Die ÖVP bekommt hysterische Anfälle, weil ihr jetzt ein echter, geerdeter Sozi als Gegner gegenüber steht.
Die ÖVP-Spitzenleute bekommen seit der Wahl von Andreas Babler zum SPÖ-Vorsitzenden jeden Tag einen theatralischen Nervenzusammenbruch und sind ganz erschüttert, weil sie den „Marxismus“ einziehen sehen. Nun ja, wenn „Marxismus“ heißt, den Skandal zu analysieren, dass in einer Gesellschaft, die auf breitester Kooperation aller beruht, sich die einen unermesslichen Reichtum krallen, und die anderen nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, dann würde gegen ein bisschen Marxismus ja gar nichts sprechen. Wie die ÖVP in den letzten Jahren ihren reichen Freunderln und Gönnern (Benko!) Vermögen zuschanzte, wie sich Unternehmensnetzwerke eine Regierung kauften und hielten (man denke an die berühmte „Adler“-Runde), das wäre, so gesehen, ja das beste Argument für eine kleine Prise Marxismus. Was der gute alte Rauschebart über Leute gesagt hätte, die sich selbst als „Hure der Reichen“ titulieren, das kann man sich schön ausmalen. Und wenn Marx einmal schlau beschrieben hat, dass die Fabrikbesitzer und Konzernherren das Einkommen ihrer Arbeiter immer drücken wollen, da diese für sie primär Kostenfaktoren seien, das Einkommen aller anderen Beschäftigten aber gerne in schönen Höhen sehen würden, da diese für sie primär Konsumenten seien, dann ist das auch eine Einsicht, mit der sich intellektuell herausgeforderte ÖVP-Sekretäre vielleicht besser vertraut machen sollten, bevor sie komisch herumlabern.
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In der Geschichte gab es, wie beim Konservatismus, auch hunderte Spielarten des Marximus und schon vor 120 Jahren haben die Ahnen der ÖVP gegen den „Austromarximus“ gekeppelt, also die Sozialdemokratie von Victor Adler, des großen Giganten der österreichischen Geschichte. Adler hat nicht nur Arbeiterrechte und höhere Löhne durchgesetzt, sondern auch das freie Wahlrecht, demokratische Freiheitsrechte, echten Parlamentarismus und dann die Republik. Es war der „Austromarximus“, der die Freiheit in diesem Land durchgesetzt hat, und es war der hiesige verstunkene Konservatismus, der sie dann gemeuchelt hat. Es waren die „Austromarxisten“, die den Arbeitern Gemeindebauten errichtet haben, und es waren die ÖVP-Vorfahren, die diese dann mit Kanonen zerschossen haben.
Besonders grotesk nimmt sich die Hysterie der ÖVP aus, bedenkt man doch, dass sie sich überall den Feinden der liberalen, pluralistischen Demokratie an den Hals wirft. Jetzt regiert sie auch in Salzburg mit der rechtsextremen FPÖ, nachdem sie sich schon in Niederösterreich mit den Walhäusls und Landbauers ins Bett gelegt hat.
Wer die Feinde von Modernismus, Pluralismus und Liberalität aufhalten will, wird beim nächsten Mal Andi Babler wählen müssen. Er ist die Alternative zu einem Kanzler Kickl. Nicht Nehammer. Die ÖVP wirft sich immer der FPÖ an den Hals, um ihre Macht und die guten Geschäfte ihrer Freunderln abzusichern.
Und die FPÖ macht bei all dem immer mit. Beim Benko-Leiner-Deal, der während der Kurz-Strache-Regierung eingefädelt wurde, hat sie angeblich nichts mitgekriegt. Wahrscheinlich war sie zu sehr damit beschäftigt, Millionen in die eigene Tasche zu schaufeln. In der Steiermark und insbesondere in Graz gibt es die FPÖ praktisch nicht mehr, weil sie sich nach dem Finanzskandal um mutmaßliche Millionenmalversationen gegenseitig ausgeschlossen haben. Auch der Landeschef und Kickl-Freund ist jetzt mit Justizermittlungen konfrontiert. Die KÖST-Steuergeschenke an die großen Konzerne hat die FPÖ auch gerne mitgemacht.
Angesichts dieser Schlauchern und Hintenherumdreher würde man sich einen zornigen Marx wünschen, der sprachlichen Blitz und Donner auf diese Figuren niedergehen lässt.