Westerwelle gegen Seehofer, das ist Brutalität

Für das Wahlblog der Böll-Stiftung

Lagerwahlkampf? Da müssen CSU und FDP irgendetwas ganz falsch verstanden haben. Die betreiben nämlich zunehmend hektisch Wahlkampf innerhalb ihres Lagers. Hübsch, das mitanzusehen. FDP-Westerwelle beklagt sich schon richtig weinerlich über die „fast täglichen Attacken aus der CSU“, die schieße „auf das falsche Tor“. Die CSU wiederum warnt unverdrossen vor den „neoliberalen Streichkonzerten“, die die FDP im Schilde führe. Zuletzt hieß es etwa: „Die FDP will eine Reichen-Medizin.“

Nun ist das ja nichts total Neues: Die CSU will die bayrische soziale Volkspartei sein, die konservativ ist, aber die Sozialdemokratie gleich mit abdeckt. Die FDP positioniert sich seit Jahr und Tag als hartleibig ultraliberal, als Partei der kaltschnäuzigen Gewinnertypen. Aber mit der großen Verwirrung, die mit der großen Wirtschaftskrise einhergeht, wird der Graben tiefer. In der Seehofer-CSU hängt man eher der Deutung an, dass die „The Winner takes it all“-Ideologie gemeinsam mit den Dödelbankern an Strahlkraft verloren hat. Bei der FDP glaubt man dagegen, dass es in Zeiten massiver Staatsintervention und Konjunkturprogramme trotz der Delegitimation des Marktradikalismus noch genügend Leute gibt, die ihre Staatsskepsis gerade jetzt in die Reihen der Rechtsliberalen treibt. Und irgendwie haben natürlich beide Recht: Die FDP kann mit ihrer Unique Selling Proposition auf 12, vielleicht sogar auf 15 Prozent kommen. Die CSU mit ihrer in Bayern auf bis zu 50, die absolute Mehrheit. Wahltaktisch ist das also durchaus schlüssig.

Trotzdem mutet das alles irgendwie retro an. Irritierend ist, dass die CSU mit Wirtschaftsminister Karl-Theodor Etcetera selbst einen kleinen Westerwelle unter ihren Vorzeigefiguren hat, aber das nur nebenbei. Wenngleich der Sozialpopulismus der Christsozialen sympathischer ist als Knochenbrecherthatcherismus der Liberalen, so ist Volkstümelei mit sozialdemokratischen Einsprengseln möglicherweise doch nicht der Weisheit letzter Schluss in Sachen eines modernen, ethischen Konservativismus.

Aber egal. Man lehne sich erste Reihe fußfrei zurück und genieße: Westerwelle gegen Seehofer, das ist Bierzelt-Brutalität und allemal amüsanter als, beispielsweise, Merkel gegen Steinmeier.

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