. Ein bisschen mit mehr Elan dagegenhalten, hätte das sicher begünstigt. Und ob es so wahnsinnig klug war, das Ausländerthema, also das Thema der FPÖ, als das allgemeine wichtigste Thema des Wahlkampfes zu akzeptieren, na, das wird sich auch erst zeigen. Und natürlich wünsch ich mir, dass die Grünen zulegen. Aber das hat mit Wünschen nicht so viel zu tun. Weil dass die zwei, drei Prozent an Stimmen, die Sie in den vergangenen 60 Stunden verloren haben, zum überwiegenden Teil zu den Grünen wandern, das weiß eh jeder.

Und vor allem wünsch ich mir, dass Sie mal über all das nachdenken. Man kann ja Fehler machen, kommt vor bei Menschen. Aber die immergleichen Fehler immer wiederholen, das muss ja dann doch auch nicht sein, aber darin hat die SPÖ in den letzten Jahren verdammt viel Talent bewiesen. Oder?

Herzlich, Ihr Robert Misik

I have a dream…

Wie Michael Häupl zu einer historischen Figur werden könnte.

I have a dream… Dass der Bürgermeister dieser Stadt drei Tage vor einer wichtigen Wahl aufsteht und sagt: Meine Schülerinnen und Schüler schiebt ihr mir nicht ab. Meine Wiener schiebt mir niemand ab, schon gar nicht eine Schottermizzi aus Attnang-Puchheim. Ja, Recht muss Recht bleiben, aber wir sind hier in Wien und da gilt genauso, dass Menschlichkeit Menschlichkeit bleiben muss. Und Kinder im Morgengrauen aus dem Bett holen und ins Gefängnis stecken, diesen Kindern nicht einmal erlauben, ihre Teddybären und ihre Blockflöte mitzunehmen, Kinder traumatisieren mit einem Rollkommando in aller Herrgottsfrüh, das gibt’s bei mir in Wien nicht und wer glaubt, das sollte es geben in der Stadt der kriegt es mit mir zu tun. Aber nicht nur mit mir, weil ich kenn meine Wiener und Wienerinnen, der kriegt es auch mit denen zu tun. Und die Innenministerin ist die Innenministerin, aber ich bin der Bürgermeister da und sowas spielt’s nicht in meiner Stadt.

I have a dream… Dass der das sagt, obwohl Wahlen vor der Tür stehen, ja, dass der sogar sagt: Und ob das jetzt populär ist oder nicht, ist mir wurscht, weil wenn das Populäre falsch ist und das Unpopuläre richtig ist, dann bin ich für’s Unpopuläre statt für das Populäre. Aber ich glaub ohnehin, dass die Leute das schätzen, wenn einer mit Rückgrat dazu steht, wofür er steht, und dass sie umgekehrt nichts mehr verachten, als wenn jemand die Pappen hält aus Feigheit. Und wenn sie es nicht schätzen, nagut, dann verlier ich halt ein paar Stimmen bei der Wahl. Aber dann hab ich nur Stimmen verloren, aber mein Gesicht hab ich nicht verloren…. Und wisst ihr was, ich sag Euch jetzt was und jetzt hörts ihr bitte gut zu: Von den Leuten, die das gut finden, dass man Kinder rausreißt aus ihren Leben, und reinsteckt in das Gefängnis, ohne Mama, ohne Teddybären, ohne Blockflöte, von diesen Leuten, diesen Falotten, von solchen kranken Typen will ich eh nicht gewählt werden. So, jetzt hab ich es gsagt, und jetzt wählt’s mich oder wählt’s mich nicht.

I have a dream… Dass der Bürgermeister am nächsten Tag vor dem Polizeigefangenenhaus steht und niemand sich mehr die Leute abschieben traut und die Abschiebepolizisten sagen, ja, was glaubt’s ihr denn, glaubt’s ihr das macht uns Spaß, Kinder aus ihren Betten zu holen, glaubt’s ihr das wirklich, glaubt’s ihr eigentlich wir sind Sadisten oder krank im Hirn, glaubt’s ihr das echt? Und dass die Kinder und der Papa dann rausgehen aus dem Gefangenenhaus und dass sie auch noch am Sonntag hier sind und der Bürgermeister, den die Leute zwar nicht alle in der Sache Recht geben, aber den die Leute für seine Gradlinigkeit schätzen gelernt haben, dafür, dass er so gar nicht reagiert hat wie ein Politiker, sondern wie ein Mensch mit Herz und Gefühl, dass die ihn alle wählen und dass er seine absolute Mehrheit ausbaut und die Partei der Innenministerin, die wird ausradiert bei der Wahl.

Und Traum ist das eigentlich keiner. Es müsste ihn nur EINER wahr machen, dann ist er Wirklichkeit.

Bei diesen Wahlen geht es um das Klima in der Stadt

Hingehen und Rot-Grün wählen. Und vor allem: Soviele wie möglich mitnehmen. Der Wahlaufruf auf www.misik.at

Der Wiener Wahlkampf geht in die letzten Tage und irgendwie ist er eigenartig. Die Parteiaktivisten und Wahlkämpfer stehen unter Strom, wir als Beobachter sind interessiert, aber er schleppt sich auch ein bisschen dahin, der Wahlkampf. Für richtige Aufregung konnten nicht einmal mehr wirklich die kalkulierten Provokationen der FPÖ sorgen, und das inszenierte „Duell“ zwischen Häupl und Strache will auch nicht elektrisieren – schließlich weiß jeder, dass es dieses Duell gar nicht gibt. Und die Sachthemen – naja, ein wenig Schulpolitik, die ohnehin nicht in Wien entschieden wird und dazu das ewige Ausländerthema, bei dem es hauptsächlich um Aufwiegelung und Emotionalisierung geht, und nur am Rande darum, wie man Unterprivilegierten mit schlechten Startbedingungen faire Chancen auf Aufstieg und Entwicklung ihrer Talente gibt. Für ihren Vorteil, aber auch für den Vorteil von uns allen. Weil das das Leben von uns allen verbessert. Aber Anyway, so ist das eben in Wahlkämpfen.

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Jetzt als Video: James K. Galbraith im Kreisky-Forum

Im Juni hatte ich im Wiener Kreisky-Forum den amerikanischen Ökonomen James K. Galbraith zu Gast. Die Freunde von „ichmachpolitik“ haben damals mitgefilmt und den Vortrag (mitsamt den Begrüßungsworten von Franz Vranitzky und mir) online gestellt. Galbraith gab seinem Vortrag folgenden Titel: „The Necessary Future of Social Democracy“.

Zum Nachlesen: Ein Interview, das ich mit Galbraith führte, findet sich hier.

Fekter lobpreist Sarrazin

Wer noch ein Argument für die Unwählbarkeit der ÖVP vor der kommenden Wienwahl braucht, der soll den heutigen „Kurier“ auschlagen. In dem lobt die Innenministerin Maria Fekter die „postive Debatte“, zu der Thilo Sarrazins Buch beigetragen hat. Und dann legt sie noch in Strache-Manier nach: „Das ist ein Phänomen, das mich auch schon lange begleitet hat: Dass eine kleine Gruppe bestimmt, was politisch korrekt ist, was man sagen darf und was nicht. In Wirklichkeit ist das Gesinnungsterror.“ Das ist also das einzige, was Frau Fekter zur Neo-Eugenik Sarrazins einfällt.

Dabei muss man sich vor Augen halten: In Deutschland hat die christdemokratische Parteichefin Angela Merkel keine Sekunde gezögert, sich gegen Sarrazins Aufwiegelungsprosa zu stellen – in Österreich wird er von der Innenministerin in den Himmel gelobt. Das genau ist der Unterschied zwischen den Christdemokraten hier und denen da.

Und ich bin es auch langsam leid, mir immer von irgendwelchen aufgeklärten, liberalen Christdemokraten sagen lassen zu müssen, dass sie eh nicht so seien, dass sie das ja eh auch nicht gut finden – dann sollen sie endlich einmal ihren Arsch hochkriegen und etwas unternehmen. Oder zumindest vernehmbar kundtun, dass sie das ablehnen und verabscheuen. Im Kaffeehaus den Liberalen raushängen lassen ist wohl ein bißchen wenig.

Was die Krise kostete

Die Wiener Arbeiterkammer veröffentlichte heute in paar wirklich interessante Daten. Die wesentliche Zahl ist: Heute sind die Staatsschulden Österreichs – also von Bund, Ländern und Gemeinden – um 37,4 Milliarden Euro höher als vor der Krise. Nun wäre auch ohne Finanzdebakel und Konjunktureinbruch der Gesamtschuldenstand höher als 2007 – und zwar, nach allen gängigen Prognosen, um 9,6 Milliarden. Damit ergibt sich, dass die Krisenkosten für die öffentlichen Haushalte alleine in Österreich 28,9 Milliarden Euro betragen. Das ist, gemessen an einem Gesamtschuldenstand von knapp unter 200 Milliarden Euro schon ein ziemlich großer Brocken, und zeigt ziemlich klar, was von den neoliberalen Meinungsäußerungen zu halten ist, dass nicht die Krise für die klammen Haushalte verantwortlich ist, sondern die „allgemeine Mißwirtschaft“ der Regierung. Ist halt interessegeleitetes Gerede. Die Fakten sehen anders aus. Ach ja, und wie in allen anderen betroffenen Ländern sieht man auch, dass die Schulden hauptsächlich nicht deshalb explodiert sind, weil „der Staat“ soviel zur Wirtschaftsstützung ausgegeben hat, sondern ganz simpel wegen des Einnahmenausfalls für den Staat – weil einfach die Steuereinnahmen krisenbedingt wegbrachen. Mit 9,4 Prozent stellt dieser Posten den Löwenanteil.

Hier und hier der Link zur Arbeiterkammer.

Und hier noch die ziemlich aussagekräftige ChartUnd hier noch die ziemlich aussagekräftige Chart:

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Richard Wilkinson im Kreisky-Forum


foto wilkinson.JPGEin wunderbarer Abend
war das gestern mit Richard Wilkinson im Kreisky-Forum. „Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind“, das Buch, das er gemeinsam mit Kate Pickett geschrieben hat, ist ja regelrecht eingeschlagen. An Hand hunderter Datensätze – der UNO, der OECD, der WHO, der amerikanischen Bevölkerungsstatistik – haben die beiden nicht nur nachgewiesen, dass Gesellschaften mit einer eher gleicheren Einkommensverteilung viel weniger Probleme haben als Gesellschaften mit ungleicheren Einkommensverteilungen, sondern dass es sogar den Reicheren in egalitären Gesellschaften besser geht. Kurzum: Dass alle, nicht nur die Armen, einen Preis für grobe Ungleichheiten bezahlen.

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