Stell Dir vor es gibt Terror und keiner kriegt’s mit

Eigentümlichkeiten der Zwickauer Nazi-Terror-Zelle.
Die Terrorwelle, mit der die knallig schon „Braune Armee Fraktion“ genannte Zwickauer Gang in den vergangenen 13 Jahren Deutschland überzog, löst als erstes einmal Erstaunen aus. Offen gesagt: Es ist etwas Unverständliches an diesen Taten. Eine Terrorgruppe lanciert eine Terrorkampagne – und sagt es nicht dazu. Das ist in der Geschichte des Terrors ziemlich einzigartig. Schließlich hat Terror ja beinahe immer auch den Aspekt der „Propaganda durch die Tat“, weshalb Terroristen üblicherweise ein hohes Mitteilungsbedürfnis haben. Die Zwickauer Zelle hatte das aber nicht. Sie beging Taten, die zum Großteil als rein kriminelle Taten erschienen, und schwieg über ihre Motive – zumindest, bis die Täter vergangene Woche hochgingen. 
Vor diesem Hintergrund haben Bekenntnisse, dass die Zivilgesellschaft offenbar versagt hat, dass es einmal mehr einen „Aufstand der Anständigen“ bräuchte, in diesem Fall ein wenig die Anmutung einer hohlen Phrase: Wie soll die Zivilgesellschaft gegen etwas aufstehen, wovon sie nichts weiß? 
Auch die Behauptung, hier wäre etwas „vor unser aller Augen“ entstanden, ist zumindest diskussionswürdig. Mindestens genauso wahr ist: Hier ist etwas jenseits unseres Blickfelds entstanden. Anders als bei den xenophoben Pogromen der neunziger Jahre von Rostock bis Mölln hatten diese Täter keine Corona normaler Bürger um sich, die ihre Taten offen oder klammheimlich guthießen. 
Das ist die eine Seite der Wahrheit. Die andere ist: An ein Einzeltäter-Trio (-oder Quartett), will man nicht recht glauben. Mit nahezu gewisser Sicherheit hatten sie zum Zeitpunkt ihres Untertauchens vor 13 Jahren Unterstützung aus dem harten Kern der Neonaziszene. Hatten sie sie vielleicht bis zuletzt? Was wusste der Verfassungsschutz? Woher hatten sie ihre Papiere? Den Sprengstoff? Und selbst, wenn man nicht gleich instinktiv an einen großen Staatsskandal denken will: Konnten die Täter vielleicht auch deshalb unerkannt bleiben, weil man in Sicherheitskreisen spontan dazu neigt, jeden Autobrand unter „linksextremer Terror“ zu verbuchen, wohingegen man Richtung rechts einfach nicht so genau hinschaut? Motto: Brennt ein Auto – linker Terror. Wird ein Türke erschossen –  bestimmt war’s die Mafia. Warum? Weil man die Neonazi-Subkultur schon für „normal“ hält, und ihr „so etwas“ nicht zutraut? 
Klar: Auch Polizisten können etwas „übersehen“. Kann sein. Kann aber auch sein, dass man dafür auch ein bisschen aktiv wegschauen muss. 

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