Was Kraus wirklich sagte

Henryk M. Broder, zugleich Kasperl und Krokodil der deutschen Publizistik, wäre ja gerne ein Karl Kraus. Deshalb zitiert er fast täglich den großen K.K. mit dem Satz: „Es genügt nicht nur, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“ Wie im Sektenwesen üblich, schreiben die Jünger vom Guru ab, was dazu führt, dass heute kaum mehr ein Eintrag in Broders Achgut-Netzwerk ohne dieses Zitat auskommt. Da Kraus es nicht verdient hat, für einen Satz berühmt zu werden, den irgendein Analphabet, der nicht abschreiben kann, erfunden hat (das muss nicht Broder selbst gewesen sein, das Falschzitat kursiert schon lange), sei hier ein für alle mal die korrekte Kraus-Wendung referiert. Sie stammt aus Das Berufsgeheimnis: „Viele würden in Redaktionen rennen, bedürfte es nicht die spezialste der Gaben. Es genügt nicht keinen Gedanken zu haben: man muß ihn auch ausdrücken können.“ (Fackel 697, Seite  60)

 

Ist ja auch viel krausianischer. Kraus scherte sich ja nicht so sehr um Leute, die auf holpernde Weise Blödsinn von sich gaben, er spießte vielmehr die journalistische Eigenart auf, mit großem Getue Unsinn zu sagen.

 

Ob die krause Falschlektüre, die den Satz in sein Gegenteil verkehrt, vielleicht gar symptomatisch ist?

„Wir sind keine Antisemiten“

 

John Mearsheimer und Stephen Walt, Autoren des Polit-Bestsellers "Die Israel-Lobby", über den Einfluss proisraelischer Pressure-Groups auf die US-Außenpolitik, den Antisemitismus-Vorwurf und die politische Debatte auf vermintem Terrain. Falter und taz, 14. 11. 2007

 

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Utopia.de: NGO mit unternehmerischen Mitteln

Konsumieren für eine bessere Welt ist ja das große Thema dieses Jahres. Gerade hat sich in München eine neue Initiative – oder muss man sagen: ein neues Unternehmen? – gegründet, das den politisch korrekten Lifestyle mit viel Verve, Chic und Promis propagieren will. Darüber wird ja gelegentlich viel die Nase gerümpft (eben erschien im "Zeit"-Magazin ein großer Spottartikel über den Prenzlauer Berg mit dem Titel "Bionade Biedermeier"), andererseits gäbe es wohl ein paar Probleme weniger, wenn alle mit American Apparel Klamotten rumlaufen und Autos mit geringem CO2-Ausstoß fahren würden. Also, das Webportal der bemerkenswerten Initiative der Münchner Unternehmerin Claudia Langer (Bild) heißt Utopia.de, und das soll "eine Nichtregierungsorganisation mit unternehmerischen Mitteln werden". Schauen Sie da mal vorbei.

Und wenn wir schon dabei sind: Die Freunde vom Social-Fashion-Label Armed Angels haben hier zu mir verlinkt, und das allein ist schon ein Grund, zurückzuwinken, sie haben es aber wegen ihren schönen und engagierten Shirts auch sonst verdient.

Neues vom Gutmenschentum

In meiner Nähe wohnt einer der Spitzenbeamten Österreichs, der sich gelegentlich von der Fahrbereitschaft abholen lässt. Bisher standen immer dicke Audis vor der Tür. Heute stand da ein Schlitten mit der Aufschrift: "Toyota Prius Hybrid Bundeskanzleramt". Also: Geht doch! Und noch was. Rechts unten auf diesem Blog sehen Sie eine Einschaltung von "Ärzte ohne Grenzen". Das ist Teil einer Kampagne dieser unterstützenswerten Organisiation. In deren Zuge werden Buttons auf diesem Blog, aber auch auf dem von Doris Knecht, Florian Klenk, Andrea Maria Dusl und Ernst Schmiederer geschaltet. Es lebe die Vernetzung!

Marxismus – eine Hautkrankheit?

Einen neuen originellen Beitrag zur Geistesgeschichte des Marxismus lieferte nun der britische Dermatologe Sam Shuster im British Journal auf Dermatology. Karl Marx, der schon früh an schmerzhaften "Karbunkeln" litt, wie er es nannte, laborierte in Wirklichkeit an der chronischen Hautkrankheit Hidradenitis Suppurativa. Eine Krankheit mit tiefgreifenden psychologischen Wirkungen. Wer sie hat, fühlt sich nicht wohl in seiner Haut, leide unter "psychischer Entfremdung". Und, ha, fragt Shuster: Hat Marx nicht die Theorie von der "Entfremdung" aufgestellt? Eben…

 

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Termine: Oktoberrevolution, Mittwoch in Berlin

Auf Einladung der Berliner "Linkspartei" (vormals PDS) werde ich im schönen traditionsreichen Colosseum-Kino über die Oktoberrevolution diskutieren. Die wird nämlich am Mittwoch 90 Jahre alt. In der Ankündigung der Veranstalter heißt es dazu:

»90. Jahrestag der Oktoberrevolution«

Veranstaltung des Berliner Landesverbandes der LINKEN. 18 Uhr im Kino 7 des Colosseums (UCI), Schönhauser Allee 143

 

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