Berlin: Kommen die Piraten ins Parlament, fliegt die Linke aus der Regierung

… und in jedem Fall bleibt Wowi Bürgermeister.

Wowi.jpgBerlin ist neben Wien ja so etwas wie mein zweites Standbein, auch wenn ich jetzt schon 13 Jahre nicht mehr in der Stadt wohne. Aber ich bin oft genug da, sodass mich die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus ein bisschen mehr interessieren als die durchschnittliche Landtagswahl. Also, am 18. September wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus und einen neuen Bürgermeister. 

Um genau zu sein: Den alten Bürgermeister. Dass Klaus Wowereit, SPD, im Amt bleibt, ist mittlerweile klar. Eigentlich wollte ihn Renate Künast von den Grünen herausfordern und sich angesichts von Umfragehöhenflügen als Bürgermeisterin positionieren. Aber schon im Winter meinte Wowereit in privaten Gesprächen, na, das wird dann eine Sympathiekonkurrenz zwischen mir und Künast und die gewinne ich locker. Also, so hat er das vielleicht nicht direkt gesagt, aber gemeint hat er es. 
Und zwei Wochen vor der Wahl zeigen alle Umfragen, dass er recht hatte. 

Er wird Bürgermeister bleiben. Theoretisch könnten die Grünen vielleicht mit der CDU eine gemeinsame Regierung bilden – nicht einmal das ist klar, ob sich das rechnerisch überhaupt ausginge -, aber praktisch hätten die Grünen einen Triumph hinlegen müssen, um es wagen zu können, mit Hilfe der Schwarzen eine SPD-geführte Regierung auszuhebeln. So ganz gut würde das ja in ihrer Wählerschaft nicht ankommen, also hätten sie gute Gründe dafür gebraucht. Dass Künast ein gemeinsames Regieren mit der Berliner CDU – traditionell eine rechte, korrupte CDU-Landesorganisation – nicht ausschließen wollte, hat wohl ohnehin schon dazu geführt, dass sich potentielle Grün-Wähler wieder abwandten. 
Stellt sich also die Frage, wie die nächste Regierung aussehen könnte. Bisher regiert die SPD mit der Linkspartei. Die Berliner Linkspartei gehört zum modernistischen und pragmatischen Flügel der Partei. Und sie hat jetzt neun Jahre lang gut mitregiert. Also, wenn man mich fragt: Wenn ein Linke-Landesverband verdient hat, in der Regierung zu sein, dann der Berliner. 
Ob es reicht, ist aber sehr fraglich. Die SPD liegt in den Umfragen derzeit bei etwa 33 Prozent, die Linke knapp über zehn. Dazu werden Grüne und CDU im Abgeordnetenhaus vertreten sein. Die FDP, die „Fast-Drei-Prozent“-Partei wird ziemlich sicher an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Möglich, ja wahrscheinlich ist, dass erstmals die Piraten-Partei in einen deutschen Landtag einzieht. Und damit ist die Sache ziemlich klar: Wenn die Piraten-Partei den Einzug nicht schafft, dann können die 44 bis 45 Prozent, die SPD und Linke gemeinsam haben werden, für die Mehrheit reichen. Wenn die Piraten-Partei aber die 5 Prozent überspringt, dann reicht es nicht mehr. Dann muss sich Wowereit eine andere Koalition zimmern. Dann kommt Rot-Grün in Berlin. Auch nicht schlimm, auch wenn sich die Grünen in Berlin in den letzten Jahren unter der Führung meines alten Kumpels Volker Ratzmann ein bisschen sehr in Richtung liberale Bobo-Wirtschaftspartei bewegt haben. Das mag logisch sein, wenn man gegen einen SPD-Linkspartei-Senat in Opposition ist (da bleibt für Linksopposition wenig Platz, da mag es verlockender sein, liberale Rechtsopposition zu spielen), aber mir muss das auch nicht sympathisch sein, auch wenn ich es erklären kann. 
Im Klartext heißt all das aber: Wenn die Piraten-Partei in das Abgeordnetenhaus einzieht, dann kostet das einer Linksregierung, die gut gearbeitet hat, die Mehrheit. Dann fliegt die Linkspartei aus der Regierung und die Grünen kommen rein. 
Man kann das ein bisschen Strange finden, aber das wird der reale Effekt des Sommerhochs der Piraten sein. 
Und Wowi? Dem kann das alles ziemlich egal sein. Denn er bleibt eh Bürgermeister. 
                  Your Favourite Blogger mit Berlins Vizebürgermeister und Linke-Spitzenkandidat Harald Wolf (rechts) 
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4 Gedanken zu „Berlin: Kommen die Piraten ins Parlament, fliegt die Linke aus der Regierung“

  1. Die Aussage ist völlig an den haaren herbei gezogen, da die Piraten Stimmen aus jedem Lager ziehen. Hinzukommend deutlich mehr von den Gruenen als von der Linken

  2. Daß sie gute Arbeit geleistet hat, würde ich sogar gar nicht mal unterstreichen, wenn ich an die Bankenstützung denke…
    Was hier aber herausklingt, hat noch einen miesen Beigeschmack. Klingt nämlich nach SPD: „Wenn die Linke uns Stimmen klaut, wählt sie damit automatisch die CDU.“ –> Besser könnt ihr es also auch nicht? Enttäuschend.

  3. @Anon: wieso denn, das hat doch nichts damit zu tun, woher die Stimmen ziehen. Das ist nur eine rechnerische Frage – ob z.B. 4,9% Piratenstimmen „verlorengehen“ oder 5,1% Piratenstimmen Rotrot keine Mehrheit erlauben.

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