Termine: Raul Zelik über „Nach dem Kapitalismus“ im Kreisky-Forum

Am kommenden Donnerstag habe ich einen sehr spannenden Gast im meiner Reihe „Genial dagegen“ im Kreisky-Forum: Den Berliner, derzeit in Kolumbien lebenden, Wissenschaftler, Aktivisten und Schriftsteller Raul Zelik. 
Gerade heute, wo alle versuchen, wie kapitalistischen Marktwirtschaften wieder einigermaßen flott zu kriegen, setzt Raul sich ab und spricht zum Thema: 
NACH DEM KAPITALISMUS
Das ist auch der Titel eines seiner jüngsten Bücher, über das ich seinerzeit im „Falter“ folgendes geschrieben habe: 
Der Linksradikalismus ist ja heute keine allzu mächtige Bewegung, und kaum noch jemand glaubt ernsthaft daran, dass der Kommunismus am nächsten Donnerstag ausbricht. Dennoch hat man gelegentlich den Eindruck, dass einem gewisse Schwundformen radikaler Haltungen auf Schritt und Tritt begegnen. Nicht nur, weil es Pamphletistik, die ebenso wortradikal wie belanglos ist, gelegentlich in die Bestsellerlisten schafft. Überall, von Simmering bis Kapfenberg, Bludenz bis Neubau begegnet man erstaunlicherweise Menschen, die glauben , dass „der Kapitalismus“ einfach böse ist und innerhalb „des Systems“ keine nennenswerten Fortschritte zu erzielen sind. (…)
Raul Zelik sieht genau hin, hat ein offenes Auge für die Realitäten der wirklichen Welt, statt dass er sie sich zurechtmodelliert. Er will ein System, das nach anderen Rationalitäten funktioniert als das simple Profitsystem, er will eine radikale Demokratie, die sich nicht darin erschöpft, alle paar Jahre die Stimme abzugeben und er will einen „Communismus“, den man heute neuerdings mit C schreibt, um so die „commune“, also die gemeinschaftliche, gemeingüterhafte, gemeinwesenhafte Seite der alten Idee wiederzubeleben, die als „Kommunismus“ mit K so gründlich diskreditiert worden ist. Und indem er auf die realen Tendenzen der wirklichen Welt blickt, stellt er fest, dass kaum etwas eindeutig ist, „nur“ gut oder „nur“ schlecht, sondern ambivalent. 
Und deshalb ist sein Buch voller kluger Beobachtungen. So ist eine der positiven Tendenzen, die er ausmacht, die „Peer-to-Peer“-Technologie und die „Commons-based production“, die in der Computer-, Software- und Kreativbranche längst üblich ist. Das selbe gilt für die Idee des „Green New Deal“, die Idee also, mit reformerischer Industriepolitik das Produktionssystem und die Energiesysteme ökologisch umzurüsten, und damit zwei Fliegen gleichzeitig zu schlagen: Einerseits die ökologische Krise zu bekämpfen, andererseits die Wirtschaft in Schwung zu bringen und neue, hochqualitative Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Idee, die nicht nur von deutschen Grünen, sondern auch von amerikanischen Regierungspolitikern propagiert wird, ist eine jener positiven Symptomatiken für eine Umorientierung, die Zelik anführt. Gleichzeitig erkennt er scharfsichtig eine fragwürdige Seite der „Green-New-Deal“-Idee: dass sie so tut, als wäre eine solche Umrüstung erstens einfach eine sachlich kluge Lösung, die zweitens zum Vorteil für jeden wäre und drittens niemandem etwas kosten würde. Dass sie also, kurzum, vom Geist des Technokratismus durchdrungen ist. (…) 
Über weite Strecken argumentiert Zelik gewissermaßen gegen die „eigenen Leute“, also gegen linksradikale Simpifizierungen. Etwa dagegen, sich in aseptischen Utopien neue Wirtschaftsarrangements auszudenken, denen der historische Prozess dann immer ein Schnippchen schlägt. Auch von schneidigen Revolutionskonzepten hält er nicht viel, wer wirkliche Änderungen wolle, müsse eher über Verschränkungen von „Bruch, Kontinuität und Transformation“ nachdenken. Er zitiert, durchaus sympathisierend, den Begriff des „radikalen Reformismus“. 
Raul Zelik hat ein optimistisches Buch geschrieben. Er denkt über die wirkliche Welt nach. Und er denkt zwei, drei Schritte über die bloß notwendigsten Reformen hinaus, ohne gleich realitätsvergessen ins Wolkenkuckucksheim abzudriften. Ein Radikalismus, der auf der Höhe der Zeit ist. 
Raul Zelik: Nach dem Kapitalismus.
Kreisky-Forum für internationalen Dialog. 
Armbrustergasse 17, 1190 Wien
Donnerstag, 17. Jänner, 19 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.