Wie man „die Mittelschicht“ gegen Ausländerkinder aufhetzt

Der Koalitionspakt zwischen SPÖ und Grünen ist unterzeichnet, und dass die Oppositionsparteien und die ihnen nahestehenden Medien schäumen, ist nicht sonderlich erstaunlich. Aber ein Punkt im Koalitionsabkommen wird sofort halb offen, halb verdruckst auf ziemlich unappetitliche Weise schlecht gemacht: Der Beschluss, die Mindestsicherung für Kinder auf 200 Euro pro Monat anzuheben. Nur zur Klarheit: Damit ist nicht die Familienbeihilfe für alle gemeint, sondern der Mindestsicherungssatz, den armutsgefährdete Bezieher (früher hätte man gesagt: Sozialhilfebezieher) zusätzlich erhalten, wenn sie Kinder haben.

Für die Grünen ein wichtiges Projekt: „Kein Kind muss künftig in Wien in Armut aufwachsen“, sagte die designierte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou gestern bei der Grünen Landeskonferenz.

Und das ist natürlich nicht so leicht denunzierbar. Weil, wer will schon dagegen sein, wenn armutsgefährdente Familien mehr Geld für ihre Kinder erhalten?

Aber das geht natürlich ganz einfach, wenn man dazusagt, dass das überproportional Zuwandererfamilien zugute kommt. Wenn man bedenkt, dass rund 20 Prozent der türkischstämmigen Bürger in Armutsgefährdung leben, aber nur ein viel kleinerer Teil der „autochtonen“ Österreicher, und wenn man noch dazu bedenkt, dass die Familien mit türkischem Migrationshintergrund kinderreicher sind, dann kommt man pfeilschnell zu dem Befund des abgehalfterten Ex-Presse- und Wienerzeitungs-Chefredakteurs Andreas Unterberger:

„Liebe schwer arbeitende Eltern, bitte nicht zu früh freuen: Ihr dürft das nur zahlen, zugute kommt das natürlich im wirklichen Leben nur Unterschicht-Kindern, also vor allem jenen aus der Türkei und dem Balkan.“

Kein Zufall ist es wohl auch, dass das Gratis-Blatt „Heute“ am Tag der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags gleich auch mit dieser Schlagzeile aufmachte:

heute.JPGEs ist dies ein beliebtes Mittel der Rechtspopulisten und der Neoliberalen: Die Transferleistungen des Sozialstaates, die ja an sich ohne Ansehen der Person jenen zugute kommen, die sie brauchen, damit zu delegitimieren, indem man sagt, in der Praxis führen sie dazu, dass Inländer sie bezahlen und Ausländer sie beziehen. Nicht zuletzt deshalb marschiereren rechtsradikale Ausländerfeinde und neoliberale Mehr-Markt-weniger-Staat-Fanatiker so gerne Hand in Hand, obwohl sie ja angeblich so überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Also, überraschend kommt das nicht. Ekelhaft ist es trotzdem.

Ein Gedanke zu „Wie man „die Mittelschicht“ gegen Ausländerkinder aufhetzt“

  1. vor zwei minuten von einem klugen freund auf facebook gepostet, und irgendwie passt es:
    ===
    Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig, immer in kleinen Dosen, durchgesetzt – man hat immer ein bisschen gewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug.
    Stefan Zweig
    ===
    es kann einem schon das kotzen kommen. ich hätte gerne dass heute wegen verhetzung verklagt wird. und dann verurteilt wird. vielleicht vergeht frau dichand dann die unschuldsmiene.

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