Die Partei Victor Adlers ruiniert man nicht

SPÖ: Das Haus in Flammen, die Beteiligten zerstritten, Panik an allen Ecken.

Dass Pamela Rendi-Wagner dieses Wochenende als SPÖ-Parteichefin überlebt, darauf hätten wohl noch vor drei, vier Tagen die wenigsten Beobachter sehr viel verwettet. Dass sie es doch geschafft hat, verdankt sie dem Dilettantismus ihrer Gegner, der Unentschlossenheit wichtiger Anführer in ihrer Partei und dem Intrigenerfahrenheit ihrer letzten Unterstützer. Aber im konkreten Fall ist das ein Pyrrhussieg. Das Haus in Flammen, die Mitglieder demoralisiert, die Beteiligten noch mehr zerstritten, allgemeine Panik angesichts von Umfragewerten bei 18 Prozent.

Kleine persönliche Anmerkung: Ich habe mich in den vergangenen Jahren zwei Mal geirrt. Einmal ein bisschen, einmal sehr. Christian Kern war ein Hoffnungsträger in der Partei, aber er hatte ein paar Schwächen, die letztlich dazu geführt haben, dass er scheiterte und seine Potentiale nicht ausspielen konnte. In entscheidenden Augenblicken fehlten ihm Führungsstärke, Killerinstinkt und Brutalität. Jammerschade, aber letztlich doch eher kleine Fehler. Aber klar, wie über jede versemmelte Chance kann man sich darüber ärgern. Aber fehlerfrei ist niemand. Ich dachte aber später auch, dass eine frische Person von außen, die mit der Apparatschikpolitik bisher nichts zu tun hatte und von so gewinnender Ausstrahlung ist wie Pamela Rendi-Wagner ein Geschenk des Himmels für eine Partei sein sollte, die sich erneuern muss. Das war die wirklich gigantische Fehleinschätzung. Im Grunde hat Pamela Rendi-Wagner vom ersten Tag an alles falsch gemacht, haarsträubende Fehler aneinander gereiht und auf die falschen Leute gesetzt. Das wird nichts mehr.

Letztendlich weiß das jeder in der SPÖ. Warum aber konnte sie sich dann noch halten? Weil das Misstrauen zwischen allen anderen Beteiligten so groß ist, kann man sich auf keinen Ersatz einigen. Viele haben mehr Angst vor dem, was kommen könnte, als vor dem, was ist.

Und das in einer wirklich alarmierenden Situation. Die Zustimmung zur Sozialdemokratie ist im freien Fall, wie in Deutschland sind auch hier die Grünen am Sprung, die SPÖ in Umfragen zu überholen. Diese Stimmung hat selbst für die stärksten Landesparteien negative Effekte. Und allgemeinpolitisch gesprochen: ein Land, in dem die große, historische Partei der Demokratisierung und des Sozialismus nur mehr eine Nebenrolle spielt, ist auf einem falschen Kurs. Die größeren und kleineren Granden in der Partei haben sich in den vergangenen Jahren so viele Wunden geschlagen, dass jeder und jede einer „Clique“ oder „Seilschaft“ zugerechnet wird (zumindest in den Augen der jeweils anderen „Clique“). Mit dem Ergebnis, dass kaum mehr jemand in der Lage ist, eine integrierende, beruhigende Rolle zu spielen. Dabei gäbe es wohl ein paar, die das könnten: Ludwig, Kaiser, Katzian, vielleicht auch einer wie Gerhard Zeiler, wenn nötig sogar Franz Vranitzky. Die verbliebenen „Verbinder“ in der Partei müssen allen klar machen: Die Partei von Victor Adler ruiniert man nicht. Wer nichts anders als intrigieren gelernt hat und nur Vendettas von vorgestern weiter schlagen will, der soll das am Bolzplatz tun.

Die Verbinder in der Partei haben jetzt eine Verantwortung. Und alle anderen haben die Verantwortung, sie dabei zu unterstützen.

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