Ketchup-Ökonomen

Zwei Lektüreempfehlungen: Paul Krugman hat einen großen Essay im New York Times Magazine geschrieben: „How Did Economists Get it So Wrong?“, in dem er sich einmal mehr die Phantasien und Illusionen marktfundamentalistischer Wirtschaftswissenschaftler vorknöpft. Mit einer hübschen Metapher illustriert er die selbstreferentiellen Ableitungen, die in der Vodoo-Makroökonomie der Neoklassiker so beliebt sind:

„Aus der Entdeckung, dass zwei Ketschup-Flaschen exakt doppelt soviel kosten wie eine Ketchup-Flasche, ziehen sie den Schluss, dass der Ketchupmarkt ein perfekter, effizienter Markt ist.“

In Anlehnung an ein Wort von Larry Summers nennt er die Anhänger der „Efficient Market Hypothesis“ daher „Ketchup-Ökonomen“.  

Empfehlenswert auch ein großes Stück in „New Atlantic“ über „Life In (and After) Our Great Depression“. Autor Benjamin Schwarz beschreibt an Hand von Büchern über die Große Depression der 30er Jahre, was in den nächsten Jahren auf uns zukommen könnte. Denn auch in der großen, tiefen Krise kollabierte die Ökonomie ja nicht etwa, sodass die Menschen in rauchenden Ruinen saßen. Auch sie nistete sich eher schleichend ein, so wie das auch heute geschieht. Die allermeisten Menschen hatten weiter einen Job. Sie hatten nur weniger Geld. Die, die Arbeit suchten, haben schwerer eine gefunden. Wer jung war, dessen Berufslaufbahn kam schleppend oder gar nicht voran. Zukunftszuversicht wich, Pessimismus machte sich breit. Dienstleistungen wurden seltener in Anspruch genommen, weil das Geld dafür fehlte, sodass wieder mehr häusliche Arbeit auf den Schultern der Frauen lastete. Kinder mussten mehr mithelfen, sei es im Haushalt, sei es, dass sie durch kleine Arbeiten zum Familieneinkommen beitrugen. Man ging seltener zu außerhäuslichen Vergnügungen – dafür fehlte das Geld -, man orientierte sich wieder mehr auf die (Klein-)Familie. Die Menschen hatten sogar seltener Sex. Wer in diesem Unsicherheitsgefühl aufwuchs, kriegte es später nie mehr wirklich los.

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