In Spanien brennt der Hut – Die Eurokrise kehrt zurück

Die „Lösungen“, nämlich Sparprogramme überall und Geldverschenkaktionen an die Banken, sie funktionieren nicht. 
Die Eurokrise ist wieder zurück. Mit dem Anstieg der Zinsaufschläge für spanische Staatsanleihen auf über sechs Prozent kommt nun auch die große iberische Volkswirtschaft in gefährliches „griechisches“ Fahrwasser. Und das ist eine sehr schlechte Nachricht. Denn manche Beobachter hatten doch gehofft, dass mit dem verstärkten Aktivismus der Europäischen Zentralbank ein wenig Ruhe einkehren würde. 
Um einigermaßen verständlich zu erklären was in den vergangenen Monaten geschehen ist und warum es ein wenig zu Entspannung führte: 
Einerseits werden die großen Lösungen vermieden und es wird beherzt in die Sackgasse marschiert. Noch immer haben wir in Europa die absurde Situation, dass wir eine Europäische Zentralbank haben, aber die nationalen Ökonomien keinen Zugriff auf die Währung. Wenn sie sich also verschulden, dann ist das so, als würden sie sich in Fremdwährung verschulden. Wer sich aber in Fremdwährung verschuldet, der kann pleite gehen. Wer sich, wie die USA oder Großbritannien, in Eigenwährung verschuldet, kann praktisch nicht pleite gehen – er kann ja im Notfall Geld drucken. Weil das die Investoren wissen, halten sie die USA und Großbritannien oder auch Japan für sichere Schuldner – völlig unabhängig von Defizit und Schuldenstand – Spanien, Portugal, Italien ua. aber nicht. Aus diesem Teufelkreis käme man nur heraus, wenn die Europäische Zentralbank und die europäische Politik generell garantieren, dass kein Euroland pleite gehen kann. Das ginge leicht, die ambitionierteste Variante wären gemeinsame Europäische Staatsanleihen und eine gemeinsame Fiskalpolitik, aber es ginge auch mit ein paar kleineren Schritten. Aber das hat man nicht gemacht. Also, am Grundsatzproblem, dass Eurostaaten die Instrumente nicht mehr in der Hand haben, einen Staatsbankrott für alle Fälle auszuschließen, hat sich nichts verändert. 
Stattdessen hat man überall Sparprogramme oktroyiert, was die Volkswirtschaften wichtiger Länder in eine tiefe Depression trieb. 
Aus Gründen, die man als vernünftiger Mensch eigentlich nicht mehr nachvollziehen kann, glaubten die Euro-Staatenlenker, die Sparprogramme würden „die Märkte beruhigen“. Aber das ist natürlich absurd, wie ich schon in meinem jüngsten FS-Misik sagte: 
Märkte können heute finden, dass die Budgetdefizite das größte Problem sind. Morgen schon können sie meinen, dass das niedrige Wachstum, die Verarmung in großen Teilen Europas, das Abschmieren der Wirtschaft und mögliche Unruhen die größte Gefahr sind. 
Was allerdings positiv geschehen ist: Die Zentralbank hat die Märkte mit viel Geld geflutet. Das heißt, sie hat an die Banken Geld zu niedrigen Zinsen ausgegeben, soviel, dass die gerne Staatsanleihen kaufen, zumal zu deutlich höheren Zinsen. Es ist praktisch ein Gratis-Profit für sie, völlig ohne Risiko. Und weil die Nachfrage nach den Anleihen stieg, fiel der Zinsdruck – vulgo: der Preis. Und außerdem kaufte die EZB selbst von Investoren Staatsanleihen auf, um den Preis stabil zu halten. 
Das hat ein paar Monate funktioniert. Aber der Umstand, dass Spanien jetzt neuerdings in den Krisenstrudel gerät, zeigt, dass es keine nachhaltige Lösung ist. 
Solange Europa nicht aus der Depression herauskommt, werden auch „die Märkte“ kein Vertrauen haben. Also muss man den Schalter umlegen – vom verallgemeinerten Spar- zu einem Wachstumskurs. Wie kann das gehen? Natürlich nicht, indem die ohnehin wackeligen Länder ihre Budgets dramatisch ausweiten. Das ist unrealistisch. Aber die starken Eurostaaten müssen zum Wachstumsmotor werden, also Deutschland, Österreich, die Niederlande, auch Frankreich ua. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten, die man am besten kombiniert: Erstens: Massive Lohnsteigerungen. Dafür gibt es Spielraum und zwar sehr viel Spielraum. Die normalen Einkommen sind in den letzten 15 Jahren stagniert, im unteren Bereich sogar zurückgegangen, während die Unternehmensgewinne explodiert sind. Deutschland kann – ja: muss sogar – in den nächsten Jahren durchschnittliche Einkommenszuwächse von sechs Prozent hinlegen. Österreich könnte sich sicherlich vier Prozent leisten. 
Und wir müssten in den starken Ländern in der Krise nicht auch noch sparen. Sondern unsere Staatsausgaben ausweiten – entweder schuldenfinanziert oder durch Vermögenssteuern finanziert.
Beides zusammen ergäbe einen Nachfragezuwachs, der auch die angeschlagenen Länder wieder auf Prosperitätskurs bringen könnte. Jedenfalls ist das die einzige Möglichkeit. Eine andere gibt es nicht. 
All das könnte man dann natürlich auch noch durch Euro-Bonds ergänzen, mit deren Hilfe man „Marshall-Plan“-ähnliche Investitionsprogramme in den Krisenstaaten finanziert. 
Es ist der einzige Weg. Denn die Alternative hat man jetzt ausprobiert: Harte Sparpolitiken plus Marktflutung durch Zentralbankgeld. Aber die Alternative funktioniert nicht. Das hat sich jetzt gezeigt. 


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