Keine Sonntagsrede

Das Problem an Obamas Oslo-Rede ist nicht, dass er Krieg als „Notlösung“ verteidigte. Sondern dass er das mit falschem Zungenschlag tat. taz, 12. Dezember 2009

 

 

Bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises eine Rede halten, die den Krieg verteidigt – das hat viele aufgestoßen an Barack Obamas Nobelpreisrede. Eine „nahezu ärgerliche“ Ansprache sei das gewesen, schüttelt sich Kurt Kister etwa in der „Süddeutschen Zeitung“. Man kann das so sehen. Aber es wäre auch bizarr gewesen, hätte der Präsident einer Weltmacht, die in zwei Kriegen steht, den Ghandi gegeben. Obama hat keine Sonntagsrede gehalte. Er ist eben kein Wischi-Waschi-Redner wie gerne behauptet. Sondern er versucht seine rhetorischen Gaben einzusetzen, um Problematiken zu verdeutlichen.

 

Bloß ist ihm das schon einmal besser gelungen.

 

Dass man in der realen Welt gelegentlich mit waffenstarrenden Böslingen konfrontiert ist, denen man mit Pazifismus nicht beikommt, ist ja keine große Neuigkeit. Man muss Menschenrechtsverletzern im Notfall mit militärischer Gewalt in den Arm fallen. Und die Entscheidung ist in aller Regel – wenn die Dinge nicht so klar liegen wie bei, sagen wir, Hitler – eine komplizierte Abwägungsfrage. Wäre die Kosovointervention vermeidbar gewesen? Hätte der Westen dagegen in Ruanda intervenieren sollen? Sollte man aus Afghanistan abziehen, ohne Rücksicht darauf, was dann dort passiert? Man muss schon ein sehr simples Gemüt sein, um zu glauben, dass es darauf einfache Antworten gibt.

 

Interessant ist die Frage, ob nicht allein schon die Auffassung, dass Kriege „im Notfall“ nötig sind, Kriege wahrscheinlicher macht und eben dazu führt, dass man diplomatische Lösungen erschwert. Ob darum nicht auch ein „liberaler“ Menschenrechtsbellizismus ohne es zu wollen die Welt unsicherer macht. Die Formel vom „gerechten Krieg“ verwischt, dass man hier immer zwischen zwei Übel zu wählen hat. Das kleinere Übel wird nicht „gerecht“ durch den Umstand, dass es eben das kleinere ist. In dieses Selbstgespräch hat Obama sich in Oslo nicht verwickelt.

 

Deswegen war es auch keine große Rede. Aber ärgerlich? Naja.

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