Wie ich zum Kronzeugen der Sarrazin-Fans wurde…

Erst hat ihn das Moslemhasser-Portal Politically Incorrect ausgegraben, mittlerweile wird er von Sarrazin-Bewunderern eifrig herumgemailt, so dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er auch am Blog des geschätzten Kollegen Christian Ortner auftauchte: Mein Text in der taz aus dem Jahr 2006 mit dem Titel: „Haben die aschkenasischen Juden ein Intelligenz-Gen?“ Ganz offenbar hat sich auch Herr Sarrazin ganz wesentlich auf meine Kolumne gestützt. Darin schrieb ich:

 

Genetiker von der Universität Utah wollen nun nachgewiesen haben, dass die aschkenasischen (also die europäischstämmigen) Juden über ein eigenes „Intelligenz-Gen“ verfügen. Ihre These ist gut vorgetragen: Ein großer Teil der aschkenasischen Juden leidet an einem Gen-Defekt. Das ist zunächst nicht sensationell, sondern kommt häufig vor in Gemeinschaften, die jahrhundertelang eine geschlossene Gemeinschaft bilden (heute würde man „Parallelgesellschaft“ sagen) und fast ausschließlich untereinander heiraten. Dieser Defekt ist für einige Krankheiten verantwortlich, die nur bzw. außergewöhnlich oft bei aschkenasischen Juden auftreten. Die Forscher stellten sich danach die Frage, warum ein solches Gen in der Evolution überlebte, wenn es doch nur Nachteile hat – dies würde ja dem genetischen Basisprinzip des Survival of the fittest widersprechen.

Ihre Hypothese ist, dass, wie bei anderen Gendefekten auch, das mutierte Gen sowohl Vorteile als auch Nachteile hat – und deswegen evolutionär überdauert, weil Erstere überwiegen. Sie glauben, dass dieses Gen für den aschkenasischen Intelligenzvorteil sorgt und für eine Gruppe, die jahrhundertelang in Europa von Grundbesitz und Macht ausgeschlossen war und in Händler- und Bankerberufe gedrängt wurde, ein besonderes Plus darstellte. Wissenschaftlich exakt beweisen lässt sich das nicht, aber es gibt immerhin ein paar Evidenzen, die die These stützen: So quellen die Kliniken, die die Aschkenasi-Krankheiten behandeln, förmlich über von Ingenieuren, Wissenschaftlern und Rechtsanwälten.

Das soll beweisen, dass Sarrazin mit seiner Behauptung, dass die Juden ein Intelligenzgen besitzen (und die Muslime im Umkehrschluss offenbar ein Dummheitsgen), nicht so falsch liegen kann. Nun, da unsere Freunde der neueren Intelligenzeugenik offenbar ihre Schwierigkeiten mit dem sinnerfassenden Lesen haben, müssen wir hier ein bisschen Nachhilfe geben.

Offenbar können sie zwischen einer originellen wissenschaftlichen Hypothese, die sich auf auffällige Korrelationen stützt, und wissenschaftlichen Fakten, die auch Kausalitäten erklären können, nicht unterscheiden. Zwischen einer Möglichkeit und einem Faktum ist schon ein Unterschied, oder?

Hinzu kommt: Kleine Ethnien, die sich jahrhundertelang kaum mit anderen vermischen, können bestimmte (auch defekte) Gensequenzen durchaus weitergeben. Dass das für ethnisch vielfältige Religionsgemeinschaften mit vielen hunderten Millionen Personen, die nie abgeschottet gelebt haben, natürlich nie und nimmer gilt, sollte für jeden denkfähigen Menschen oberhalb des Grundschulniveaus leicht einsichtig sein.

Auf die Idee der Sarrazin-Fans, eine Gensequenz, die sich bei aschkenasischen Juden häuft und die möglicherweise intellektuelle Leistungen begünstigt, mache die Wahnvorstellung einer genetischen Unintelligenz von Muslimen irgendwie plausibel, auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Mich als Zeugen brauchen sie dafür jedenfalls nicht ins Treffen führen. Dass sie offenbar mit keinem besseren Zeugen aufwarten können, spricht letztlich für sich.

4 Gedanken zu „Wie ich zum Kronzeugen der Sarrazin-Fans wurde…“

  1. Bisher habe ich das mit Sarrazin ziemlich unbetroffen gesehen. Allerdings kommen aufgrund des Sarrazins Buches immer mehr Betroffene zu Wort, z.B. Polizisten, die sich nicht mehr ohne eine Hundertschaft in gewisse Berliner Stadtteile trauen. Was hat unsere Merkel dazu zu sagen: Diese Berliner Stadtteile sind lebendige Stadtteile. Das zeigt mir doch, diese Frau ist absolut unfähig die Probleme der Betroffenen zu begreifen. Die Politik der CDU hat sich vom Volk entfernt. Die CDU ist keine Volkspartei mehr.

  2. „All das klingt verdammt nach hanebüchener Eugenik, ist aber leider wissenschaftlich nicht unprofund. Der britische Economist widmete den „Naturgenies“ eine große Story, die New York Times sowieso, im US-Magazin The New Republic zweifelt man kaum mehr daran, dass die Thesen der Wissenschaftler stimmen – dort fragt man sich schon, was daraus folgt, etwa für das Prinzip von der Gleichheit der Menschen. Und jüdische Autoren sorgen sich um den Nachwuchs: Wenn der sich darauf verlässt, genetisch zu den Klugies zu gehören, dann strengt er sich künftig womöglich nicht mehr an.“
    ROBERT MISIK (eben da)

  3. Der Grund an der medialen Kritik Sarrazins liegt doch großteils darin, dass er sich eines NS-Biologismus bediente. Medial wird ausschließlich dieser thematisiert un kritisiert. Seine anderen Thesen scheinen offensichtlich nicht „so arg“ verabscheuungswürdig.
    Was an der ganzen Debatte aber doch als Quintessenz herauszulesen ist, ist doch, dass ein gewisser „Biologismus light“ durchaus Konsens ist. Sprich die Grundannahme einer „natürlichen Andersartigkeit“. Man merkt das immer recht schnell, wenn von „denen da“ die Rede ist, man sich also eines konstruierten Kollektivs bedient.
    Es gibt also verkürzt zwei Positionen: „Die sind anders, die sind deppert!“ und „Lasst sie doch in Ruhe, sie können doch nichts dafür, sie haben euch doch nichts getan.“ Beide haben aber einen gemeinsamen Ausgangspunkt: Es gibt diese kollektive Andersartigkeit.
    Was komplett fehlt (leider auch in deinen Beiträgen), ist die Frage nach der Ursache dieser vermeintlichen Unterschiede. Sind sie nicht viel mehr anerzogen? Sind die „Unterschiede“ nicht sehr individuell anstatt auf Gruppen umlegabar? Solange das nicht diskutiert wird, dreht sich die Diskussion (geführt von wem auch immer) immer im Kreis.

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