Wenn die SPÖ stark verliert und Rot-Grün keine Mehrheit mehr hat, könnte Stadtrat Michael Ludwig eine Art Putsch versuchen – so berichtet der innerparteiliche Buschfunk. Was ist da dran?
Update: Dieser Beitrag wurde nach einem Gespräch mit Michael Ludwig und einigen anderen Gesprächen ergänzt und bearbeitet.
Es gibt so Geschichten, bei denen man, auch wenn man von ihnen Wind bekommt, zwei Mal überlegt, ob man sie schreibt. Nicht als Journalist – als Journalist leckt man sich natürlich alle Finger ab bei einer Story wie dieser. Aber als Staatsbürger und politischer Mensch fragt man sich, ob man das jetzt eher aufschreibt, oder für sich behält. Welche Folgen hätte das für sich behalten? Aber welche hätte das Aufschreiben und Veröffentlichen?
Deshalb habe ich einige Stunden gezögert, diese Geschichte aufzuschreiben. Aber ich – und die Menschen, mit denen ich darüber gesprochen habe – halten die Folgen des Verschweigens für riskanter als die Folgen des Veröffentlichens.
Don’t Panic. Aber die kluge Person tut auch ganz gut daran, sich auf die Worst-Case-Szenarien einzustellen.
Kommenden Sonntag wird in Wien gewählt. Die SPÖ führt einen Wahlkampf, wie sich das für eine sozialistische Partei gehört: Mit klarer Ansage und Haltung. Ich glaube ja eigentlich, dass das honoriert werden wird, dass also die SPÖ deutlich vor der FPÖ liegen wird und auch die Grünen, deren Wähler teilweise zur SPÖ überlaufen, ganz gut abschneiden werden. Sagen wir: 38 Prozent SPÖ, 13 Prozent Grüne, vielleicht sogar 39 und 14. Rot-Grün hätte seine Mehrheit verteidigt. Nicht bravourös, aber angesichts der allgemeinen politischen Stimmung nicht so schlecht. Im August hätte ich auf so ein einigermaßen „erfreuliches“ Ergebnis eher nicht gewettet, heute eher schon.
Aber die Umfragen sind volatil. Im Grunde weiß niemand wie es ausgeht. Von den Rohdaten der Umfragen auf die Prozentpunkte für die Parteien zu kommen ist reine Kaffeesudleserei. Was aber, wenn die SPÖ eine dramatische Niederlage einfährt – sagen wir mit 36 oder 35 Prozent mit der FPÖ praktisch gleichauf liegt, oder sogar hinter ihr -, und die Grünen auch nicht auf die ausreichende Stimmenzahl kommen?
Also, was passiert, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind? Nämlich: Die SPÖ ist schwer angeschlagen. Und Rot-Grün hat keine Mehrheit.
In den Spitzen der SPÖ haben für diesen Fall längst die Planspiele begonnen.
Und nun gibt es beunruhigende Nachrichten aus der SPÖ-Spitze. Und, ja, als Autor legt man seine Quellen nicht offen und wird sie auch nicht andeuten. Aber vertraut mal drauf, dass ich meine Informationen nicht von irgendeinem unbedeutenden Sektionskassier habe.
Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, der sich selbst als Anführer des „rechten“ Flügels in der Partei sieht, hat bereits in Kreisen, die durchaus größer sind als bloße Zwei-Augen-Gespräche, angekündigt, er wolle sich ab Montag darum bemühen, als Bürgermeister einer rot-blauen Regierung gewählt zu werden, sollte die SPÖ eine schwere Niederlage einfahren.
Zuletzt, und das hat für Erschrecken in der Parteispitze gesorgt, hat er das Berichten zufolge sogar völlig unverhohlen im Präsidium der SPÖ-Floridsdorf in den Raum gestellt.
Michael Ludwig hält dazu fest, dass er so etwas nie getan hätte. „Das ist Rufmord, denn damit unterstellt man mir nicht nur, dass ich für eine rot-blaue Regierung offen wäre, sondern zudem, dass ich gegen den Bürgermeister putschen würde. Ich würde weder gegen einen starken noch gegen einen nicht so starken Michael Häupl putschen. Man will mir schaden.“
Plötzlich erinnern sich alle erschrocken an ein Interview, das Ludwig Anfang September der „Presse“ gegeben hat: Darin sagte er ausweichend, eine Koalition mit der FPÖ sei „nicht wahrscheinlich“, um erst auf Nachfrage zu bekunden: „Wir haben das ausgeschlossen in Wien, das hat unser Bürgermeister auch klargestellt.“
In den Couloirs des Rathauses wird von einzelnen Abgeordneten abgetestet, wer sich denn eine Koalition mit der FPÖ vorstellen könne.
Wenn Sie finden, diese Story ist etwas wert, dann dankt… KontoNr: Robert Misik. IBAN: AT 301200050386142129 / BIC= BKAUATWW)
All das habe ich aus verschiedenen Quellen, sodass Zweifel sich nicht wirklich aufdrängen. Michael Ludwig dementiert das nun, sodass zwei Darstellungen gegeneinander stehen.
Aber stellen wir einmal die Frage: Wie hoch wäre das Risiko überhaupt, dass es so weit kommt?
1. Natürlich ist diese Variante überhaupt nur denkbar, wenn Michael Häupl eine Wahlniederlage einfährt, die so hart ist, dass er quasi eine Lame Duck ist.
2. Natürlich auch nur, wenn SPÖ und Grüne auf keine gemeinsame Mehrheit kommen, wenn also rot-blau die einzig rechnerisch mögliche Koalitionsvariante ist, der nur ungeliebte Dreierkoalitionen als Alternative entgegenstehen.
3. Ludwig müsste im Präsidium der SPÖ oder in einer erheblichen Mehrzahl der wichtigen SPÖ-Bezirke eine Mehrheit gewinnen. Ich glaube ehrlich gesagt, dass das nicht sehr wahrscheinlich ist: Er hätte vielleicht Bezirke wie Simmering, Floridsdorf, Favoriten und Liesing hinter sich, wenn überhaupt. Schon bei einem Bezirk wie Donaustadt habe ich da erheblichere Zweifel. Im Grunde glaube ich nicht einmal, dass sich Ludwig in seinem Stammbezirk Floridsdorf durchsetzen könnte. Aber es kann natürlich so kommen: Vier Bezirke, die Ludwig unterstützen, drängen massiv, und die anderen Bezirke sind ob der massiven Niederlage demoralisiert und ein wenig im politischen Koma. Und sie haben als Alternative nur ungeliebte Varianten wie Rot-Grün-Schwarz oder Rot-Grün-Neos anzubieten. Worauf dann einige Bezirke zu wanken beginnen.
4. Dass eine solche Linie kalt durchgezogen werden könnte, halte ich für ausgeschlossen. Anders als im Burgenland würde sich der Protest in der SPÖ-Basis und unter den Funktionären nicht auf Gemurmel beschränken. Die Partei wäre im Grabenkrieg und würde de facto zerfallen. Es wäre das Ende der SPÖ in Wien wie wir sie kennen. Auch das ist natürlich keine besonders erfreuliche Aussicht.
5. Wir hätten ein politisches Totalchaos in Wien mit möglichen Spill-Over-Effekten auf den Bund, tatsächlich womöglich bald eine Staatskrise.
6. Würde jemand eine solche Vorgehensweise decken? Ich weiß nicht, ob eine solche Vorgangsweise des Wohnbaustadtrats von der Spitze der Bundespartei gedeckt würde. Was ich allerdings weiß, ist, dass es eine eigentümliche Allianz von Ludwig und des Bundeskanzlers Werner Faymann gibt, die sich vor allem auf machiavellistische Machtüberlegungen stützt. Faymann weiß, dass ein starker Wiener Bürgermeister – Michael Häupl oder sein_e potentiellen Nacholger_innen – eine Gefahr für ihn darstellen. Angesichts der Umfragewerte der Bundespartei und seiner eigenen persönlichen Popularitätswerte ist er natürlich heißer Ablösekandidat. Wenn Häupl weg ist, ist aber niemand in den Landesparteien mächtig genug, ihn abzusägen. Das wäre Faymanns politische Lebensversicherung. Keine Ahnung, wie weit er dafür gehen würde. Sehr weit, sagen SPÖ-Landtagsabgeordnete ungefragt seit Monaten. Anyway, let’s Face it: In solchen Kategorien denkt man in der Politik-Politik, in der man den Hauptteil der Energie in Rasputin-Schachzüge und Apparat-Intrigen investiert.
Kurzum: Wir alle starren auf den Wahltag, alle rennen um die letzten Stimmen, man engagiert sich für das Ziel „11. Oktober“, und denkt nicht immer einen Schachzug weiter. Kaum jemand hat am Zettel, dass es schon am Nachmittag des kommenden Sonntags gröbere Kämpfe geben könnte, die für die politische Zukunft der Stadt und des Landes sehr wichtig sein werden. Insbesondere für den progressiven Teil der SPÖ-Mitglieder und -Funktionäre gilt: Lasst Euch da besser nicht am falschen Fuß erwischen. Wahrscheinlich ist all das ohnehin nicht; wahrscheinlich geht die Wahl eh einigermaßen gut aus. Aber die kluge Person tut auch ganz gut daran, sich auf die Worst-Case-Szenarien einzustellen.
Vor Rot-Blau in Wien hatten wir schon vor 2 Monaten gewarnt.
Siehe http://wienanders.at/rot-blau-in-wien/
nur um es klarzustellen, ich finde „Wien-andas“ eine durchaus interessante alternative, aber dennoch muss ich den link von euch kritisieren… denn ich wohn‘ gerade auch im zweiten Bezirk!
das was hier fpö mit spö beschließt, sind wohl nun wirklich Kleinigkeiten und es geht um verkehr, nicht um ideologische Inhalte. also diesen Vorwurf halte ich für völlig überzogen – und genau solche Polemik stoßt mich auch immer wieder von sehr weit links stehenden Parteien wieder(!) ab, wobei ich politische Positionen links der SPÖ für wichtig halte. das erinnert mich an die uni-zeit, wo ich auch da, obwohl ich ideologisch links bin, immer wieder unfaires und sogar manches mal undemokratisches einfach nur schei*e fand. (gut! uni-politik war das wohl auch insgesamt). Man sollte wirklich ohne Polemik, Populismus und argumentativer Unfairness gegen Rechts antreten. Die Wahrheit und gute Argumente sind einfach die besten Werkzeuge um zu überzeugen – und die FPÖ gibt nun aber auch genug Angriffsfläche her, wo man nicht übertreiben muss. Bei denen ist die Wahrheit ohnehin schon schlimm genug.
Zu den Punkten: “ Gefahrenstelle Rad/Fußweg beim Praterstern“
ich kann mir gut vorstellen, welche Stelle sie meinen, denn ich fahr viel mit dem Rad im zweiten rum. vermutlich meinen sie die stelle wenn man rechts auf der praterstrasse zum Praterstern kommt, denn da gibts wirklich oft heikle Situationen, wegen der Linksabbieger.
„Kaiserwiese“
selbst die Grünen sprechen sich dafür aus, diese Wiese nicht sooft freizugeben. Und die sieht ja auch schon zum Teil ziemlich fertig aus.
„Rechtsabbiegeverbots von der Reichsbrücke in die Vorgartenstraße (der gefährlichste Unfallhäufungspunkt im Bezirk). Unterstützung von der FP.“
Kenne die Stelle nicht, weil ich auch kein Auto mehr hab‘, aber wenn es tatsächlich eine gefährliche Stelle ist, warum soll man nicht dafür sein?! warum sollte die FPÖ prinzipiell nur schei*e abstimmen? Soll man, wenn die FPÖ sich für etwas entscheidet, plötzlich davon ablassen, nur weil die FPÖ mitstimmt?! Hier gehts bitte um sowas wie Fahrstreifen, nicht um ideologische Verwirrungen oder „misanthrope“ Äusserungen oder Gesetze.
„Öffnung der Busstraße beim Stadioncenter“
okay, die SPÖ sind nicht die Grünen, und aus welchen Gründen auch immer sie dafür waren, vielleicht ist der Bus dort eh flott genug, aber… „so what“?! Eine Busstation ist jetzt aber wirklich kein großer Aufhänger…
anders jedoch die FPÖ-Aussage „Caritas-Hotelprojekt „magdas“ ein Drogenumschlagplatz sei.“
Das ist natürlich heftiger rechter Bullshit, aber der nächste Satz: „SP unterstützt diese Hetze, indem sie diese xenophobe Anfrage weiterleitet, anstatt dieses wertvolle Sozialprojekt, das Flüchtlinge beschäftigt.“
ich kenn mich mit der politischen Terminologie nicht so gut aus, was heisst „weiterleitet“? (und im übrigen fehlt bei dem Satz am Schluß noch ein Beistrich und ein weiteres Prädikat).
Ich halte so verkehrspolitische Dinge nicht unbedingt für so schlimm, wenn die FPÖ da mitstimmt. Und wenn die SPÖ-Leopoldstadt eine eher „autofreundliche“ Auffassung hat, auch okay, ist zwar nicht die meinige Auffassung, aber diese kleinen verkehrspolitischen Entscheidungen einer Bezirksvertretung macht doch die SPÖ auf Landes/Stadtebene noch nicht zu einer FPÖ-freundlichen Partei.
Ich versteh schon, dass ihr auch gegen Strache sein müsst, finde ich auch richtig und wichtig, dass ihr das aus ideologischen Gründen aber schon seid, ist doch ohnehin klar. Ich versteh auch, dass man als so kleine Partei versucht Aufmerksamkeit zu erregen (leider kennen euch auch zu wenige), aber damit wird euch das wohl nicht gelingen, und ausserdem gibts doch wohl eigentlich genug Angriffsflächen bei Strache, dass man das doch nun wirklich gar nicht notwendig hat, hier Fahrradstreifen oder einen Fahrstreifen hochzustilisieren, dass die beiden Parteien sich deswegen nun heiss lieben. da gibts wohl heftigeres und auch eindeutigeres gegen eine FPÖ zu sagen, als dass sie bei ein paar verkehrspolitischen Fragen mit der SPÖ mitgestimmt hat bzw. umgekehrt.
Nichtsdestotrotz – oder besser: Selbstverständlich wünsch ich euch viel Erfolg, auch wenn ihr es sehr leider schwer habt, im Moment. Eine gute, aber auch kluge(!) (intellektuellere und sich von der Vergangenheit stärker distanzierende) Linke in Wien und Ö wäre tatsächlich etwas, was dem Land auch ganz gut tun würde.
Nebenfrage: Wo ist „der Wandel“ hinverschwunden? Wieso ist der nicht mehr dabei, bei Euch?
nachtrag: ah nein, der Satz passt eh! 😉
Hallo Max,
Der Wandel engagiert sich nicht auf kommunalpolitischer Ebene und ist daher nicht Teil des Buendnis Wien Anders.
Es ist aber die Plattform der Unabhaengigen hinzugekommen, sowie viele unorganisierte Unabhaengige. In Summe sind wir viel mehr AktivistInnen als bei der Europawahl.
Sachpolitischer Abstimmungen finden wir grundsaetzlich sinnvoll, allerdings zeigt das schon auch auf wer mit wem gut reden kann und dass die SP Leopoldstadt autofreundlich ist.
Zum Unfallhaeufungspunkt nahe der Reichsbruecke: der wurde durch das Rechtsabbiegeverbot erfolgreich eliminiert. Die SP gemeinsam mit der FP wollte dies dort wieder einfuehren – das zeigt, dass diese beiden Parteien dutzende Verletzte und eventuelle Tote riskieren, nur damit Autofahrer sich nicht subjektiv sekkiert fuehlen (sie braeuchten ja nur ein bisschen vorher abzubiegen!)
Und bezueglich dieser Weiterleitung der FP-Anfrage an das Caritas-Hotel: Die SP haette hier auch klar Stellung beziehen koennen und einfach sagen: „Eure Anfrage ist – wie so oft – rassistisch motiviert und dient nur dazu, die Bevoelkerung aufzuhetzen, anstatt sie kommentarlos weiterzuleiten.“. Hat sie nicht gemacht.
das halte ich für ein völlig abwegiges Szenario. Das Beispiel in Burgenland zeigte, wie wenig das in der Parteispitze toleriert wird und Wien ist der Grundpfeiler der SPö-Österreich. Wenn Faymann ein paar Anrufe tätigt, wird das bei den „braven Parteisoldaten“ Wiens niemals durchgewunken. V.a. auch weil das die SPö insgesamt ruinieren würde und das ist ja auch selbst von dir mit wenigen Argumenten leicht gezeigt worden. Das verstehen auch die „Kleinen“ in den Bezirken. Das traut sich keiner in Wien. Wird nicht passieren.
Dass Faymann an Häupl sägt, dabei aber auch die Grundsatzlinie „Keine Koalition mit der FPö“ über Board wirft, was die SPö strategisch ruinieren würde, gleichzeitig aber auch ihn selbst, da auch er vehement diese Meinung vertritt, ist auch argumentativ unglaubwürdig.
Warum sollte Faymann ernsthaft dagegen sein?
Weil er laut Medienberichten in letzter Zeit plötzlich eine politische Meinung zu diesem und jenem hat? Geh bitte.
Weil es ihm und der SPÖ schadet? Geh bitte. Die SPÖ zelebriert seit Jahren lustvoll die Selbstzerstörung.
Weil es strategisch ungünstig ist? Das wäre noch eine halbwegs faymannlogische Erklärung. Ist es aber nicht. Die Wahrheit ist, dass Rotblau nur für ein paar Linke in der Partei ein Problem ist. Und die sind eine Minderheit.
„Weil er laut Medienberichten in letzter Zeit plötzlich eine politische Meinung zu diesem und jenem hat?“
ich bin kein SPöler, erst recht nicht einer von der im Moment direkt in Konkurrenz stehenden Partei, aber was mir auffiel, ist, dass die „Roten“, ob nun Häupl oder Faymann durchaus wieder mehr typisch linke Positionen beziehen. (verbal! Dass sie etwas anderes oft machen, ist eine andere Geschichte). Natürlich wird viel oberflächliches Geredet, aber zwischendurch kommt schon so etwas wie politischer Inhalt auch durch – oder besser: links-demokratische Standardfloskeln. Sie versuchens ja. verbal, nicht praktisch. diesen Vorwurf, obwohl ich jede Enttäuschung ggü der SPÖ verstehen kann, halte ich für übertrieben. Sie machen vielleicht zu wenig linke Politik oder setzen zu wenig durch, sind für so manchen vielleicht überhaupt schon zu wenig links, auch das kann ich nachvollziehen, aber manche Reden sind durchaus auch gut, oder zumindest halbwegs gut. Von Häupl wie von Faymann
„Die SPÖ zelebriert seit Jahren lustvoll die Selbstzerstörung.“
Das ist durchaus eine Feststellung, die auch objektiv nachvollziehbar ist und den tatsächlichen Umständen entspricht.
„Weil es strategisch ungünstig ist? […] Ist es aber nicht. Die Wahrheit ist, dass Rotblau nur für ein paar Linke in der Partei ein Problem ist. Und die sind eine Minderheit.“
Beim Publikum der SPÖ sind diese – so ist zu befürchten – wirklich schon eine Minderheit, in der Partei glaub ich das jedoch nicht.
Sei’s drum! Es geht in dem Artikel auch nicht um die Partei, sondern um Faymann. Faymann hat unzählige Male gesagt, dass er niemals mit der FPÖ „packeln“ wird, er wird nicht eine SPÖ-FPÖ-Koalition in Wien im Geheimen starten, weil Häupl schon so stark ist, weil er eine starke SPÖ von Wien braucht. Eine solche Koalition in Wien, so schreibt sogar Misik, würde auch im Bund deren Vertreter stärken. Faymann ist aber eindeutig keiner von denen. Jemand, der unzählige Male (50x? 100x?) ausgeschlossen hat mit der FPÖ zu koalieren, kann nicht so umschwenken. Absolut undenkbar! Da bräuchte es auch an der Spitze der SPÖ einen Neuen. Das Sägen an Häupl und das Verstärken des rechten Flügels in der Partei, zuerst in Wien und in Folge auch im Bund, wäre ein Sägen am eigenen Stuhl. vollkommen an den Haaren herbeigezogen, das Szenario
Erschreckend an dem Artikel ist für mich die Naivität des Autors, der sich hier instrumentalisieren lässt und auf die Diadochenkämpfe Einfluss nimmt. Was glaubt er denn, was seine Quelle damit bezwecke? Altruistische Aufklärungsarbeit??
Wenn sich Journalisten instrumentalisieren lassen… Dann war die akkurate Info gut konzertiert.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass diese Infos aus der SPÖ kommen, denn das wäre ja ein zutiefst parteischädigendes Verhalten und noch dazu vor einer so wichtigen Wahl.
Die beschriebene Gefahr scheint mir durchaus denkbar, aber viel wahrscheinlicher ist sie wohl als längerfristigere Entwicklung und nicht in dem geschilderten Verlauf. So ein drastischer Putsch passt überhaupt nicht zur SPÖ und würde, wie du ja selbst beschreibst, die SPÖ Wien zerreisen. Auch wird die Wahlschlappe wohl nicht so groß. Aber wer weiß das alles schon. Zeiten ändern sich auch.
Viel realistischer scheint mir, dass starke Wahlverluste dazu führen, dass Häupl seine unanfechtbare Position verliert und ein rechter Flügel unter Ludwig früher oder später und auf jeden Fall unspektakulärer die Macht übernimmt. Also ohne unmittelbar eine Koalition mit der FPÖ eingehen zu müssen. Die Koalitionsopption entsteht dadurch aber langsam, wie es sich für die SPÖ gehört, und nicht als 180 Grad Wendung.
Die inneren machiavellischen Machtkämpfe, die du beschrieben hast, sind für so einen Wandel ein wichtiger Träger. Wenn die WählerInnen zu den Rechten rennen, kommt aber auch die übliche stumpfe Strategie hinzu, sich an die Inhalte anzupassen um die Abwanderung abzufangen.
Ich frag mich nur wem so ein Gerücht und dadurch geschaffene Angst hilft. Beziehungsweise ist das eine rhetorische Frage, weil ja offensichtlich ist, dass es für alle Linken einen klaren Anreiz schafft, die SPÖ zu wählen um so einen Machtwechsel zu verhindern.
Die wichtigste Identiät und der wichtigste Inhalt der SPÖ (Wien) seit vielen Jahren „nicht die FPÖ zu seine“ wird gerade ohnehin so erfolgreich, wie noch nie. Was ich all die Jahre nur zum Kotzen fand, wird nun zur Überlegung sie zu wählen. Parlamentarismus ist einfach Scheiße. Es lohnt sich einfach nicht sich zu sehr in Überlegungen zu diesen fetischisierten Inszenierungen zu verlieren. Veränderungen werden immer noch wo anders erkämpft.