Freunderln und Wirtschaft

Die Inflation ist auch eine große Umverteilung. Die, die immer gewinnen, gewinnen auch jetzt.

Wirtschaftspolitik und deren Zusammenhänge sind oft so komplex, dass sie schwer zu verstehen sind. Oft werden sie auch noch in einer Fachsprache und einer Phrasenhaftigkeit behandelt, die den Schluss nahelegen: Es ist Absicht, dass Nicht-Fachleute dabei nicht mitkommen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Viele Fachleute wollen wie Hüter eines Geheimwissens dastehen. Manche vertreten Lobbys oder einfach die Interessen ihrer Klasse, also die Interessen der Gutverdienenden und Vermögenden. Jeder Wirtschaftsexperte kennt viel mehr Vermögende als Bauarbeiter, Arbeitslose, Mindestrentner, alleine das trübt den Blick.

In Deutschland kann man das gerade gut sehen. Aufgrund des geplanten Sparkurses haben zwei Maßnahmen für Diskussionen gesorgt. Erstens: Die Kindergrundsicherung, die die Kinder aus ganz armen Familien unterstützen sollte, wird zusammengestrichen. Und Haushalte mit mehr als 150.000 Euro Jahreseinkommen sollen möglicherweise kein Elterngeld mehr bekommen.

Jetzt dürfen sie raten, was für mehr Aufregung gesorgt hat.

Gut geraten! Die Kürzungen für die Bestverdiener nämlich. Denn in den Medien und Wirtschaftsinstituten sitzen sehr viel mehr Spitzenverdiener als arme Familien.

Auch bei der Inflationsbekämpfung wird oft sehr wolkig dahergeredet. Finanzminister Brunner hat gesagt, die Inflationsbekämpfung sei Aufgabe der Zentralbank. Dabei könnte natürlich auch die Regierung harte Preiskontrollen einführen. Hätte sie das getan, würden wir nicht bei einer Rekordinflation von acht Prozent liegen. Aber die Arbeit soll die Zentralbank erledigen, indem sie die Zinsen erhöht. Gerne wird dann vielleicht dazu gesagt, dass dafür auch „Härten“ in Kauf genommen werden müssen. Aber was heißt das denn genau? Wenn die Zinsen erhöht werden, werden Unternehmen nicht investieren, einige werden pleitegehen, und die Arbeitslosigkeit steigt. Die „Härten“ müssen dann die Arbeitslosen tragen. Sehr unwahrscheinlich, dass der Finanzminister und seine Freunderln betroffen sein werden. Wenn die Zinsen steigen, und die Banken außerdem den Finanzierungshahn abdrehen, dann wird weniger gebaut. Der gewerbliche Wohnbau ist faktisch zum Stillstand gekommen, Eigenheim kann sich auch kaum mehr jemand leisten. Wenn man das einfach so geschehen lässt, wird die halbe Bauwirtschaft kollabieren und sehr viele Menschen werden arbeitslos. Die haben dann weniger Einkommen und dennoch die höheren Preise zu tragen. Oder anderes Beispiel: Mit Zähnen und Klauen hat sich die ÖVP gewehrt, die Mietpreisinflation zu stoppen. Die Mieten sind einfach an die Inflation angepasst. Steigen die Preise in zwei Jahren um 20 Prozent, dann zahlt man statt 900.- Euro plötzlich 1100.- Euro Miete. Allerdings: Die Energiepreise fallen wahrscheinlich wieder, doch die einmal erhöhte Miete nicht mehr.

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Es gibt immer Gewinner und Verlierer. In dem Fall die Vermieter und Immobilienkonzerne. Die Inflation trifft viele hart, und auch weil Kosten kaum mehr kalkulierbar sind, stockt die Wirtschaft. Aber es trifft manche schlimmer und manche weniger schlimm. Besonders blöd ist eine Wirtschaftspolitik, die den Preisauftrieb nicht bremst, aber die Wirtschaft lahmlegt und zu mehr Arbeitslosigkeit führt. Übrigens: Das Arbeitslosengeld wird nicht automatisch an die Inflation angepasst, im Unterschied zu ihrer Miete.

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