Hannuka, Weihnachten, Silvester, Geburtstag – und noch immer keinen Plan für ein Geschenk? Na dann, ich hätte da was 🙂 Mein Buch „Was Linke denken“. Ist ja nur so ein Vorschlag, keine Sorge, ich dräng niemandem was auf. Im Gegenteil: Hier unten gibt’s sogar gratis, quasi als kleine Test-Ration, ein paar Seiten aus dem Kapitel über die „Postmoderne“.
„Dieses Büchlein ist vollgepackt mit aufregenden Ideen … die beste Reklame für linkes Denken“ Zündfunk, Bayrischer Rundfunk
„Ein Meister des Feuilletons, wie es sie nur in Wien geben kann“ IN – das Münchner Stadtmagazin
„Verständlich und gut zu lesen“ Neues Deutschland
„Ein echtes Kunststück“ Frankfurter Rundschau
„Der Sound für die Generation Varoufakis“ Die Presse
Wenn die klassische Linke vor allem die großen ökonomischen Widersprüche des Kapitalismus analysierte und sich beispielsweise für das Proletariat allenfalls als revolutionäres Subjekt interessierte, darüber hinaus vielleicht noch ein paar Theorien aufstellte, wie aus dem konkreten Proletarier von heute mit seinen Macken und seelischen Schrammen ein „neuer Mensch“, das allumfassende entwickelte sozialistische Subjekt werden könnte, kurzum, wenn sich die klassische Linke für alles mögliche interessierte, nur für eines nicht, nämlich das konkrete Leben, dann rückte die Kulturtheorie genau dem buchstäblich auf den Leib. Etwa: Was tut dieser Proletarier im Alltag? Wie sehen die Eckkneipen aus, in denen er seinen Feierabend verbringt, in welche sozialen Strukturen ist er eingebettet? Geht er Sonntags auf den Fußballplatz? Was tun die Frauen im Proletariat so in der Freizeit? Seit wann haben er und sie überhaupt etwas, was sie mit dem Wort ‚Freizeit‘ bezeichnen? Welche Bedeutung haben Sportvereine für die proletarische Kultur? Wie verändert sich das in einem zunehmenden Konsum- und Kulturkapitalismus? Welche Sehnsüchte werden durch den Kauf von Waren gestillt, welches Zeichensystem etabliert die Mode, um uns in Besitz zu nehmen? All das wurde plötzlich interessant. Und es wurde nicht mehr mit dem Gestus des nörglerischen Fundamentalkritik abgehandelt, wie das noch die kritische Theorie tat („Vergnügtsein führt zu Einverstandensein“, „die Kulturindustrie verhindert Individualität“, „Freizeit ist nur unter verdinglichten Umständen zu denken, weil sie das Gegenteil verdinglichter Arbeit ist“), sondern in einem Stil des fröhlichen Interesses, das man auch als affirmativ bezeichnen konnte – aber man könnte auch sagen, dass diese Theorie neue gesellschaftliche Phänomene akkurater darstellen konnte, als es die bisherigen Theorien schafften. Nur ein paar Beispiele: Die alte Konsumkritik hätte in etwa in nörglerischen Ton gesagt, im Spätkapitalismus werden falsche Bedürfnisse geschafften, die Werbung schwatzt den Leuten Dinge auf, die sie gar nicht brauchen, die also für sie unnütz sind. Die neue Kulturtheorie fragte dagegen, wie das etwas Jean Baudrillard in seinem berühmten Buch „Das System der Dinge“ tat, welche „Sprache“ die Gegenstände sprechen? Womöglich wollen wir sie nicht wegen ihrer funktionellen Seite, sondern gerade wegen des Images, das die Gegenstände haben. Etwa den neuesten schicken Apple-Computer, der zwar auch nicht mehr kann als das Hewlett-Packard-Teil, aber einen symbolischen Überschuss hat; oder das Vintage-Möbel, das wir vielleicht mit „Authentizität“ und „langer Dauer“ assoziieren.
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Ende der achtziger Jahre rückt freilich eine neue Autorengeneration ins Zentrum, die gänzlich alles umwirft; Autoren, die etwa die Systematik, der noch Lacan oder Foucault folgten, völlig hinter sich lassen. Ihre Bücher kommen als schnelle Flugschriften auf den Markt und erobern – etwa in Form der in Berlin produzierten Merve-Bändchen -, schnell das, was man neuerdings die „Szene“ nennt. Baudrillard mit seinem Büchlein „Koolkiller – oder der Aufstand der Zeichen“, in dem er Graffitis analysiert, oder mit seiner „Agonie des Realen“, oder auch Jean-Francois Lyotard mit einem Band namens „Intensitäten“. Worte werden als „Intensitäten“ behandelt, nicht als Träger von Bedeutungen, nicht mehr um Kritik geht es, sondern um „intensive Momente“. Auflösungen werden nicht beklagt, sondern gefeiert, das Lied eines Nihilismus gesungen, der auf Nietzsche zurückgreift. Der alte politische Aktivismus wird abehakt, dafür die minoritären Kämpfe, der Nomadismus, die Drogensüchtigen und Freaks gefeiert, die „intensiven Momente“. „Nicht-Repräsentativität, jederzeitige Absetzbarkeit, Punktualität, Intensität (…) Das sind die ‚Menschen der Steigerung‘, die ‚Herren‘ von heute: Außenseiter, experimentierende Maler, Popkünstler, Hippies und Yippies, Parasiten, Verrückte, Eingesperrte. Eine Stunde ihres Lebens enthält mehr an Intensität als tausend Worte eines Berufsphilosophen.“ Ein anderes legendäres Buch Lyotards trägt den Titel „Das Patchwork der Minderheiten“, in dem genau die Kämpfe dieser Minderheiten als die zeitgenössischen Aufstände beschrieben werden, ihre „Finten und Kniffe (…), einzeln, einzigartig und singulär (…) lässig und aktiv zugleich“, ein Patchwork, das „fortwährend die Herren austrickst“. Alle Ziele werden verlacht (die sind ja noch immer von der Fortschrittsidee mit ihrer Zeitachse Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft infiziert), und auch das „Vorurteil, es gäbe eine Wirklichkeit zu erkennen“. Wir sind alle postmoderner, als wir glauben würden… weiterlesen