Wie die SPÖ wieder Wahlen gewinnen kann

Manchmal führen wir in unserer Medienwelt völlig verrückte Diskussionen. Nach dem Wahlsieg von Hans-Peter Doszkozil im Burgenland kam sofort die Frage auf, ob das denn nicht in Wahrheit so eine Art Niederlage der SPÖ sei, besonders der SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner. Weil jetzt Doskozil zu einer gewichtigen Stimme in der SPÖ aufgestiegen sei (neben Peter Kaiser und Michael Ludwig) und damit der Parteichefin das Leben noch schwerer machen könnte. Aber die Antwort ist ganz simpel: Pamela Rendi-Wagner hätte es um nichts leichter, wenn die SPÖ im Burgenland verloren hätte. Im Gegenteil: Das Ergebnis zeigt, dass die SPÖ noch Wahlen gewinnen kann. Dass es für die Sozialdemokratie keinen Grund gibt, sich ins Bockshorn jagen zu lassen. Also:Wenn die SPÖ gewinnt, dann hat die SPÖ gewonnen. So einfach ist das.

Komisch, dass solche absurden Theorien immer nur im Zusammenhang mit der SPÖ vorkommen. Oder haben sie schon einmal gehört, dass ein Wahlsieg der ÖVP in Niederösterreich, Tirol oder Salzburg eine Niederlage für Sebastian Kurz sei? Schließlich sitzen dort auch überall mächtige Stimmenkaiser, die ihrem Wiener Parteichef gelegentlich das Leben schwer machen.

Sofort begann auch die Debatte darüber, warum Doskozil gewonnen hat (und was die SPÖ daraus lernen kann). Die einen sagten, weil Doskozil so „rechts“ sei (in Fragen von Migration und Symbolpolitik beim Sicherheitsthema). Die anderen, weil er so „links“ sei. Da wird dann auf den Mindestlohn für Landesbedienstete gesprochen, bis hin zur ordentlichen Bezahlung vom Putzpersonal und von der Anstellung für Leute, die Verwandte pflegen. Manche Beobachter glauben auch, dass die SPÖ für soziale Forderungen in ihrem Wahlprogramm gewählt wurden.

Nichts davon ist ganz falsch, aber Menschen wählen immer ein Gesamtpaket – dazu gehört der Spitzenkandidat und sein Image, zwei, drei konkrete Regierungspläne und auch „atmosphärische“ Gründe und lokale Umstände. Vergessen wir nicht, dass auch viele andere Kandidaten der SPÖ an diesem Wahlsonntag phantastische Siege eingefahren haben: Andreas Babler in Traiskirchen (sagenhafte 72 Prozent !), Andreas Kollross in Trumau, die Schwechater Spitzenkandidatin Karin Baier, die 14 Prozent zulegte und die absolute Mehrheit zurück holte.

All das zeigt: Die SPÖ kann dann gewinnen, wenn ihre Anführer glaubwürdig verkörpert, die Vertretung der einfachen Leute zu sein. Wenn die Menschen also ganz simpel das Gefühl haben: „Das ist einer oder eine von uns. Der kümmert sich um die normalen Leute, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Und der hat auch schon etwas vorzuweisen.“ Dann kann die SPÖ sogar noch richtig krachende Wahlsiege holen.

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Das sagt auch etwas über die Wähler aus: Eigentlich wünschen sie sich Sozis, die ein Gegengewicht sind gegen einen Zeitgeist, bei dem sich alles um die „Erfolgreichen“ und „Winnertypen“ dreht, und bei dem der Respekt vor den einfachen Leuten und deren normalen Leben unter die Räder kommt.
Für einen ist das eine gute Nachricht: Für Michael Ludwig, den Wiener Bürgermeister, der die nächste schwere Wahl zu schlagen hat. Der wird sich das Erfolgsrezept seiner Kollegen und seiner Kollegin sehr genau ansehen.

„Österreich“, Februar 2020

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