„Ich denke schon, dass sie ein bisschen etwas tun“

"Eine der bemerkenswertesten Figuren des heimischen Journalismus", nennen mich die Kollegen vom Online-Jugendmagazin FM5. Das hört der Mensch natürlich gern. Das Interview, das sie mit mir über die österreichische Innenpolitik, moderne und unmoderne Linke, neue Spießer und mein im Herbst erscheinendes Buch gemacht haben, kann man etweder hier auf der FM-5-Page lesen oder hier unten.

 Foto: Johannes Rausch

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Phänotypen des Verführers: Demagogen, Hetzer, Blender

Gestern Abend im Burgtheater: Premiere von Shakespeares "Julius Caesar" in der Inszenierung von Falk Richter. Auf angenehme Weise konventionell, mit eingesprengter MTV-Zeichensprache. Ein Höhepunkt, die Rede des Marc Anton. Ansonsten etwas uninspiriert, aber auch nicht langweilig. Dramaturgisch etwas fragwürdig: Was einem das Stück heute noch sagt. Die Analogien, die sich anbieten, sind eher plump: Bush, Saddam. Zeitlos: Wie republikanische Werte untergehen. Aber eigentlich ist das Stück des alten Shakespeare ziemlich tot. Man müsste die zweite Hälfte großflächig umschreiben. Dennoch: Alles in allem ein angenehmer Abend. Was am Thema aktuell ist, habe ich in einem Beitrag für das Programmheft des Burgtheaters aufgeschrieben, den Sie hier lesen können.

 

 

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Wie ich vor fünfzehn Jahren nach Rostock fuhr und seitdem den Popdiskurs präge

Eigentlich sind Poptheorie und -diskurs ja nicht meine großen Stärken. Dennoch präge ich dieses Genre seit 15 Jahren, was ich erst jetzt richtig bemerke. Das kam so: Vor 15 Jahren fand in Rostock ein ausländerfeindliches Pogrom statt. Da sich das angekündigt hatte, war ich aus Berlin rechtzeitig angereist – was mich, nebenbei gesagt, von der Polizei unterschied. Die hatte nur ein paar Mecklemburger Regimenter vor Ort und war deshalb restlos überfordert.

Jedenfalls sahen die Jugendlichen in Rostock, die dort ein Ausländerwohnheim abfackelten, nicht alle nach Nazi aus. Ich schrieb damals in meinem Report für "profil":

Der 16jährige Alex fand die Randale einfach "bullig". Eigentlich lebt er gerne in Lichtenhagen, erzählt er. "Wenn die alle erst einmal weg sind, ist das das beste Viertel hier." Außerdem hätte er Spaß daran, daß hier endlich einmal etwas los ist. Von einem Skinhead hat Alex nichts an sich. Ein schickes rotes Stirnkäppchen trägt er am Kopf. "Malcolm X" steht auf der Stirnseite, der Name des militanten schwarzen Bürgerrechtlers aus den USA.

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Lost in Transplantation

 

„Bin reich, krank und suche Niere“. Das globale Geschäft mit Körperteielen boomt. Besonders bizarr: In China werden Hingerichtete förmlich ausgeweidet. Jetzt nimmt UN-Sonderermittler Manfred Nowak die makabre Praxis auf’s Korn.  profil, 12. März 2007

 

 

Mabel Wu kümmerte sich nicht um die Bedenken ihres Facharztes. Gegen seinen Rat reiste die 69jährge aus Northridge, einer ruhigen Vorstadt von Los Angeles, im vergangenen Juli in die südchinesische Boomcity Dongguan in der Provinz Guangzhou. Dort wollte sie sich für 40.000 Dollar eine neue Niere beschaffen. Man teilt ihr bald nach ihrer Ankunft mit, dass diese von einem 30-jährigen Mann stamme. In dem Krankenhaus in Dongguan befanden sich noch vier weitere Patienten, alle aus Taiwan, die Nierentransplantationen hinter sich hatten. Nach ihrer Operation flog Wu zurück nach Kalifornien, „sehr glücklich“ mit der neuen Niere.

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„Hoher Organisationsgrad“

Manfred Nowak, Menschenrechtsjurist und UN-Sonderberichterstatter, über seine Untersuchungen gegen die chinesische Regierung. profil, 12. März 2007

 

Sie haben sich auf Basis des kanadischen Reports zur Untersuchung der Vorwürfe entschlossen. Wie dicht ist das dokumentierte Material?

 

Nowak: Die beiden Kanadier kommen zu klaren Schlussfolgerungen. Die Indizienkette, die sie dokumentieren, gibt ein stimmiges Bild, das sehr zur Besorgnis Anlass gibt.

 

Welche Indizien genau?

 

Nowak: Dass Falun Gong seit 1999 sehr unterdrückt wird, ist ein Faktum. Ebenso unbestreitbar ist, dass ab dem Beginn der Repression gegen Falun Gong die Anzahl an Organtransplantationen massiv zugenommen hat. Auch die offizielle chinesische Medizinerorganisation weist in ihren Statistiken aus, dass es zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2005 60.000 Organtransplantationen gegeben hat.

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Kaufen und die Welt retten

Konsumismus und Klimawandel. „Deutsche, macht in Deutschland Urlaub!“, lautet die neue Parole. Sie fügt sich in ein Stakkato ähnlicher Appelle: Mit vernünftigem Konsum soll repariert werden, was der Konsumismus angerichtet hat. taz vom 5.3. und – in etwas anderer Fassung – Falter vom 7.3. Und eine Radioversion für den Hessischen Rundfunkt kann man hier hören.

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Das Prinzip Celebrity oder: Was ist „Laissez-Faire-Aestetics“?

theorie & technik, die taz-kolumne. 6. März 2006

Früher hießen sie Stars, noch früher Berühmtheiten, doch das Wort der Stunde ist „Celebrities“. Celebrities, dass sind die, die jeder kennt, und weil sie jeder kennt, machen wir täglich auf’s Neue ihre Bekanntschaft. Weil ihr Grad an Bekanntheit so groß ist, dass offenbar eine ausreichende Menge an Menschen das Bekannte immer wieder lesen wollen, gibt es Zeitschriften wie „Vanity Fair“: Hochglanzpostillen, die einerseits Celebrities zu Celebrities machen, andererseits deren Celebritytum sekundär ausbeuten. Die Stars leben vom Medium, das ihr Star-Sein verbürgt, das Medium lebt von den Stars. Beide leben ganz gut voneinander.

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Eskalierende Predigten

Neuerdings mischen sich auch in Europa die Kleriker wieder mit Lust ins politische Geschehen ein. Die Kirchengranden nehmen sich an Ayatollahs und an Amerikas politisierenden Christen ein Vorbild. profil, 5. März 2007

Am Anfang war das Wort. Aber das ist lange her. Heute zählt der Soundbite, die scharfe Ansage, die Schlagzeilen garantiert. Das haben mittlerweile auch die Kleriker gelernt. Die neue Familienpolitik der deutschen Christdemokraten, verkündete vorvergangene Woche der Bischof von Augsburg, Walter Mixa, degradiere Frauen zu „Gebärmaschinen“.

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