Schwarz gegen Frau

Clinton versus Obama. Die emanzipierte Frau, die das Rolemodel der First Lady so spektakulär sprengte und deshalb zum Feindbild schlechthin der Konservativen avancierte, gegen den schwarzen Charismatiker aus Illinois, der die Phantasien des liberalen Amerika beflügelt wie keiner sonst seit Bobby Kennedy. taz, 18. Jänner 2001

Barack Obama hat die ersten formellen Schritte zur amerikanischen Präsidentschaftskandidatur gesetzt. Damit ist so gut wie sicher, dass die Primaries der Demokraten von zwei Menschen ausgefochten werden, die so etwas wie Kult sind: Hillary Clinton und Barack Obama. Die emanzipierte Frau, die das Rolemodel der First Lady so spektakulär sprengte und deshalb zum Feindbild schlechthin der Konservativen avancierte, gegen den schwarzen Charismatiker aus Illinois, der die Phantasien des liberalen Amerika beflügelt wie keiner sonst seit Bobby Kennedy.

 

 

Ein Duell, das kaum jemanden kalt lässt. Auch hierzulande nicht. Zu wem tendiert man da instinktiv, zumal als politisch-korrekter Gutmensch wie meinesgleichen? Die kurze Schnelldemoskopie im Bekanntenkreis zeigt: Obama kommt locker auf 100 Prozent. Die Begründung lautet meist: Hillary ist unsympathisch und war außerdem für den Irakkrieg. Aber erklärt das die Emotionen ausreichend?

 

Es ist wohl eher so, dass die kulturelle Revolution als grandioser empfunden wird, die ein Schwarzer im Weißen Haus darstellen würde. Dass es Frauen an die Staatsspitze schaffen können, hat den Sensationsappeal etwas verloren – Thatcher, Merkel, Bachelet haben es vorexierziert, Segolene Royal hat gute Chancen, es zu schaffen. Eine mehr? So what? Ein Schwarzer als US-Präsident, das wäre dagegen ein Ereignis von Mondlandungsdimension.

 

Hillary Clinton hat da einen doppelten Emo-Nachteil. Dass Frauen bis ganz oben aufsteigen, daran hat man sich als Möglichkeit einerseits gewöhnt, andererseits ernten sie letztlich dafür immer noch extraskeptische Blicke. Auch deswegen haftet Clinton – unabhängig davon, ob sie privat liebenswert oder ein Ekel ist – das Stigma „unsympathisch“ an. Weil Frauen, die etwas werden wollen, eben ganz schnell als „kalt“, „berechnend“ und „übertrieben ehrgeizig“ gelten. Das wäre natürlich wiederum ein Grund, Hillary Clinton erst recht die Daumen zu drücken.

 

Dennoch: Die spektakulärere kulturelle Revolution ist ein schwarzer Präsident. Clinton repräsentiert den Aufstieg der Frauen. Obama repräsentiert die Utopie eines ganz anderen Amerika, oder besser gesagt: den alten amerikanischen Traum.

Ein Gedanke zu „Schwarz gegen Frau“

  1. Hallo,
    frage mich so ganz spontan beim Durchlesen, ob diese wohl bewusste Reduktion der beiden auf ihre oberflaechlichsten aller Aspekte notwendig ist.
    Hab nur zb den Auftritt von Obama gestern bei Charlie Rose gesehen und seh nicht, dass er seine „Blackness“ (?) als oberste Prioritaet sieht, obwohl ihm seine Herkunft, … ja, logischerweise bewusst ist, mir kam da eher das Thema auf „class“, denn auf „race“.
    Clinton hab ich jetzt laenger nicht in einem Interview gesehen.
    Wenn auch leger formuliert, so frage ich mich trotzdem, ob so eine Wiederholung von Zuweisungen die bestehenden Repraesentationen nicht eher stuetzt und staerkt.
    LG, Regina

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