AfD, oder: Abschwung für Deutschland

Wirtschaftssorgen stärken Ultrarechte – doch Ultrarechte schaden mittlerweile auch der Wirtschaft.

taz, September 2023.

Eine keineswegs falsche, aber auch etwas zu simple Diagnose lautet so: Trudelt die Wirtschaft, frisst sich Unsicherheit in das Leben vieler Menschen ein, fühlt sich die Mittelschicht von Abstiegsängsten bedroht, so wächst der Rechtsextremismus.

Weniger gängig, aber ebenso richtig ist: Wächst der Rechtsextremismus, dann geht es auch mit der Wirtschaft bergab.

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Zwei brandaktuelle Studien machen das sehr deutlich: harte rechtsextreme Weltbilder verbreiten sich immer mehr in der gesellschaftlichen Mitte, so eine Untersuchung der Ebert-Stiftung. Waren vor einigen Jahren noch 2-3 Prozent der Bevölkerung von autoritären und ethnonationalistischen Ansichten befallen, so sind es heute rund acht Prozent. Und 20 Prozent werden einem Graubereich zugeordnet, der zumindest Teile der Weltbilder der „harten Rechten“ unterstützt. Heute werden ultrarechte Ansichten selbstbewusst vertreten. Das ist nicht nur hierzulande so: In den USA etwa hat sich in den höheren Einkommensklassen der Anteil jener, die eine „Militärherrschaft“ für eine gute Sache halten, innerhalb von zwei Jahrzehnten auf 16 Prozent verdreifacht.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrer Gemeinschaftsprognose dieser Tage nicht nur auf Inflation, eine schmerzhafte Rezession (Minus 0,6 Prozent), Auswirkungen staatlicher Sparpolitik und unklarer, verunsichernder Regierungspolitik als Risikofaktoren hingewiesen, sondern auch auf „das gesellschaftliche Klima“.

Rechtsextremismus und Polarisierung sind Gift für die Konjunktur. In den nächsten Jahren geht die Boomer-Generation in Rente und die Medizin sorgt für steigende Lebenserwartung. Folge: Um das Verhältnis der arbeitenden und der Rentner-Kohorten stabil zu halten, bräuchte Europa 2050 1,2 Milliarden Einwohner. Das ist sowieso völlig unmöglich, doch jede Regierung bräuchte heute eine vernünftige Migrationsstrategie. Die wird aber durch xenophobe Stimmung verunmöglicht.

Vernünftige Wirtschaftspolitik verlangt auch: Problemanalyse, ambitionierte Ziele und dann schlaue Kompromisse. Der sachliche Kompromiss, er ist im Klima des Geschreis jedoch beinahe unmöglich.

Die fossilen Energien werden nie mehr so billig wie in der Vergangenheit, massive Investitionen in billige Erneuerbare sind auch ein ökonomischer Imperativ. Aber jeder Regierungsplan gerät sofort in den Strudel wahnhaft-ideologischen Haders. Weiters: Wer den „Verbrennermotor“ aus dogmatischer Verbohrtheit justament bewahren will, verteidigt „unsere deutsche Autoindustrie“ nicht – er ruiniert sie.

Man wünschte sich auf manchen politischen und medialen Angsterzeugungs-Produkten Warnhinweise wie auf den Kippen-Päckchen: Rechtsextremismus und ideologische Paranoia gefährden ihren Wohlstand.

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