Merkel zerzaust

Rot-Grün triumphiert bei den NRW-Wahlen. Wackelt jetzt auch die Kanzlerin? Falter, 16. Mai 2012
Erst kommt ihr in Frankreich Nicola Sarkozy abhanden, dann werden die „Radikalen Linken“ die eigentlichen Wahlgewinner in Griechenland und am Ende erkämpft Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen die absolute Mehrheit, während ihre CDU ins Debakel schlittert. Es war keine gute Woche für Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin und mächtigste Frau Europas. 
Mit dem überragenden Wahlsieg von Hannelore Kraft im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland fühlt sich die deutsche Sozialdemokratie wieder im Aufwind – und ihr Parteichef Sigmar Gabriel sieht sich schon auf eine gesamteuropäischen Wendewoge surfen. Ein bisschen geflunkert ist das freilich schon, denn gar so einfach liegen die Dinge nicht. 
Angela Merkels Austeritätsdiktat für die Eurozone ist in Europa unpopulär, in Deutschland aber nicht. Dass die fleißigen Deutschen doch nicht der Zahlmeister für die faulen Südländer sein dürfen, dieses plumpe Argument verfängt in Deutschland immer noch. Das ist auch der Grund dafür, warum Gabriel und seine SPD nicht auf allzu harten Konfrontationskurs zur Bundesregierung gehen – sie glauben, für eine Abkehr von der Sparpolitik in Deutschland keine Mehrheit bekommen zu können. Deshalb tragen sie ihre Kritik in homöopatischen Dosen vor, nur erscheinen sie so eben auch nicht als fundamentale Alternative zur Merkel-Politik. Nicht zuletzt deshalb hatten sie bei vielen Wahlgängen in diesem Frühjahr Mobilisierungsprobleme. 
Hannelore Krafts Wahlsieg sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD noch immer keinen Ausweg aus diesem Strategiedilemma gefunden hat. Krafts Sieg war tatsächlich in erster Linie Krafts Sieg. Linke und FDP hatten die Rot-Grüne-Minderheitsregierung der populären Ministerpräsidentin über die Klinge springen lassen, die darauf folgenden Neuwahlen hat Kraft erwartungsgemäß gewonnen. Sie hat sich als Landesmutter und Kümmerin präsentiert. Deshalb hat sie gewonnen, und weniger wegen eines konzisen Alternativprogramms zur Merkel-Regierung. 
Kraft hat gewonnen, wie man so schön sagt, weil sie eine „normale Frau“ ist, die „nah bei den Leuten“ ist. Von den drei Kanzleraspiranten der SPD kann das keiner so leicht nachhüpfen. Ein Jahr vor den nächsten Bundestagswahlen sieht die Sache jetzt am ehesten so aus: Merkels CDU/FDP-Koalition ist weit von einer Mehrheit entfernt, aber eine Mehrheit von Rot-Grün ist ebenfalls sehr wackelig. Gut möglich, dass sich dann als einzige Regierungsform eine Große Koalition mit Merkel als Kanzlerin ausgeht. Es sei denn, Gabriel wagt den Hasard: Eine Dreierkoalition von SPD, Grünen und Piraten. Angedeutet hat er diese Möglichkeit schon. Dann würden die Politfreibeuter, kaum dass sie den Bundestag geentert haben, auch schon auf die Kommandobrücke klettern. 


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