„Aus Politik und Zeitgeschehen“, die tolle Beilage der deutschen Wochenzeitung „Das Parlament“, widmet sich in ihrer aktuellen Ausgabe dem Thema Mode. Dafür habe ich diesen Beitrag geschrieben, der sich der Symbiose von Lifestyle und Kapitalismus widmet.
Link zum vollständigen Heft gibts hier.
Kultur ist Kapital. Heute ist schon die Unterscheidung selbst ziemlich nutzlos. Kaum eine Firma kann es sich noch leisten, ein Produkt einfach so auf den Markt zu werfen. Das moderne Unternehmen ist ein Kulturunternehmen, der zeitgenössische Kapitalismus, nach einem Wort von Jeremy Rifkin, ein „Kulturkapitalismus“. Es würde schon zu kurz greifen, zu formulieren: Das Image ist so bedeutend wie der Gebrauchswert einer Ware. Denn oft ist das Image der eigentliche Gebrauchswert. Design ist nicht nur Reklame, die den Verkauf befördern soll, das Design ist das eigentliche Produkt. „Was wir auf dem Markt kaufen“, schreibt Slavoj Žižek, „sind immer weniger Produkte und immer mehr Lebenserfahrungen wie Essen, Kommunikation, Kulturkonsum, Teilhabe an einem bestimmten Lebensstil.“ Firmen haben damit begonnen, ihre Produkte mit einem Lebensstil, einem Lebensgefühl zu verbinden, um sie besser verkaufen zu können – und heute werden die Produkte oft in erster Linie gekauft, um einen Lebensstil zu erwerben. Der trainierte Körper wirbt nicht mehr für Nike, sondern Nike repräsentiert den trainierten Körper. Wurde Kultur irgendwann in den 1960er Jahren wesentlich für den Kapitalismus, so ist sie im Zeitalter der Postmoderne eigentlich ununterscheidbar von ihm. Das Resultat ist nicht nur eine Verdinglichung der Kultur, wie mancherorts beklagt, sondern eben auch eine Kulturalisierung der Dinge. Totalökonomisierung ist eben nicht nur Totalökonomisierung, sondern geht auch mit Totalkulturalisierung einher.
Das trifft zunächst auf nichts so sehr zu wie auf Kleidung. Als Kleidung ist sie Gebrauchsgut, aber als Mode ist sie Lifestyle, also Kulturgut, eine Verwandte der Kunst, was sie heute mit dem Produktdesign, der Architektur und ähnlichen Feldern gemeinsam hat. Aber denken wir einmal darüber nach, woran wir spontan und instinktiv denken, wenn wir an Mode denken.
Was ist Mode?
Zunächst denken wir an etwas zum Anziehen. Aber wir denken an Zeug, das man anziehen kann, das sich von normalen Dingen, die man anziehen kann, doch unterscheidet. Der Kittel der Bäuerin ist auch etwas zum Anziehen, aber er ist nicht Mode. Er ist nützlich. Aber das ist es dann auch schon. Mode ist zunächst ganz simpel etwas zum Anziehen, das wir möglicherweise als schön ansehen. Mode ist etwas zum Anziehen plus ästhetischer Stil. Das ist schon einmal eine minimale Definition. Die Signatur von Mode ist also, dass sie einerseits schon auch „nützlich“ ist, wenn wir jetzt einmal von jenen Spielarten der Mode absehen, die ihre „Nützlichkeit“ nach Kräften verleugnen, wie etwa hochhackige Schuhe, mit denen kein Mensch gehen kann, oder Kleider, die so unbequem sind, dass man sich in ihnen kaum bewegen kann. Aber in aller Regel ist es so: Das modische Kleidungsstück ist durchaus auch etwas zum Anziehen, es hat die simple Nützlichkeit des Kleidungsstückes, das uns wärmt, wenn es kalt ist, oder zumindest bedeckt, wenn es warm ist, aber es hat noch ein paar nicht so vordergründig nützliche Aspekte. Mode bringt einen ästhetischen Stil zum Ausdruck. Lifestyle-Kapitalismus weiterlesen