FDP verjagen? Nicht mit diesen Kanzlerkandidaten

Für das Wahlblog der Böll Stiftung

Es gibt ja eine Reihe möglicher Varianten politischer Stilistik. Man kann sie als Entertainement anlegen, als Rauferei, unter Männern ist auch sehr beliebt, ihr einen Schuss ins virile, tatmenschliche zu verleihen. Und dann gibt es die Phlegma-Politik. Sachlich und fair. „Yes, wie gähn“, kommentierte die taz das Kanzlerduell. Der kluge Comedien Dirk Stermann meinte, Merkel gegen Steinmeier, das ist so, als würden die Klitschko-Brüder gegeneinander boxen während Mama zuschaut.

 

Ich hege stets einen Verdacht gegen mich selbst, wenn ich Spitzenpolitiker als „langweilig“ empfinde. Dann sage ich mir immer, dass die ja nicht im Fach „Entertainement“ konkurrieren. Womöglich ist ja nicht der Punkt, dass die fad sind, sondern dass meine Erwartungshaltung eine sehr oberflächliche ist. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich mehr auf die steil nach unten zeigenden Mundwinkel der Kandidaten konzentriere, als auf das, was aus ihren Mündern kommt. Ich schweife dann ab in den Gedanken, frage mich, wie es kommt, dass sich die Missmutigkeit so in das Gesicht eingraben kann wie in das von Steinmeier. Würde das Gesicht einen lebendigen Menschen nicht automatisch ganz anders aussehen?

 

In der Sache bleibt hängen, dass Merkel kaum andere Dinge will als Steinmeier, aber immer ein paar Einschränkungen dazu sagt: Finanzmarktregulierung, „aber das geht nur international“. Das ist zwar durchaus richtig gedacht, aber doch kommt da der Verdacht hoch, sie will alles umsetzen, aber nur global, also gar nicht. Sie will, dass sich die Dynamik von Spitzengehältern an Reallohnzuwächsen von Facharbeitergehältern orientieren, „ohne das in ein Gesetz festschreiben zu müssen“. Na prima. Sie hofft also, dass das von alleine passiert. Und damit das alles so kommt, sagt sie, sie will „eine Koalition von Union und FDP“. Naja.

 

Das hat sie schon öfter gesagt, ich merke aber, dass es mich dann doch verwundert, dass sie das laut im Fernsehen am Hauptabend wiederholt. Dass ich fast zusammenzucke, wie sie das sagt. Wieso sagt die das denn, wundere ich mich, damit verschreckt sie doch alle Wähler?! Die FDP! Wahrscheinlich rühren die Umfrageergebnisse, die Steinmeier hinterher kleine Vorteile attestieren, von daher: die bei vielen so verhasste Neidpartei der Habgierigen in der Regierung? Nein danke.

 

Es wird sich am Ende darauf reduzieren: Merkel ist die, die mit der FDP regieren will. Merkel = FDP. Steinmeier = nur im Notfall FDP, wenn die Ampel dementsprechend leuchtet. Da kommt mir Christoph Schlingensief in den Sinn, der kürzlich sagte: „Man muss die FDP wegjagen“. Wie erfrischend unmodern, dass das einer so klar und kämpferisch ausdrückt.

Ein Gedanke zu „FDP verjagen? Nicht mit diesen Kanzlerkandidaten“

  1. Die schwarzgelbe Tigerente ist alles andere als harmlos. FDP ist Klassenkampf und Neiddebatte von oben. Das Duell hat Peymann schön beschrieben: „Da machen sich die Zwerge eine Ideologie für ihr eigenes Zwergentum.“ ich fürchte, dem ist wenig hinzuzufügen!

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