Klaus Werner-Lobo beschreibt, wie aus der Dauerempörung produktive politische Energie werden kann.
In einer staturierten Gesellschaft, in der sich scheinbar alle mit Zuständen zufrieden geben, an denen nichts Zufriedenstellendes ist, in einer solchen Gesellschaft ist die Empörung eine Kraft, die Schwung in die Lähmung bringen kann. Aber in einer solchen Gesellschaft leben wir längst nicht mehr. Im Gegenteil: Eher ist unsere Epoche von grassierender Wut geprägt. Rechts, Links und in der Mitte, gelegentlich hat man den Eindruck, unsere Gesellschaft sei ein Sammelsurium der Dauer-Empörten.
Saturierte Zufriedenheit ist also im Augenblick nicht unser größtes Problem. Das Problem ist eher, wie man aus allgegenwärtigen Unzufriedenheit eine Kraft der Veränderung macht. „Nach der Empörung“, hat Klaus Werner-Lobo sein neues Buch deshalb genannt, das es genau mit dieser Problematik aufnehmen will. Untertitel: „Was tun, wenn wählen nicht mehr reicht.“
„Wir werden zunehmend von Menschen regiert, die politikverdrossen sind, also selbst nicht mehr daran glauben, etwas ändern zu können… In der Gesellschaft hingegen steigt nicht die Politikverdrossenheit, sondern die PolitikerInnen-Verdrossenheit“, schreibt Lobo und will Mut machen auf ein „politisches Engagement abseits der institutionellen Parteipolitik.“
Lobos Botschaft: Wartet nicht auf die Parteien und deren Akteure, es hilft ja auch nichts über die Unzulänglichkeiten im politischen System zu lamentieren (zu „sudern“, wie Alfred Gusenbauer gesagt hätte), sondern packt es einfach an.
Die Parteipolitik ist, aus der Entfernung betrachtet, hässlich – und sie ist es aus der Nähe erst recht, meint Lobo, der die vergangenen fünf Jahre für die Grünen im Wiener Landtag saß und für Kulturpolitik zuständig war. Da habe er die Erfahrung machen müssen, dass Leute die Partei prägen, die zwar durch politische Werte motiviert sind, in der Praxis aber „politische und werteorientierte Inhalte in den Hintergrund traten“, Machtzirkel die klassische Intriganten-Politik betreiben, PR-Leute die Inhalte zurechtstutzen. Aus dieser Politik-Politik sei keine Heilung zu erwarten, so Lobos Argumentation, weshalb „wir mit jeder Art von Macht in Konflikt treten müssen – und das Problem nicht lösen können, indem wir selbst Teil davon werden“. Handbuch für Radikale weiterlesen