Die meisten von uns stecken angesichts der Klimakatastrophe noch immer den Kopf in den Sand. Das ist der eigentliche Extremismus.
Zuletzt sorgten eine Reihe von spektakulären Aktionen von radikalen Klimaaktivisten für Aufsehen. Sie blockieren Straßen und damit sie nicht schnell weggetragen werden können, kleben sie sich an der Straße fest. In Kunstmuseen werden überall auf der Welt Aktionen gesetzt, die Aufsehen erregen. So werden weltweit bekannte Kunstwerke, die allerdings mit Glas geschützt sind, mit Öl oder Suppe übergossen.
Da sich alles um das „Aufmerksamkeit erregen“ dreht, ist das durchaus skurril. Die Klimaschützer tun so, als würden sie die Gemälde beschädigen, und die meisten Medien tun so, als würde das tatsächlich geschehen. Einfach, weil beide in einer Welt der Aufmerksamkeitsbewirtschaftung agieren. Würden die Klimaaktivisten für jeden erkennbar verdeutlichen, dass sie nicht die Gemälde beschädigen, sondern nur Glasscheiben mit Öl beschmieren, wäre das keine Meldung wert, es würde sich niemand darüber erregen, wahrscheinlich würde niemand davon überhaupt etwas mitbekommen. Und die Medien wollen auch, dass sich ihre Leser und Leserinnen erregen, denn dann klicken sie vor allem im Internet die Storys eher an. Also tun die einen so, als hätten sie tatsächlich ein Klimt-Gemälde beschädigt, und die anderen tun so, als wäre es tatsächlich geschehen.
Tatsächlich wird so dann eine Art von Fantasy-Welt errichtet.
Durchgeführt werden die Aktionen vom radikaleren Teil der Klimabewegung, von Gruppen, die sich „Letzte Generation“ oder „Extinction Rebellion“ nennen (was sinngemäß so viel heißt wie „Rebellion gegen das Aussterben“). Die weniger radikalen Gruppen, wie „Fridays for Future“ haben gegen diese Aktionen noch eine gewisse innere Reserviertheit. Aber auch sie sind natürlich für spektakuläre Aktionen, die „aufrütteln“ sollen.
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Dabei handelt es sich um illegale Aktionen des „zivilen Ungehorsams“. Ziviler Ungehorsam zeichnet sich dadurch aus, dass zwar Gesetze übertreten werden, die Aktionen aber gewaltfrei sein sollten. In der Geschichte der vergangenen hundert Jahren waren Aktionen zivilen Ungehorsams, die einerseits Gesetze brachen, andererseits aber Gewalt ablehnten, die erfolgreichsten Protestformen.
Die Eigenart von „spektakulären Aktionen, die aufrütteln sollen“, ist eben, dass sie erregen und aufregen. Aktionen, die nicht aufwühlen, sorgen für keine Schlagzeilen.
Absurd ist es, wenn deswegen schon von „Klimaterroristen“ oder „Klimaextremisten“ geredet wird. Ziviler Ungehorsam und gewaltfreie, illegale Aktionen muss man nicht gut finden, aber sie sind sicherlich das Gegenteil von Terrorismus. Was jetzt Klimaextremismus ist, ist durchaus diskussionswürdig. Sind junge Leute „Extremisten“, die angesichts der beschleunigten Klimakatastrophe der Ansicht sind, es müsse endlich gehandelt werden? Oder sind nicht vielmehr jene die Extremisten, die den Kopf in den Sand stecken? Ich habe ja meinen Verdacht, was im Rückblick als „extrem“ angesehen wird. Es werden eher nicht Jugendliche sein, die Straßen blockieren.
Aber warum führen die Schütt- und Klebeaktionen eigentlich zu so viel Ablehnung? Wahrscheinlich spielt eine Rolle, dass Aktion und Botschaft kaum verbunden sind. Würde eine Raffinerie blockiert, wären Inhalt und Aktionsform in sich schlüssiger. Das symbolische Beschütten von Kunstwerken hat aber mit dem Klimathema nicht einmal entfernt zu tun. Andererseits: Würden die Aktivisten in Autohäusern SUVs mit Farbe übergießen, würden wohl auch nicht viele applaudieren, die sich jetzt aufregen.