In Feindschaft verbunden

Die G-8-Kolumne aus der taz, 6. Juni 2007

Anti-Gipfel-Protestierer und die G-8-Lenker haben mehr gemeinsam, als sie glauben würden.

 

Wie so häufig bei hoch symbolischen Auseinandersetzungen sind auch die G-8-Lenker und die No-Globals auf seltsame Weise verfreundete Feinde. Zur Weltregierung, zu den „Masters of the Universe“ würden sich die G-8-Führer aufschwingen, lautet die Kritik der Bewegung. Freilich: Viele der Probleme, die die Bewegung für globale Gerechtigkeit anprangert, gibt es auch deshalb, weil die G-8 das genau nicht sind – eine Weltregierung; weil sie längst nicht mehr in der Lage sind, global steuernd in komplexe und asynchrone Weltläufe einzugreifen. Mehr noch, viele der Forderungen der Bewegung könnten nur erfüllt werden, wenn ein paar Führungsmächte (eher G-15 statt G-8) sich auf ein paar Maßnahmen einigen und die auch entschieden umsetzen würden.

Noch so ein Paradoxon: Gäbe es die G-8-Gipfel nicht, fehlte eine prima Demogelegenheit. Die G-8-Lenker wiederum sollten den Demonstranten eigentlich dankbar sein: Gäbe es die Demonstrationen nicht, würde vielleicht auffallen, wie hohl die Macht der „Mächtigen“ in Wahrheit ist. Mögen die Demonstranten die Eminenzen auch stören, so sind sie auch Versicherung ihrer Relevanz.

Der ironischen gegenseitigen Verbundenheit nicht genug, lassen sich die G-8-Staats- und Regierungschefs schon seit Jahren ihre Agenda von der Bewegung bestimmen. Sie wissen, die symbolträchtigen Sturmläufe auf ihre Gipfel – und ihre verzweifelten Versuche, sich abzuschotten –, haben ihre Zusammenkünfte massiv delegitimiert. Schon in Gleneagles 2005 standen Afrika und die Entschuldung der ärmsten Länder deshalb ganz oben auf der Agenda. Diesmal wieder. Klar, man kann sagen, es kommt viel zu wenig dabei raus.

Aber man könnte auch sagen: Ein schöner Erfolg der Protestierenden. Bloß können die diesen Erfolg gar nicht richtig würdigen. Geht ja schwer, einerseits die Legitimität der „Masters of the Universe“ bestreiten, und sich dann freuen, wenn man bei denen Politikkorrekturen durchsetzt. Wo käme der Protestler denn da hin, da erschienen doch die Blairs und Merkels plötzlich nicht mehr als gar so schreckliche Verbrecher.

G-8 und Globalisierungskritiker: Natürliche Feinde? Ach wo. Irgendwie brauchen sie sich auch gegenseitig. Komplizierte Welt, das habe ich gerne.

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