Eine Partei mit Forderungen, aber ohne Programm

Zum Parteitag der „Linken“. Der Freitag, 18. Juni 2009

 

Dass die Linke nicht von der Krise profitiert, hat eine Reihe von Gründen. Erstens: Viele Leute wählen sie immer noch als Protestpartei und verhalten sich in der Krise „verantwortlich“, was heißt, sie haben weniger Lust zum protestieren. Zweitens: Die Vereinigung von PDS, WASG und diversen Milieus der westlichen Linken hat die Partei nicht nur gestärkt. Sie hat jetzt noch mehr Strömungen und Flügel, die sich spinnefeind sind. Das lähmt innerlich. Drittens und vor allem: Die Partei ist gegen den Turbokapitalismus, aber das sind heute schon ja fast alle. Aber wofür ist sie? Für einen neuen, keynesianisch regulierten Kapitalismus, der mehr soziale Gerechtigkeit mit Wachstum kombiniert? Für die Rückkehr zur „Sozialen Marktwirtschaft“? Oder ganz gegen den Kapitalismus? Die Wähler wissen das nicht so genau, weil sie, wir mir scheint, das selbst nicht so genau weiß. Will sie eine neue, authentischere Sozialdemokratie sein? Oder eine antikapitalistische Kraft? Die momentane Führung scheint zu glauben, sie könne diese Unentschiedenheit durch populistische Kraftmeierei übertünchen. Das kann sie auch bis zu einem gewissen Grad. Aber das verhindert zugleich, dass sie ihre Kreise erweitern kann. Kurzum: Sie hat Forderungen, aber kein Programm. Sie ist damit, auf ihre Art, was sie den anderen vorwirft: Eine Partei, die nicht weiß, wofür sie steht.

Der Raiffeisen-Skandal

Was die „Presse“ da berichtet, könnte sich noch zu einem Skandal auswachsen: Die Industriellenvereinigung will keine Gelder für das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO locker machen, die Raiffeisen hat ihre Zahlungen schon eingestellt. Und zwar, weil am WIFO Wissenschaftler arbeiten, die offenbar politisch unliebsame Vorschläge machen, wie die „Presse“ schreibt:

„Vor allem die prononciert „roten“ Wifo-Experten Margit Schratzenstaller, Stephan Schulmeister und Markus Marterbauer würden sich in der Öffentlichkeit ständig zu Wort melden – mit politisch eindeutigen Botschaften.“

Vor allem im Fall der Raiffeisen ist das pikant: Musste die Raiffeisen ja mit einer Eigenkapitalspritze vom Staat über Wasser gehalten werden, und auch indirekt zahlt der Steuerzahler für das Finanzdesaster, das Rothensteiner & Co. angerichtet haben: Indem höhere Zinsen am Kapitalmarkt zu zahlen sind, weil Österreich als Staatspleitekandidat gilt. Dass gerade eine solche Bank, statt sich bei den Bürgern zu entschuldigen, Wissenschaftsinstitutionen erpresst, ist eigentlich unfassbar.

Man sollte sich überlegen, ob nicht ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die offenkundig unvernünftigen High-Risk-Praktiken untersuchen sollte, die die Banker auf Kosten der Steuerzahler eingegangen sind.