Weshalb zu hohe Unternehmensgewinne wirtschaftlich schädlich sind

Einen bemerkenswerten Beitrag kann man derzeit am Blog „Ökonomenstimme“ finden. Darin wird gezeigt, dass viel zu hohe Unternehmensgewinne eine wesentliche Ursache der Finanzkrise waren. Titel: „Die Mutter aller Finanzkrisen: zu hohe Unternehmensgewinne.“

Und das ist deshalb auch sehr bemerkenswert, weil dieser Volkswirtschaftsblog, den die ETH-Zürich betreibt, nicht gerade ein linkes, keynesianisches Sprachrohr ist, sondern eine nüchterne Plattform avancierter wirtschaftstheoretischer Diskussion. Mehr noch: Hier kann man schon auch mal ökonometrische Ableitungen finden, warum Mindestlöhne nichts bringen würden und auch die sonstigen wirklichkeitsfremden Mainstream-Theorien und Effizienz-Markt-Slogans haben hier regelmäßig ihren Platz.

Umso beeindruckender nun die Beweisführung von Autor Werner Vontobel.

In den USA haben die Unternehmen immer größere Finanzüberschüsse angehäuft, und daran hat auch die Krise nichts geändert. 527 Milliarden Dollar betrugen sie im Jahr 2010.

Und nur für alle, die das nicht wundert, weil sie denken, Unternehmer seien nun einmal reich und das sei immer so: Nein, das ist nicht wahr. Denn meist finanzieren Unternehmen ihre Investitionen auf Pump, also sie standen in der Geschichte des Kapitalismus fast immer in der Kreide. Aber das ist heute nicht mehr so.

Sie haben selbst immense Finanzüberschüsse auf der hohen Kante. Aber da in einer Marktwirtschaft den Überschüssen des einen notwendigerweise die Schulden eines anderen gegenüber stehen, bedeutet das logischerweise, dass die Schulden anderer Sektoren wachsen, wenn die Finanzüberschüsse eines Sektors explodieren. Simpel gesagt: Wenn die Unternehmensgewinne derart anwachsen, dann müssen sich private Haushalte und die Staaten eben verschulden. Geht gar nicht anders.

Und hohe Unternehmensgewinne fallen nicht vom Himmel, wie der Autor in einer schönen Wendung beschreibt. Die Mainstreamtheorie geht beispielsweise davon aus,

„dass Arbeitnehmer weniger Arbeitsstunden anbieten, wenn die Löhne sinken. In der realen Wirtschaft suchen sie sich einen noch schlechter bezahlten Zweitjob.“

Das allgemeine Lohnniveau sinkt dann. Die Unternehmen haben höhere Gewinne, die privaten Haushalte aber weniger Geld in der Tasche. Um die Produkte kaufen zu können, die die brummenden Unternehmen produzieren, müssen sie sich verschulden (oder, alternativ, die öffentlichen Haushalte müssen das tun).

Explodierenden Gewinnen der einen Seite steht die Überschuldung der anderen Seite gegenüber, ein Prozess, der immer weiter geht, mit wachsenden Ungleichgewichten und krisenhaften Entwicklungen auf den Finanzmärkten.

Mit einem Wort: Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut – dieser banale Satz hat sich wieder einmal als falsch herausgestellt. Besser muss es heißen: Geht’s der Wirtschaft zu gut, dann wartet die nächste Finanzkrise um die nächste Ecke.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.