Wie Wohnen zum Luxus wurde

Der Immobilienmarkt wurde zu einer Goldgrube für Reiche und Konzerne. Die breite Masse ist das Opfer.

Es wird ja gerne beklagt, dass alles zur Ware wird, dass ins Leben immer mehr ökonomischer Stress einzieht und überhaupt „der Neoliberalismus“ eine Sackgasse sei. Oft wird dann aber auch angemerkt, dass das doch nur nichtssagende Schlagworte seien.

Dabei kann man konkret sehr genau darstellen, was rund 25 Jahre an neoliberalen „Reformen“ etwa im Wohnungssektor angerichtet wurde. Die Folge ist: Heute bezahlen viele Mittelschichtsfamilien 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen. Selbst wenn man sich das noch gut leisten kann, dann zieht Unsicherheit ins Leben ein, denn man muss malochen wie ein Schlachtross, und man weiß: Eine Krankheit, und es wirft dich aus der Kurve.

Vergessen wir nicht: Freiheit ist, wenn man niedrige Kosten hat.

Aber wie kam es dazu?

Man hat erst den Mieterschutz aufgeweicht, das Mietrecht durchlöchert (sehr viel ist davon in der ersten schwarz-blauen ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel geschehen), man hat die zuvor sehr strengen Preisbindungen am Mietwohnungsmarkt aufgehoben. Bei Neuverträgen im Altbau, in privaten Neubauten noch mehr, und man hat einen Markt für profitorientierten Konzernwohnbau geschaffen, in dem es nur mehr freie Preisbildung gibt. Zugleich hat man das gute System des geförderten, gemeinnützigen (also sozialen Wohnbaus) angegriffen. Jetzt sind die Bundesländer zuständig, und können mit den Geldern machen, was sie wollen. Die Mittel für den geförderten Sektor, der leistbare Wohnungen schaffen soll, sind real fast auf ein Viertel gesunken: Von einst 1,4 Prozent des BIP auf 0,4 Prozent heute. Zugleich hat man die Mieten in fast allen Sektoren (außer im gemeinnützigen Sektor) an die Inflation gekoppelt, was zu einem irrwitzigen Perpetuum Mobile geworden ist. Wenn die Inflation hoch ist, steigen die Mieten rasant, und damit bleibt auch die Inflationsrate hoch, was in der nächsten Runde erst recht wieder zu höheren Mieten führt (siehe zu all dem auch: Karl Czasny: Wie unsere Wohnungen unleistbar wurden).

Höhepunkt der Plünderei: Der Verkauf der BUWOG-Wohnungen, bei dem ein großer Brocken leistbarer Wohnungen einfach der Gier von Investoren zum Fraß vorgeworfen wurde.

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Man hat befristete Mietverträge eingeführt, die sich wie ein Geschwür ausbreiten, und junge Familien quasi schutzlos machen. Wer Angst hat, demnächst rauszufliegen, der wird seine Rechte nicht einklagen.

Durch all diese Gesetzesänderungen und viele andere mehr wurde das Bauen immer lukrativer und hat zu einer echten Goldgräberstimmung geführt. Das hat die Bodenpreise in astronomische Höhen getrieben, folglich auch die Baukosten. Ein erheblicher Teil des Neubaus geht in „Betongold“ und ist jenseits des Leistbaren.

Das führt dann in einem zweiten Schritt dazu, dass junge Familien, die früher billige Mietwohnungen vorgezogen haben, Wohneigentum erwerben. Damit wird den Immobilienhaien noch einmal Kundschaft zugeschanzt, die Banken verdienen prächtig mit, und die Preise gehen noch einmal in die Höhe.

Alles zusammen führt dazu, dass die Kaufkraft der breiten Bevölkerung zurück geht, weil sie einen viel höheren Anteil als früher für Miet- oder Kreditkosten aufwendet.

Das Raffinierte ist: Keine der einzelnen Gesetzesänderungen war so spektakulär, dass sie einen Aufstand verursachte. Aber in Summe und im Laufe der Zeit haben sie fürchterliche Auswirkungen gehabt.

Wenn Sie sich wieder einmal fragen, was denn eigentlich mit Schlagworten wie „Neoliberalismus“ konkret gemeint ist? Genau das.

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